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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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ursprünglich gestanden hatte. Dort stiegen jetzt hohe Flammen und dichter schwarzer Rauch in den Himmel. Sonst war nichts zu erkennen. Die Explosion und das Feuer hatten alles zerstört. Das Bett und der Mann darauf waren verschwunden. Backus hatte seinen Abgang perfekt geplant.
    Ich richtete mich auf, fühlte mich aber noch wacklig auf den Beinen, weil sich meine Trommelfelle noch nicht erholt hatten und mein Gleichgewichtssinn gestört war. Für mich hörte es sich an, als ginge ich durch einen Tunnel, in dem auf beiden Seiten Züge an mir vorbeibrausten. Ich wollte die Hände auf die Ohren legen, aber ich wusste, das würde nichts helfen. Der Lärm hallte von innen nach.
    Vor der Explosion war Rachel nur ein, zwei Meter von mir entfernt gewesen, aber jetzt konnte ich sie nicht mehr sehen. Ich wankte im Rauch herum und dachte bereits, sie könnte unter der Hülle des Wohnwagens liegen.
    Aber dann fand ich sie links von den Überresten des Wohnwagens. Sie lag immer noch auf dem steinigen Boden. Neben ihr, wie ein Todesmal, der schwarze Hut. Ich bewegte mich, so schnell ich konnte, auf sie zu.
    »Rachel?«
    Ich ließ mich auf alle viere nieder und untersuchte sie zunächst, ohne sie zu berühren. Sie lag mit dem Gesicht nach unten, und ihr Haar war nach vorn gefallen, sodass ich ihre Augen nicht sehen konnte. Als ich ihr mit der Hand behutsam das Haar zurückstrich, musste ich unwillkürlich an meine Tochter denken. Gleichzeitig bemerkte ich das Blut auf meinem Handrücken, und mir wurde zum ersten Mal bewusst, dass ich anscheinend leicht verletzt war. Ich beschloss, mir darüber später Gedanken zu machen.
    »Rachel?«
    Ich konnte nicht feststellen, ob sie atmete oder nicht. Es schien, als unterlägen auch meine Sinne der Dominotheorie. Nachdem, zumindest vorübergehend, mein Gehör außer Betrieb gesetzt war, klappte auch die Koordination der anderen Sinne nicht mehr. Ich tätschelte Rachels Wange.
    »Los, Rachel, aufwachen.«
    Weil ich fürchtete, sie könnte nicht erkennbare Verletzungen erlitten haben, die sich verschlimmerten, wenn ich sie bewegte, wollte ich sie zunächst nicht herumdrehen. Ich tätschelte noch einmal ihre Wange, diesmal fester. Dann legte ich, in der Hoffnung, wie bei meiner Tochter das Heben und Sinken des Atems spüren zu können, meine Hand auf ihren Rücken.
    Nichts. Ich legte mein Ohr auf ihren Rücken, was angesichts meines Zustands absurd war. Es war nur der Instinkt, der hier der Logik vorauseilte. Ich dachte, ich hätte keine Wahl und müsste sie herumdrehen, doch dann sah ich, wie die Finger ihrer rechten Hand zu zucken begannen und eine Faust bildeten.
    Plötzlich hob Rachel den Kopf vom Boden und stöhnte – so laut, dass ich es hören konnte.
    »Rachel, alles in Ordnung?«
    »Ich – ich … im Wohnwagen sind Beweismittel. Die brauchen wir.«
    »Rachel, es gibt keinen Wohnwagen mehr. Er ist weg.«
    Sie drehte sich mühsam auf die Seite und setzte sich auf. Beim Anblick der brennenden Überreste des Wohnwagens bekam sie große Augen. Ich konnte erkennen, dass sie geweitete Pupillen hatte. Sie hatte eine Gehirnerschütterung.
    »Was haben Sie gemacht?«, fragte sie vorwurfsvoll.
    »Das war nicht ich. Der Wohnwagen war verdrahtet. Sobald Sie die Schlafzimmertür geöffnet haben …«
    »Oh.«
    Sie drehte den Kopf hin und her, als hätte sie einen steifen Nacken. Dann sah sie den schwarzen Cowboyhut neben sich auf dem Boden liegen.
    »Was ist das?«
    »Sein Hut. Sie haben ihn mit nach draußen genommen.«
    »DNS?«
    »Hoffentlich. Obwohl ich nicht sicher bin, was uns das bringen soll.«
    Sie schaute zu der Stelle zurück, wo der Wohnwagen gestanden hatte. Wir waren zu nah an den Flammen. Ich konnte die Hitze des Feuers spüren. Aber ich war immer noch nicht sicher, ob es gut war, wenn sie sich bewegte.
    »Rachel, legen Sie sich lieber wieder hin. Ich glaube, Sie haben eine Gehirnerschütterung. Vielleicht haben Sie auch noch andere Verletzungen.«
    »Ja, das ist wahrscheinlich eine gute Idee.«
    Sie legte den Kopf wieder auf den Boden und blickte einfach in den Himmel hinauf. Ich fand, das war keine schlechte Haltung, und machte das Gleiche. Es war, als lägen wir am Strand oder etwas in der Art. Wäre es Nacht gewesen, hätten wir die Sterne zählen können.
     
    Bevor ich sie hören konnte, spürte ich das Nahen der Hubschrauber. Ein tiefes Beben in meiner Brust ließ mich zum südlichen Himmel schauen, und ich sah die zwei Air-Force-Hubschrauber über den Titanic Rock kommen.

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