Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
nicht mehr allein“, flüsterte sie und streckte die Hand nach ihm aus.
Larson hörte den unerwarteten Befehlston in ihrer Stimme und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er beugte sich vor, legte die Hand in ihren Nacken und hob dann den Becher an ihre Lippen. „Ich verlasse dich nicht, Kathryn.“ Nie wieder. „Aber ich muss alles vorbereiten, weil das Baby bald kommt.“
„Bleib erst noch eine Minute bei mir.“
Larson setzte sich neben sie aufs Bett und hielt ihre Hand. Ihr Griff wurde fest wie ein Schraubstock.
Nach mehreren Minuten ließ die Wehe nach, Kathryn entspannte sich ein wenig und ihr Atem wurde wieder ruhiger. Larson wusste genug über Geburten und war sich im Klaren, dass man nicht sagen konnte, wie lang diese Pause dauern würde. Es konnten Minuten, es konnten aber auch Stunden sein.
Sie drehte das Gesicht in seine Richtung, aber ihre Augen waren immer noch mit dem feuchten Tuch bedeckt. „Warst du schon einmal verheiratet … Jacob?“
Larson starrte sie einen Moment an und fragte sich, ob er sich die ungewöhnliche Betonung, die sie auf seinen Namen gelegt hatte, nur eingebildet hatte. „Ja.“
Sie nickte, und auf ihren Lippen war nicht das geringste Lächeln zu sehen. „Darf ich dich etwas fragen?“
„Alles“, antwortete er, und sein Pulsschlag erhöhte sich. Je länger sie mit ihrer Frage brauchte, umso nervöser wurde er. Er hörte das Krachen der Balken und schaute aus dem Fenster. Der Stall brannte immer noch, aber das Feuer breitete sich nicht weiter aus. Das Haus war nicht in Gefahr. Inzwischen hatte bestimmt jemand den Rauch gesehen. Es würden bald andere kommen und das Feuer löschen.
„Erzählst du mir etwas über deine Frau? Wie war sie? Ich habe …“ Ihre Stimme brach ab. Larson hob wieder den Wasserbecher an ihre Lippen, da er dachte, sie habe Durst, aber sie wollte nicht trinken. Kathryn atmete schnell ein und drückte kurz die Lippen zusammen. „Ich habe dir in den letzten Monaten genug über meinen Mann erzählt. Ich würde gern etwas über deine Frau erfahren.“
Er antwortete ausweichend: „Ich habe es genossen, dir zuzuhören, Kathryn. Ich habe aus dem, was du mir erzählt hast, viel gelernt.“ Er legte seine andere Hand auf ihre gefalteten Hände, aber Kathryn zog ihre Hand überraschend weg. Diese Reaktion verstand er nicht.
„Hast du viel über mich oder über meinen verstorbenen Mann gelernt?“
Da war sie wieder, diese sonderbare Spur von … Härte in ihrer Stimme.
„Beides“, flüsterte er, während er eine leise Warnung in sich hörte, dass er vorsichtig sein sollte. Plötzlich war es, als hätten sie die Rollen vertauscht und Kathryn wüsste etwas, das er nicht wusste. Dieses Gefühl gefiel ihm nicht. Sie runzelte die Stirn, und ihm wurde immer unbehaglicher zumute. Er war froh, dass er ihr in diesem Moment nicht in die Augen blicken musste.
Ein Gedanke drang von weit her in sein Gedächtnis. Im Alten Testament hatte er gelesen, dass Gott sich mit einem Liebhaber verglich und das Volk Israel mit seiner verlorenen Liebe. Herr, ich liebe diese Frau von ganzem Herzen, und ich bin bereit, alles zu tun, um sie zurückzubekommen. Aber ich will mich von dir führen lassen. Du weißt, wie es ist, wenn man etwas zu gewinnen sucht, das man verloren hat, nicht wahr, Herr? Würdest du mir helfen, das Herz meiner Frau zurückzugewinnen?
Er begann leise. „Meine Frau war das schönste Geschöpf, das ich je gesehen habe. In jeder Hinsicht. In dem Moment, in dem ich sie sah, liebte ich sie.“ Seine Kehle war plötzlich wie ausgetrocknet. Er trank einen Schluck aus ihrer Tasse. „Aber ich habe sie nicht geliebt, wie ich sie hätte lieben sollen. Ich wünschte, ich hätte mir die Zeit genommen zu entdecken, wer sie wirklich war, zu erfahren, was sie wirklich bewegte, bevor ich sie verlor.“
Als Kathryn nichts sagte, stiegen starke Zweifel in ihm auf. Zweifel, ob er seit seiner Rückkehr nach Willow Springs richtig gehandelt hatte, und Unsicherheit, wie er jetzt weitermachen sollte.
„Sprich weiter.“ Es war weniger eine Bitte, sondern eher eine Aufforderung.
„Ich wusste immer, dass meine Frau mehr von mir wollte, aber ich hatte Angst. Angst, dass sie mich nicht haben wollte, wenn sie wüsste, wer ich wirklich war. Ich weiß, dass es schwer zu glauben ist, aber ich glaube, das Erste, was ihr an mir gefiel, war mein Aussehen.“ Er lächelte über diese Ironie. „Das störte mich damals nicht, weil ich sie so sehr wollte, dass ich alles
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