Die Rückkehr des Dunkelelf 3 - Die zwei Schwerter
und genießen und wenn irgend möglich zum Besten gestalten muss.
Ich weiß jetzt, wie es ist, wenn die Fesseln wertloser Sorgen von einem abfallen.
Ich bin frei.
Drizzt Do'Urden
Stille Zehntage
Tief im Norden, in den höheren Gebirgszügen des Grats der Welt, war es bereits Winter. Kalter Wind fegte den beißenden Schnee oft eher horizontal als vertikal über das Land. Drizzt und Innovindil hatten die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen, aber der kalte Schnee brannte immer noch auf ihrer Haut, und Drizzt musste gegen die Helligkeit der Schneefelder die empfindlichen Augen zukneifen, selbst wenn die Sonne nicht schien. Der Drow hätte es vorgezogen, nur nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs zu sein, aber dann war es einfach zu kalt, und er, Innovindil und Mond mussten Nacht um Nacht die dunklen Stunden dicht um ein Feuer gedrängt verbringen.
Er konnte kaum glauben, wie dramatisch das Wetter sich verändert hatte, wenn er bedachte, dass es rings um Mithril-Halle immer noch Herbst war.
Sie kamen nur langsam voran – nicht mehr als ein paar Meilen am Tag –, und auch das nur dann, wenn sie nicht über die eisigen Pässe höher in die Berge aufsteigen mussten. Bei ein paar Gelegenheiten hatten sie gewagt, Mond zu benutzen, um über einen besonders schwierigen Kamm zu fliegen, aber der Wind war selbst für die kräftigen Flügel des Pegasus gefährlich stark. Außerdem wollte das Paar auf keinen Fall von Gerti und ihrer Armee von Riesen entdeckt werden.
»Wie lange sind wir jetzt schon unterwegs?«, fragte Drizzt Innovindil, als sie sich an einem grauen Mittag zu einer Pause und zu einer Mahlzeit niederließen.
»Einen Zehntag und sechs?«, antwortete die Elfenfrau zögernd, denn sie wusste offensichtlich ebenso wenig wie Drizzt, wie lange sie nun schon hinter Gerti herzogen.
»Und es scheint, als hätten wir dabei die
Jahreszeiten durchquert«, sagte der Drow.
»Der Sommer kommt nie in die Berge, und hier oben sind Frühling und Herbst wahrscheinlich das, was wir im Tiefland als Winter bezeichnen würden.« Drizzt hatte sich während Innovindils Antwort wieder nach Süden gewandt, und die Aussicht dort machte ihm deutlich, wie hoch sie gekommen waren.
Die Landschaft öffnete sich weit vor ihm, zog sich abwärts und breitete sich dann so weit aus, dass es schien, als wäre sie unten vollkommen flach. Drizzt ertappte sich bei dem Gedanken, dass er, wenn der Boden nicht so zerklüftet wäre, einen runden Stein von hier bis nach Mithril-Halle rollen könnte.
»Sie sind schon zu weit weg«, stellte er fest. »Wir sollten uns lieber wieder auf den Weg machen.« »Sie ziehen nach Leuchtendweiß«, erwiderte Innovindil. »Und das werden wir finden. Ich habe die Riesenhöhle viele Male von Monds Rücken aus gesehen.« Sie zeigte nach Nordwesten, höher in die Berge.
»Werden wir imstande sein, über die Pässe zu kommen?«, fragte Drizzt mit einem weiteren Blick in den stahlgrauen Himmel, wo die Wolken schwer waren von weiterem Schnee.
»Auf die eine oder andere Weise«, sagte sie. Der Drow war froh über Innovindils Entschlossenheit und über ihre grimmige Miene, die ebenso stoisch war wie seine eigene. »Sie behandeln Sonne liebevoll.«
»Eisriesen lieben Schönheit.«
Ebenso wie ich, dachte Drizzt, sprach es aber nicht aus. Schönheit, Kraft und Herz, vor allem, wenn sie miteinander verbunden sind.
All das dachte er, während er Innovindil anschaute, aber der Gedanke erinnerte ihn sofort an eine andere Frau. Es gab viele Ähnlichkeiten zwischen den beiden, aber Drizzt brauchte nur Innovindils spitze Ohren und die schrägen Brauen zu sehen, um zu verstehen, wie sehr sie sich auch voneinander unterschieden.
Innovindil stand von dem beinahe niedergebrannten Feuer auf und begann, ihre Sachen zu packen.
»Vielleicht können wir noch ein Stück weiterziehen, bevor es anfängt zu schneien«, sagte sie und schnallte Schwert und Dolch um. »Bei diesem Wind werden wir bald das Nachtlager aufschlagen müssen.«
Drizzt nickte nur, was Innovindil, die beschäftigt war, nicht einmal bemerkte. Der Drow beobachtete, wie sie sich bewegte, und freute sich an der Anmut ihres Körpers und dem Wehen ihres langen goldenen Haars im Wind.
Er dachte an die Tage direkt nach dem Fall von Senkendorf, als er sich in einer Höhle verborgen und den Helm seines toten Freundes von einer Hand in die andere genommen hatte. Er erinnerte sich an das Gefühl der Leere, das er damals empfunden hatte, und bemerkte, wie weit er inzwischen
Weitere Kostenlose Bücher