Die Rückkehr des Drachen
auch sagt«, schimpfte Rand. »Du stellst dich bei ihr nie auf die Hinterbeine.«
»Und dir hat die Streiterei ja auch so viel eingebracht. Du hast dich den ganzen Winter mit ihr herumgeärgert und doch bloß hier herumgehockt.«
»Weil sie recht hat.« Rand lachte wieder so eigenartig humorlos. »Licht, seng mich, aber sie hat ja recht. Sie sind alle in kleine Gruppen aufgesplittert und über die ganze Ebene verteilt, von Tarabon bis Arad Doman. Wenn ich zu einer dieser Gruppen stoße, dann hat sie im Nu die Weißmäntel und das Heer der Domani und die Taraboner auf dem Hals wie ein Hund die Flöhe.«
Perrin hätte vor Verwirrung beinahe selbst losgelacht. »Wenn du ihr zustimmst, warum zum Licht noch mal streitest du dich dann ständig mit ihr?«
»Weil ich irgend etwas tun muß. Oder ich... ich... zerplatze wie eine überreife Melone!«
»Was denn tun? Wenn du auf sie hörst... «
Rand gab ihm nicht die Möglichkeit, zu sagen, dann würden sie für immer hier Wurzeln schlagen. »Moiraine sagt dies, Moiraine sagt das!« Er richtete sich ruckartig auf und barg den Kopf in seinen Händen. »Moiraine hat zu allem etwas zu sagen. Moiraine sagt, ich dürfe nicht zu den Männern gehen, die in meinem Namen sterben. Moiraine sagt, ich würde schon wissen, was als nächstes zu tun ist, weil mich das Muster entsprechend beeinflussen werde. Moiraine sagt... Aber sie sagt mir nicht, wie ich es wissen kann! O nein! Das weiß sie nicht.« Er ließ die Hände wieder fallen und wandte sich mit geneigtem Kopf und zusammengekniffenen Augen Perrin zu. »Manchmal fühle ich mich, als ob Moiraine mich drillt wie einen Hengst aus Tear, der seine Lektionen übt. Hast du auch dieses Gefühl?«
Perrin schob die Finger durch sein zerzaustes Haar. »Ich... was immer auch uns hin- und herschiebt, ich weiß, wer der Feind ist, Rand.«
»Ba'alzamon«, sagte Rand leise. Ein uralter Name für den Dunklen König. In der Trolloc-Sprache hieß das: Herz der Dunkelheit. »Und ich muß mich ihm entgegenstellen, Perrin.« Er schloß die Augen und verzog das Gesicht zu einem schmerzerfüllten Lächeln. »Licht, hilf mir! Die halbe Zeit über wünsche ich mir, daß es jetzt geschieht und ich es hinter mich bringen kann, und dann wieder... Wie oft kann ich noch... Licht, es zerreißt mich. Was ist, wenn ich es nicht schaffe... wenn ich... « Der Boden bebte.
»Rand?« sagte Perrin besorgt.
Rand schauderte. Trotz der Kühle stand Schweiß auf seinem Gesicht. Seine Augen waren noch dicht geschlossen. »O Licht, es zieht mich mit solcher Macht an.«
Plötzlich bäumte sich der Boden unter Perrin auf, und durch das Tal erklang das Echo eines erdrückenden Grollens. Es war, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. Er stürzte - oder war es die Erde, die ihm entgegenkam? Das Tal bebte, als hätte sich aus dem Himmel eine riesige Hand nach unten gestreckt, um es aus dem Land zu reißen. Er klammerte sich am Boden fest, während der wiederum versuchte, ihn wie einen Ball tanzen zu lassen. Vor seinen Augen hüpften Kiesel auf und ab, und Wellen von Staub erhoben sich.
»Rand!« Sein Aufschrei verlor sich in dem Grollen.
Rand stand mit zurückgelegtem Kopf und immer noch geschlossenen Augen da. Er schien das wilde Aufbäumen des Bodens gar nicht zu spüren. Er stand nach einer Richtung geneigt da, dann nach der anderen, hielt aber immer sein Gleichgewicht, auch wenn er noch so hin- und hergeschleudert wurde. Perrin war sich nicht ganz sicher, da er selbst heftig durchgeschüttelt wurde, aber er glaubte, auf Rands Gesicht ein trauriges Lächeln zu entdecken. Die Bäume schwankten herum, der Lederblattbaum zerbrach plötzlich in zwei Teile, und der größere davon krachte keine drei Schritt von Rand entfernt zu Boden. Er bemerkte es genauso wenig wie alles andere.
Perrin rang nach Luft. »Rand! Um der Liebe des Lichts willen, Rand! Hör auf!«
So plötzlich, wie es begonnen hatte, war es zu Ende. Mit einem lauten Krachen brach ein angebrochener Ast von einer verkrüppelten Eiche ab. Perrin stand langsam und hustend auf. Staub hing in der Luft. In den Strahlen der untergehenden Sonne tanzten glitzernde Staubkörner.
Rand blickte nun ins Nichts, doch sein Brustkorb hob und senkte sich, als sei er zehn Meilen weit gerannt. Das war ihm noch nie passiert - noch nicht einmal etwas entfernt Ähnliches.
»Rand«, sagte Perrin vorsichtig, »was...?«
Rand schien immer noch in eine unbestimmte Ferne zu blicken. »Es ist immer da. Ruft mich.
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