Die Rückkehr des Drachen
Perrins Meinung nach war sie sich dessen gar nicht bewußt.
»Wie wollen wir vorgehen, wenn wir Rand suchen?« fragte er, doch sie schien ihn nicht zu hören. »Moiraine?«
»Bleibt immer der Schenke nahe«, sagte sie einen Augenblick später. »Tear kann eine gefährliche Stadt sein, wenn man sich darin nicht auskennt. Hier kann das Muster zerrissen werden.« Das letzte hatte sie leise gesagt, als sei es nur für sie selbst bestimmt. Mit kräftigerer Stimme fuhr sie dann fort: »Lan, wir wollen sehen, was wir herausfinden können, ohne Aufsehen zu erregen. Ihr anderen bleibt in der Nähe der Schenke!«
»Bleibt in der Nähe der Schenke«, äffte Zarine sie nach, als die Aes Sedai und der Behüter die Treppe hinunter verschwanden. Aber sie sagte es wenigstens so leise, daß sie es nicht hören konnten. »Dieser Rand. Ist das derjenige, den Ihr... « Wenn sie in diesem Moment wie ein Falke wirkte, dann allerdings wie ein äußerst nervöser. »Und wir befinden uns in Tear, und im Herzen des Steins ist... Und die Prophezeiungen behaupten... Licht seng mich, Ta'veren, ist das eine Geschichte, an der ich beteiligt sein möchte?«
»Das ist keine Geschichte, Zarine.« Einen Augenblick lang fühlte Perrin die gleiche Hoffnungslosigkeit, wie sie im Tonfall des Wirts gelegen hatte. »Das Rad webt uns in ein Muster. Du hast dich entschieden, deinen Faden mit den unseren zu verknoten, und nun ist es zu spät, das wieder zu entwirren.«
»Licht!« grollte sie. »Jetzt klingst du schon genau wie Sie.«
Er ließ sie bei Loial und ging in sein Zimmer, um seine Sachen zu verstauen. Im Zimmer stand ein niedriges Bett, bequem, aber klein, so wie es die Stadtbewohner für einen Diener für angemessen hielten, dazu ein Waschtisch, ein Hocker und ein paar Haken hingen an der rissigen, getünchten Wand. Als er wieder herauskam, waren beide weg. Das Klingen des Hammers auf dem Amboß lockte ihn.
In Tear sah so vieles eigenartig aus, daß er es als Erleichterung empfand, die Schmiede zu betreten. Das Erdgeschoß bestand lediglich aus einem großen Raum und hatte hinten zwei lange Schiebetüren, die gerade offenstanden. Dahinter befand sich ein Hof, in dem Pferde und Ochsen beschlagen wurden. Selbst die Ochsenschlinge fehlte nicht. Hämmer standen in Ständern, und an den freien Stellen der Wände hingen Zangen aller Arten und Größen. Stützklemmen und Hufmesser und andere Werkzeuge eines Hufschmieds lagen sauber geordnet auf Holzbänken neben Meißeln und Zinken und Stanzen und allem Zubehör, das ein Grobschmied benötigte. In Behältern lagen Eisen- und Stahlstangen verschiedener Durchmesser. Fünf Schleifscheiben mit unterschiedlichen Schleifflächen standen auf dem festgetretenen Erdboden, dazu sechs Ambosse und drei ummauerte Essen mit ihren Blasebälgen. Nur in einer davon glühte gerade die Kohle. Ablöschfässer standen gleich daneben.
Der Schmied hämmerte gerade ein gelbglühendes Eisen zurecht, das er mit einer schweren Zange festhielt. Er trug Pumphosen und hatte blaßblaue Augen, aber die lange Lederweste an seinem nackten Oberkörper und die Schürze unterschieden sich kaum von denen, die Perrin und Meister Luhhan zu Hause in Emondsfeld getragen hatten. Seine kräftigen Arme und Schultern erzählten von langen Jahren der Metallbearbeitung. In seinem dunklen Haar bemerkte er beinahe dieselbe Zahl grauer Haare, an die sich Perrin bei Meister Luhhan erinnerte. Weitere Westen und Schürzen hingen an der Wand, als habe der Mann noch Gehilfen, die jetzt aber nicht sichtbar waren. Das Feuer in der Esse roch wie zu Hause. Das heiße Eisen roch nach der Heimat.
Der Schmied drehte sich um und steckte das Stück, an dem er gearbeitet hatte, in die Kohlen zurück. Perrin trat zu ihm hin, um den Blasebalg zu bedienen. Der Mann blickte ihn an, sagte aber nichts. Perrin zog die Griffe des Blasebalgs mit langsamen, stetigen, gleichmäßigen Bewegungen hoch und runter, damit die Kohle immer genau die richtige Hitze entwickelte. Der Schmied bearbeitet das Eisen aufs neue, diesmal auf dem gerundeten Horn des Ambosses. Perrin meinte, er müsse wohl ein Faßschaber sein, den er da anfertigte. Scharfe, schnelle Hammerschläge erklangen.
Der Mann sprach ihn an, ohne von der Arbeit aufzublicken. »Gehilfe?« war alles, was er sagte.
»Ja«, sagte Perrin genauso knapp.
Der Schmied arbeitete eine Weile weiter. Es war tatsächlich ein Faßschaber, mit dem man das Innere von Holzfässern auskratzte und säuberte. Von Zeit zu Zeit sah er
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