Die Rückkehr des Drachen
steilen Seitenhänge waren noch dicht bewaldet. Hohe Lederblattbäume, Kiefern und Tannen wuchsen dort. Die Sonne hinter den Bergspitzen warf lange Schatten. Die Wände dieses Tals zeigten keine Lücke bis auf diesen Spalt, und der Einschnitt wirkte, als sei er von der Axt eines Riesen ins Gebirge gehauen worden. Man konnte sich hier mit nur wenigen Männern noch leichter verteidigen als in der Mulde, aber es gab keine Quelle, keinen Bach. Niemand ging sonst hierher. Außer eben Rand, wenn er sich mit Moiraine gestritten hatte.
Rand stand unweit des Eingangs an den rauhen Stamm eines Lederblatts gelehnt und starrte seine Handflächen an. Perrin wußte, daß sich auf jeder ein ins Fleisch eingebrannter Reiher befand. Rand rührte sich nicht, als Perrins Stiefel über den steinigen Boden scharrten.
Plötzlich begann Rand, leise etwas zu zitieren, ohne dabei von seinen Händen aufzublicken.
»Zwei und zweimal wird er gezeichnet, zweimal zum Leben und zweimal zum Tod. Einmal der Reiher, seinen Weg zu bestimmen, wieder der Reiher, ihn beim wahren Namen zu nennen. Einmal der Drache, der verlorenen Erinnerung wegen. Zum zweiten der Drache für den Preis, den er zahlen muß.«
Mit einem Schaudern steckte er die Hände unter die Arme. »Aber noch keine Drachen.« Er lachte rauh. »Noch nicht.«
Einen Augenblick lang sah ihn Perrin nur einfach an. Ein Mann, der die Eine Macht lenken konnte. Ein Mann, der dazu verdammt war, durch das befleckte Saidin zum Wahnsinn getrieben zu werden. Saidin - die männliche Hälfte der Wahren Quelle. Und in seinem Wahn würde er alles um sich herum zerstören. Ein Mann - ein Ding! -, von dem jedes Kind lernte, daß man ihn verachten und fürchten müsse. Nur... es war schwer, in ihm nicht mehr den Jungen zu sehen, mit dem er aufgewachsen war. Kann man mit einem Mal aufhören, Freunde zu sein? Perrin wählte einen kleinen Felsbrocken mit flacher Oberfläche aus und setzte sich wartend darauf.
Nach einer Weile drehte sich Rand zu ihm um und sah ihn an. »Glaubst du, daß es Mat gutgeht? Er wirkte so todkrank, als ich ihn das letzte Mal sah.«
»Es dürfte ihm jetzt gutgehen.« Mittlerweile sollte er in Tar Valon sein. Dort werden sie ihn heilen. Und Nynaeve und Egwene werden dafür sorgen, daß er sich nicht wieder in Schwierigkeiten bringt. Egwene und Nynaeve, Rand und Mat und Perrin - alle fünf aus Emondsfeld im Gebiet der Zwei Flüsse. Nur wenige Menschen von außerhalb waren je zu den Zwei Flüssen gereist, nur gelegentlich Händler und einmal im Jahr die reichen Kaufleute, die Wolle und Tabak einkauften. Fast nie hatte jemand die Zwei Flüsse verlassen und war in die Welt hinausgezogen. Bis das Rad seine Ta'veren erwählt hatte. Dann konnten fünf junge Leute vom Land nicht mehr dort bleiben, wo sie hingehörten, und nicht mehr sein, was sie eigentlich waren.
Rand nickte und schwieg.
»In letzter Zeit«, stellte Perrin fest, »wünsche ich mir immer mehr, einfach wieder ein Schmied sein zu dürfen. Wie ist es bei dir... Würdest du gern wieder Schafe hüten?«
»Pflichten«, murmelte Rand. »Der Tod ist leichter als eine Feder, die Pflicht schwerer als ein Berg. Das sagen sie in Schienar. Der Dunkle König rührt sich. Die Letzte Schlacht kommt bald. Und der Wiedergeborene Drache muß in der Letzten Schlacht dem Dunklen König gegenübertreten, sonst wird der Schatten alles bedecken. Das Rad der Zeit würde sonst zerbrochen. Jedes Zeitalter würde der Dunkle König nach seinem Bilde neu erschaffen. Und ich bin allein.« Er lachte freudlos. Seine Schultern bebten dabei. »Auf mir ruht die Pflicht, denn es gibt sonst keinen, der das alles vollbringen kann, oder?«
Perrin bewegte sich unruhig. Dieses Lachen verursachte bei ihm eine Gänsehaut. »Ich hörte, daß du dich wieder mit Moiraine gestritten hast. Das gleiche Thema?«
Rand atmete tief und rauh ein. »Streiten wir uns nicht immer über das gleiche? Sie sind drunten auf der Ebene von Almoth, und das Licht allein weiß, wo noch. Hunderte. Tausende. Sie haben sich für den Wiedergeborenen Drachen entschieden, weil ich diese Flagge hißte. Weil ich es zuließ, daß man mich Drache nannte. Weil ich keine andere Wahl habe. Und sie sterben. Kämpfen, suchen und beten für den Mann, der sie eigentlich anführen sollte. Und ich sitze den ganzen Winter über in Sicherheit hier oben in den Bergen. Ich... ich schulde ihnen... etwas.«
»Glaubst du, mir paßt das?« Perrin schüttelte verärgert den Kopf.
»Du schluckst, was sie dir
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