Die Rückkehr des Drachen
habe keine Zeit für diese kleinlichen Streitereien«, unterbrach ihn Moiraine. »Jeden Augenblick kann Lord Brend feststellen, daß einer seiner Schattenhunde tot ist. Ihr könnt sicher sein, daß er weiß, das kann nur ein Behüter getan haben, und er wird auf der Stelle nach der Aes Sedai dieses Gaidins suchen. Wollt Ihr hier herumsitzen, bis er herausfindet, wo Ihr euch aufhaltet? Bewegt Euch endlich, Ihr närrischen Kinder! Weg mit Euch!« Sie verschwand im Flur, bevor er den Mund aufbekam.
Zarine wartete nun auch nicht mehr und rannte ohne ihre Kerze aus dem Zimmer. Perrin schnappte sich hastig seine Siebensachen und rannte zur Hintertreppe, wobei er noch schnell den Gürtel mit der Axt anlegte. Er holte Loial auf der Treppe nach unten ein. Der Ogier versuchte, gleichzeitig ein holzgebundenes Buch in eine Satteltasche zu stopfen und seinen Umhang anzulegen. Perrin half ihm bei dem Umhang, während sie beide hinunterrannten, und Zarine holte sie ein, bevor sie hinaus in den strömenden Regen eilen konnten.
Perrin zog der Nässe wegen die Schultern hoch und rannte über den sturmgepeitschten Hof zum Stall hinüber, ohne sich die Kapuze über den Kopf zu ziehen. Sie muß doch einen Grund haben. Teil einer blutigen Geschichte zu sein ist doch höchstens ein ausreichender Grund für eine Irre! Der Regen durchnäßte seine zerzausten Locken. Sie klebten ihm am Kopf, bevor er durch die Stalltür war.
Moiraine war schon drinnen. Sie hatte einen Umhang aus Ölzeug angelegt, an dem noch die Regentropfen hingen. Nieda hielt eine Laterne hoch, damit Lan in ihrem Schein die Pferde fertig satteln konnte. Es war noch ein neues dabei, ein brauner Hengst mit einer noch stärker ausgeprägten Nase als der Zarines.
»Ich werde jeden Tag Tauben aussenden«, sagte die dicke Frau. »Keiner werden mich in Verdacht haben. Glück stich mich! Selbst die Weißmäntel sagen nur Gutes über mich.«
»Hört gefälligst zu, Frau!« fauchte Moiraine. »Ich spreche nicht von einem Weißmantel oder einem Schattenfreund! Ihr müßt aus dieser Stadt fliehen und jeden mitnehmen, an dem Euch etwas liegt! Ein Dutzend Jahre lang habt Ihr mir gehorcht. Dann gehorcht mir auch jetzt!« Nieda nickte zögernd, und Moiraine knurrte frustriert.
»Der Hengst ist für Euch, Mädchen«, sagte Lan zu Zarine. »Steigt auf. Falls Ihr nicht reiten könnt, müßt Ihr es jetzt lernen oder doch mein Angebot annehmen.«
Sie legte eine Hand auf das Sattelhorn und schwang sich geschmeidig in den Sattel. »Ich habe schon mal auf einem Pferd gesessen, Steingesicht. Jetzt erinnere ich mich wieder daran.« Sie drehte sich um und schnallte ihr Bündel fest.
»Was habt Ihr damit gemeint, Moiraine?« wollte Perrin wissen, als er seine Satteltaschen über Trabers Rücken warf. »Ihr sagtet, er werde herausfinden, wo ich mich aufhalte. Er weiß es! Die Grauen Männer!« Nieda kicherte, und er fragte sich gereizt, wieviel sie wirklich glaubte unter all jenen Dingen, von denen sie behauptet hatte, sie glaube nicht daran.
»Sammael hat die Grauen Männer nicht ausgeschickt.« Moiraine stieg mit kühler und steifer Präzision auf Aldiebs Rücken, beinahe so, als bestünde kein Grund zur Eile. »Aber der Schattenhund gehörte ihm. Ich glaube, daß er meiner Spur folgte. Er hätte nicht beides gleichzeitig ausgesandt. Irgend jemand sucht nach Euch, aber ich glaube nicht, daß Sammael überhaupt von Eurer Existenz weiß. Noch nicht.« Perrin hielt mit einem Fuß im Steigbügel inne und sah sie an. Aber sie schien nun mehr damit beschäftigt, den edel gekrümmten Hals ihrer Stute zu tätscheln, als die Fragen zu beantworten, die ihm ins Gesicht geschrieben standen.
»Um so wichtiger, daß ich Euch folgte«, sagte Lan, doch die Aes Sedai schniefte nur vernehmlich.
»Ich wünsche beinahe, Ihr wärt eine Frau, Gaidin. Ich würde Euch als Novizin zur Burg schicken, damit Ihr das Gehorchen lernt!« Er zog eine Augenbraue hoch und berührte den Knauf seines Schwertes. Dann schwang er sich in den Sattel, und sie seufzte. »Na ja, vielleicht hat es auch etwas Gutes, daß Ihr nicht gehorchen könnt.
Manchmal jedenfalls. Außerdem glaube ich nicht, daß selbst Sheriam und Siuan Sanche zusammen Euch das Gehorchen beibringen könnten.«
»Ich verstehe nicht«, sagte Perrin. Das scheine ich auch ziemlich oft zu sagen. Ich bin es leid. Ich will endlich Antworten bekommen, die ich verstehen kann. Er zog sich ganz auf sein Roß, damit Moiraine nicht auf ihn herunterblicken konnte. Sie war
Weitere Kostenlose Bücher