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Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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Ich wischte sie mir aus dem Gesicht und hörte Mama Chia sagen: »Ich kannte einmal einen Mann, der auf einen Gipfel stieg, die Hände zum Himmel emporreckte und Gott anrief. ›Erfülle mich mit deinem Licht! Ich bin bereit! Ich warte!‹ Da antwortete ihm die Stimme Gottes: ›Ich erfülle dich immer mit meinem Licht – aber du hast ein Leck!‹«
    Sie legte mir den Arm um die Schultern und setzte hinzu: »Wir haben alle irgendwo ein ›Leck‹, Dan. Du, ich, Socrates. Das ist kein Grund, sich aufzuregen. Du darfst nicht vergessen, daß du immer noch ein Mensch bist, der sich in der Ausbildung befindet. Du wirst weiterhin deine Fehler machen und stolpern – das geht uns allen so. Ich kann dir nur helfen, deine Erfahrungen in Lektionen und deine Lektionen in Weisheit zu verwandeln. Im Augenblick kann ich dich nur ermutigen, einfach auf den Entwicklungsprozeß deines Lebens zu vertrauen.«
    Sie blieb stehen und kniete neben einer gelben Blume nieder, die sich aus der schmalen Spalte eines großen Felsblocks der Sonne entgegenreckte. »Unser Leben ist genauso wie diese Blume. Wir wirken so schwach und verletzlich, und doch kämpfen wir uns beharrlich durch alle Hindernisse hindurch, die uns den Weg versperren, und wachsen immer dem Licht entgegen.«
    Andächtig berührte ich die gelben Blütenblätter. »Aber Blumen wachsen so langsam! Ich glaube nicht, daß ich so viel Zeit habe. Ich habe das Gefühl, daß ich jetzt gleich etwas tun sollte.«
    Mama Chias kühles Lächeln beruhigte mich und linderte etwas meine Enttäuschung. »Blumen wachsen in dem Tempo, das ihnen angemessen ist. Es ist nicht leicht, den Weg vor sich in Kurven verlaufen und immer wieder verschwinden zu sehen, wenn man weiß, daß man noch einen langen Aufstieg vor sich hat. Du möchtest
unbedingt etwas tun, weil man dir das so beigebracht hat. Aber zuerst einmal mußt du begreifen .«
    »Aber Begreifen ohne Handeln kommt mir so sinnlos vor!«
    »Und Handeln ohne Begreifen kann gefährlich sein. Wenn du handelst, ohne die Situation vorher erkannt zu haben, weißt du ja gar nicht, was du tust! Also entspanne dich«, riet sie mir. Sie ging mit gutem Beispiel voran und begann tief durchzuatmen. »Du brauchst dich nicht zu hetzen – es gibt gar keinen Ort, an den du so schnell hinmüßtest! Du hast noch viel Zeit, das alles zu schaffen.«
    »In diesem Leben?«
    »Oder im nächsten.«
    »Ich möchte aber schon ein bißchen eher damit anfangen!« protestierte ich. »Und ich spüre einen Schmerz in meinem Inneren – eine Botschaft von meinem Basis-Selbst. Es sagt mir nicht: Mach dir keine Sorgen, entspanne dich, geh an den Strand – es sagt mir, daß ich etwas tun muß. Etwas, was mit meinem Höheren Selbst zu tun hat.«
    »Warum machst du dir so viele Gedanken über dein Höheres Selbst? Macht dir das Leben denn nicht auch so genug Spaß?«
    Ich ignorierte ihre Versuche, mich aufzuheitern, und verbohrte mich noch tiefer in meine Selbstkritik. Wie konnte ich auch nur im Traum daran denken, mit meinem Höheren Selbst in Verbindung zu treten, wenn ich nicht einmal in einer Schlange warten konnte, ohne kribbelig zu werden; wenn ich es nicht fertigbrachte, die Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuhalten oder in einem Stau ruhig und entspannt zu bleiben? Oder meine Ehe in Ordnung zu bringen?
    Mama Chia riß mich aus meinen düsteren Grübeleien. »Du bist wirklich zu streng mit dir, Dan Millman – ich sehe es an deinem Gesicht. Du bildest dir ein, du hättest ein ernstes Problem zu lösen – aber stimmt das wirklich?
    Ich habe die Erfahrung gemacht, daß man sich immer dann, wenn einem das Leben besonders schwer vorkommt, innerlich auf einen Sprung vorbereitet. Wenn du das Gefühl hast, nicht vorwärtszukommen  – wenn du meinst, daß deine Entwicklung stagniert, ja sogar Rückschritte macht, dann holst du in Wirklichkeit nur Schwung für einen neuen Start.«

    »Meinst du wirklich?«
    »Was ich meine, darauf kommt es nicht an. Sieh dir doch dein Leben an. Befrage dein Basis-Selbst. Das weiß Bescheid – es hat mir schon alles verraten. Du bist im Begriff, den Sprung zu wagen – vielleicht nicht heute oder morgen, aber recht bald. Und genau wie Socrates dich auf mich vorbereitet hat, werde ich mein Teil dazu beitragen, dich für den nächsten Schritt bereit zu machen.«
    »So wie du es sagst, klingt das alles ganz einfach.«
    »Nicht einfach oder leicht, aber unvermeidlich – früher oder später. Du steckst noch mitten im Drama und kannst

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