Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
krächzte er heiser. Seine Stimme ähnelte einer Spieluhr, deren Inneres zerkratzt und verkohlt war.
Er glitt von seinem Pferd und warf einen Blick hinter sich auf den Stall. Gespenstisch still.
Es dauerte eine Minute, bis er das Gleichgewicht wiedergefunden hatte und das Gefühl in seine Gliedmaßen zurückkehrte. Sein rechtes Bein schmerzte und er war versucht, nach dem Stock zu greifen, der an seinen Sattel gebunden war. Doch er unterließ es, da er nicht wollte, dass Kathryns erster Eindruck von ihm der eines Krüppels wäre. Er fühlte sich sehr verwundbar und unsicher. Er konnte nur noch an eines denken.
Gott, bitte schenke, dass sie mich immer noch will.
Vorsichtig schob er die Hüttentür auf und trat ein. „Kathryn?“
Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Verlassen. Die Tür zum Schlafzimmer war geschlossen. Larson durchquerte den Raum und öffnete sie. Bis auf ihr Ehebett war das Zimmer leer. Bilder von seiner letzten Nacht mit Kathryn schossen ihm durch den Kopf. Fassungslosigkeit und Besorgnis drehten ihm fast den Magen um.
Er sah im Stall nach, rief ihren Namen, aber seine Stimme verlor sich im Wind, der zwischen den Bäumen wehte. Schwer atmend schwang er sich, ohne auf seine Schmerzen zu achten, wieder in seinen Sattel.
Später an diesem Nachmittag lenkte Larson, der von dem anstrengenden Ritt zurück nach Willow Springs völlig erschöpft war, sein Pferd durch eine fast leere Seitenstraße und wünschte sich jetzt, er hätte gleich hier in der Stadt angefangen, nach Kathryn zu suchen. Aber er hatte so große Hoffnungen darauf gesetzt, dass es ihr gelungen sein könnte, die Ranch zu halten. Er ließ die Zügel locker und hielt Ausschau nach Kathryn, während er langsam durch die Straßen ritt. Als er sich dem Stadtrand näherte, wanderte sein Blick zu einer kleinen Menschenansammlung neben der Kirche, und er wurde aus seinen Gedanken gerissen.
Zwei Männer arbeiteten gemeinsam daran, einen Sarg mithilfe von Seilen in ein Loch in der Erde hinabzulassen. Drei andere Menschen sahen schweigend zu: eine Frau, die ganz in Schwarz gekleidet war, und zwei Männer neben ihr. Während er langsam an der kümmerlichen Trauergesellschaft vorbeiritt, befiel Larson plötzlich Mitleid für die verstorbene Seele und er fragte sich, was für ein Leben dieser Mensch wohl geführt hatte, wenn so wenige gekommen waren, um von ihm Abschied zu nehmen. Dann drehte die Frau den Kopf und sagte etwas zu einem der Männer neben ihr. Das konnte doch nicht sein …
Ein stechender Schmerz durchfuhr Larson und raubte ihm den Atem.
Kathryn .
Er stieg ab und wollte zu ihr gehen, aber etwas hielt ihn zurück.
Kathryn ging zu dem Haufen aus lockerer Erde und hob eine Handvoll auf. Dann trat sie vor und nach einem kurzen Zögern ließ sie die Erde schließlich durch ihre Finger in die Grube rieseln. Larson stand nahe genug, um den dumpfen Klang zu hören, als die Erde und die Steinchen auf dem Sarg aufschlugen. Er sah deutlich, dass Kathryn erschauerte. Ihre Bewegungen waren langsam und mühsam.
Sie sah irgendwie verändert aus, aber trotzdem saugte er ihren Anblick in sich auf. Er spürte, wie die Scherben seines Lebens sich wieder zu einem Ganzen zusammenfügten.
Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren, als er überlegte, wer wohl in diesem Sarg liegen könnte. Er hatte schnell jemanden gefunden. Bradley Duncan. Er erinnerte sich an den Nachmittag, an dem er den jungen Mann bei Kathryn in der Blockhütte angetroffen hatte. Obwohl er Gott in den letzten Monaten angefleht hatte, ihn von seiner Eifersucht zu befreien und ihm eine Chance zu geben, die Dinge mit seiner Frau ins Reine zu bringen, erwachte tief in ihm ein wütender Funke.
Larson beugte den Kopf. Besäße er je die Kraft, sein altes Wesen abzulegen? In diesem Moment drehte sich Kathryn zu ihm herum, und ihm war schlagartig klar, dass die Antwort auf diese Frage Nein lautete.
Er wollte es nicht glauben. Er kannte den Körper seiner Frau genauso gut wie seinen eigenen, sowohl aus lebhafter Erinnerung als auch aus seinen Träumen, und die leichte Rundung unter ihren Röcken ließ keinen Zweifel zu. Larsons Beine fühlten sich an, als würden sie jeden Augenblick unter ihm nachgeben.
Matthew Taylor, sein Vorarbeiter und angeblich sein Freund, stand dicht neben Kathryn. Nun legte er einen Arm um ihre Schultern und zog sie zu sich heran. Flüssiges Feuer strömte durch Larsons Adern. Er hatte Matthew Taylor die zwei Dinge anvertraut, die ihm auf der
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