Die Rueckkehr des Daemons
auch nur in Reichweite des Metalls kamen.
»Verdammt!«, fluchte Sid leise. »Das war’s wohl! Hier endet unsere Reise!«
Durch das gläserne Dach fiel graues Licht herein, trotzdem wirkte der Raum auf ihn wie ein düsteres Mausoleum, ein Grab für Hoffnung.
Rascal schüttelte den Kopf, eine rote Strähne fiel ihr ins Gesicht. Geübt pustete sie die widerspenstigen Haare in ihre alte Lage zurück. »Du gibst viel zu schnell auf. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, heißt es doch, oder? Mach die Augen auf, und meinetwegen auch Ohren und Nase. Vielleicht riechst du ja was, was uns nützlich sein könnte.«
Sie hatten die unterste Stufe erreicht, nun trennten sie nur noch gut zehn Meter und hundert Menschen von der Fackel.
»Ich rieche nichts«, knurrte Sid. Er fühlte sich auf den Arm genommen. »Nur eine Mischung aus Fischbrötchen, muffigen Jacken, Schweiß, Stein und Kupfer. Außerdem ist es sowieso sinnlos. Du hast doch gehört, die Fackel wurde von Grund auf renoviert. Wenn die Seiten wirklich all die Jahre an der frischen Luft überlebt haben, hat sie sicher ein Arbeiter gefunden und vernichtet.«
Rascal nickte. »Daran habe ich auch schon gedacht. Aber Nagy war nicht dumm. Schon 1876 wurde sie wahrscheinlich täglich von Tausenden Besuchern befummelt. Er musste damit rechnen, dass seine Notizen einem Fremden in die Hände fallen könnten. Ich glaube, die fehlenden Seiten werden wir hier nicht finden, eher einen neuen Hinweis, wo sie wirklich versteckt liegen!«
Sid merkte, wie ihn die Hoffnung endgültig verließ. Ein neuer Hinweis bedeutete eine neue Suche. Dann roch er noch etwas. Nikotin.
»Dahinten raucht einer.«
Tatsächlich ignorierte ein Teenager auf der Treppe die allgegenwärtigen No-smoking -Schilder und zog desinteressiert an einer Zigarette. Sofort war ein Mann des Wachpersonals bei ihm und nahm ihm den Glimmstängel aus dem Mund. Wütend zeigte er zu einem Kasten an der Decke.
»Er sagt, offenes Feuer sei hier strengstens verboten, wegen der Rauchmelder«, meldete Sid.
Rascal knuffte ihm mit dem Ellenbogen euphorisch in die Seite. »Das ist es! So könnte es gehen. Aber man darf uns nicht erkennen. Hier sind überall Kameras!«
Rascal zog sich ihre rosafarbene Mütze tief ins Gesicht, widerwillig stülpte sich Sid seine Kapuze über den Kopf. So verkleidet wühlten sie sich aus der Menge.
»Wo willst du denn hin?«, stöhnte er. »Wir waren doch fast am Ziel!«
»Wir gehen auf die Empore. Von oben haben wir nicht nur eine bessere Sicht, wir sind auch näher an der Decke. Komm mit!«
Hastig lief sie die Stufen hinauf, Sid folgte ihr neugierig. Was hatte sie vor?
Auf der Galerie angekommen, sammelte Rascal die zerknüllten Informationsblätter ein, die überall auf den Steinbänken herumlagen, schichtete sie zu einem Haufen auf und setzte diesen mit ihrem Feuerzeug in Brand.
Sie brauchten nicht lange zu warten. Kaum waren die Flammen richtig ausgeschlagen, als auch schon die Sirene losheulte. Augenblicklich kam Bewegung in die Menge, Chaos machte sich breit. Hektisch rannten die Wachleute durcheinander und riefen den Besuchern knappe Kommandos zu. Niemand hielt sich an die Anweisungen, alle versuchten nur, so schnell wie möglich zum Ausgang zu stürmen. Nach einigen handfesten Tumulten war die Halle leer.
»Schnell, wir haben nicht viel Zeit!«, zischte Rascal. Sie war schon wieder auf dem Weg nach unten. Mit klopfendem Herzen rannte Sid hinter ihr her. Unten angekommen bückte er sich unter dem Geländer durch und versuchte, auf die verzierte Umrandung der Fackel zu klettern. Rascal schob ihn an, bis er es auf den schmalen Ring geschafft hatte, der früher die Aussichtsplattform gewesen war. Hektisch betastete er den Stab der Fackel. Seine Finger fanden eine Fuge zwischen den Platten.
»Hier ist eine Tür!«
»Das ist der Ausstieg, ignorier ihn! HOT ! Nagy hat die Flamme gemeint!«
Zweimal umrundete Sid die Flamme, auf den ersten Blick sprang ihm nichts ins Auge. »Sie ist zu hoch, ich komm nicht dran!«
»Dann hat es Nagy auch nicht geschafft. Nutze deine Fähigkeiten!«
Sid sog die Luft ein. Nagy war auf der Flucht vor seinen Verfolgern gewesen und wusste, dass er sterben würde. Sicher war er vorsichtig gewesen und hatte keinen allzu offensichtlichen Hinweis hinterlassen. Sid konzentrierte sich. Und plötzlich sah er es.
»Er war hier!«, stellte er staunend fest. Suchend fuhr er mit der Hand über das Kupfer. »Da ist etwas eingeritzt. Buchstaben! Mit den Augen nicht zu
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