Die Rückkehr des Dunkelelf 2 - Kampf der Kreaturen
Prämisse, dass Opfer akzeptabel waren, wenn es einem nur gelang, weiterhin den Prinzipien zu folgen.
Ein guter Tod.
Drizzt hatte immer auf einen guten Tod gehofft; er hatte entweder im Kampf oder bei der Rettung eines Freundes sterben wollen. Ein solcher Tod war ehrenvoll und das wahrhaftigste Vermächtnis, das er zurücklassen konnte. War je ein Mann aus edleren Motiven gestorben als Zaknafein?
Aber all das linderte den Schmerz der Hinterbliebenen nicht. Erst jetzt, als er hier saß und bewusst die Mauer niederriss, die er aus Angst und Zorn errichtet hatte, begann Drizzt Do'Urden zu begreifen, dass er nie wirklich um Zaknafein oder einen der anderen geweint hatte.
Und angesichts dieser Erkenntnis kam er sich vor wie ein Feigling.
Es begann mit einer geringfügigen Bewegung, einem Zucken der schmalen Schultern des Drow. Es klang erst wie ein leises Keuchen, ein Lachen sogar.
Zum ersten Mal machte Drizzt Do'Urden an dieser Stelle kein Ende. Zum ersten Mal ließ er nicht vom Jäger eine Steinmauer um sein Herz bauen. Zum ersten Mal schreckte er nicht vor Leere und Hilflosigkeit zurück. Er nahm sie nicht unbedingt willig an, aber er rannte auch nicht davon. Er weinte um Zaknafein. Er weinte um Ellifain, die eine so tragische Geschichte gehabt hatte. Er dachte über den Verlauf seines Lebens nach, aber ohne jegliches Selbstmitleid, und er weigerte sich zu bedauern, dass er seinen Freunden nicht von diesem Weg in die Berge abgeraten hatte, dass er sie nicht gedrängt hatte, direkt nach Mithril-Halle weiterzuziehen. Sie hatten gewusst, was sie taten, sie hatten die Gefahr gekannt und das Unvermeidliche erwartet. Es waren die Umstände und schlichtweg Pech gewesen, die Drizzt zu den Trümmern des Turms und dem Helm seines toten Freundes gebracht hatten. Sein Weg hatte ihn zu diesem traurigsten Tag seines Lebens geführt, zu einem Augenblick größter Trauer. In einem einzigen Moment hatte er beinahe alle verloren, die er liebte: Bruenor, Wulfgar, Catti-brie und Regis.
Aber er hatte nicht geweint. Er war vor dem Schmerz davongelaufen. Er hatte die Mauer des Jägers gebaut und sich damit gerechtfertigt, dass er den Kampf fortsetzen würde, um es seinen Feinden heimzuzahlen.
Das war selbstverständlich nicht unwahr. Er hatte Gründe für seinen Kampf, und er schlug sich gut.
Aber er zahlte auch dafür, wie ihm jetzt sehr grundlegend klar wurde, als die Mauer einstürzte und die Tränen flossen. Er zahlte dafür mit seinem Herzen. Denn sich hinter der Steinmauer des Zorns zu verschanzen, bedeutete auch, jegliche Freude am Leben zu leugnen. Er leugnete alles, was ihn von den Orks, die er tötete, unterschied – alles, was diesem Krieg einen wirklichen Sinn verlieh, den Unterschied zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch.
All das war seit Ellifains Tod irgendwie verschwommen gewesen. All das verband sich mit dem Schleier des Jägers.
Dann musste Drizzt an Artemis Entreri denken – seine Nemesis, sein … Alter Ego? War Entreri so etwas gewesen wie der Jäger in Drizzt, ein Mann so voller Schmerz und Trauer, dass er sein eigenes Herz leugnete? War es Drizzts Schicksal, dem gleichen gefühllosen Weg zu folgen?
Drizzt ließ die Tränen fließen. Er weinte um sie alle, und er weinte um sich, weil dieser schreckliche Verlust alle Freude aus seinem Herzen gesogen hatte. Jedes Mal, wenn Zorn aufkam, trieb er ihn zurück. Jedes Mal, wenn er sich vorstellte, wie er einem Ork den Kopf abschlug, zwang er sich stattdessen, an Catti-brie zu denken, wie sie lächelte, an Bruenor, der ihm wissend zublinzelte, an Wulfgar, der auf einem Bergpfad ein Lied an Tempus sang, oder an Regis, der am Ufer des Maer Dualdon auf dem Rücken lag, die Angelschnur an einen Zeh gebunden. Drizzt zwang sich, diese Bilder trotz des Schmerzes zu ertragen. Er bemerkte kaum, wie es langsam dunkler wurde, und er blieb die ganze Nacht dort liegen, irgendwo zwischen Schlaf und Erinnerungen.
Als es wieder Morgen wurde, hatte er zumindest die Kraft gefunden, die ersten Schritte auf einem notwendigen Weg zu vollziehen und den Elfen zu folgen, die ihr Lager verlegt hatten. Er würde ihre Einladung annehmen und mit ihnen zusammen für die gemeinsame Sache kämpfen.
Er legte seine Krummsäbel weg und griff nach dem Umhang, dann hielt er inne und schaute zurück.
Mit einem bittersüßen Lächeln streckte er die Hand aus und hob Bruenors Helm von dem Stock. Er drehte ihn hin und her und hob ihn vors Gesicht, damit er Bruenors Duft noch einmal riechen
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