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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Ausflug in das Rotlichtviertel der holländischen Hauptstadt verschwunden waren. Alle Toten wurden erdrosselt in der Amstel treibend gefunden. Mit Backus wurden die Morde aufgrund mehrerer Bekennerschreiben an die lokalen Polizeibehörden in Verbindung gebracht, in denen sich der Verfasser zu den Morden bekannte und verlangte, das FBI zu den Ermittlungen hinzuzuziehen. Den vertraulichen Bulletins zufolge verlangte der Verfasser speziell nach Agent Rachel Walling, der Agentin, die Robert Backus vier Jahre zuvor niedergeschossen hatte. Die holländische Polizei lud das FBI ein, auf inoffizieller Ebene Einsicht in den Fall zu nehmen. Der Absender hatte jedes Schreiben einfach mit »Der Poet« unterzeichnet. Eine Handschriftenanalyse des Schreibens deutete – wenn auch nicht hundertprozentig – darauf hin, dass es sich beim Verfasser nicht um einen Mörder handelte, der im Windschatten von Robert Backus zu fahren versuchte, sondern um Backus selbst.
    Natürlich war der Mörder längst über alle Berge, als in Amsterdam das FBI, die lokale Polizei und schließlich sogar Rachel Walling in Aktion traten. Und von Robert Backus hatte man nichts mehr gehört – zumindest nicht, soweit Terry McCalebs Quellen davon wussten.
    Ich legte die dicke Akte in eine der Schachteln zurück und nahm mir eine andere vor. Ich stellte bald fest, dass McCaleb nicht nur alte Fälle bearbeitete. Vielmehr wurde alles, was seine Aufmerksamkeit erregte, Gegenstand seines Interesses und seiner speziellen Gabe. Es gab Dutzende von Akten, die lediglich aus einer einzigen Zeitungsmeldung und ein paar auf die Innenseite des Aktendeckels gekritzelten Notizen bestanden. Manche Fälle waren aufsehenerregend, andere unspektakulär. Er hatte eine aus Zeitungsausschnitten bestehende Akte über den Fall Laci Peterson angelegt, eine schwangere Frau, die in Kalifornien zwei Jahre zuvor am Heiligen Abend verschwunden war. Der Fall hatte in der Öffentlichkeit für nachhaltiges Interesse gesorgt, und das ganz besonders, nachdem die verstümmelte Leiche der Frau in der Bucht entdeckt worden war, in der ihr Mann seinen eigenen Aussagen zufolge zum Zeitpunkt ihres Verschwindens beim Fischen gewesen war. Ein Eintrag auf dem Aktendeckel, der vor der Entdeckung der Leiche datiert war, lautete: »Eindeutig tot – im Wasser.« Ein anderer Vermerk, der vor der Verhaftung des Ehemanns datiert war, lautete: »Es gibt eine andere Frau.«
    Es gab auch eine Akte mit scheinbar hellseherischen Anmerkungen über Elizabeth Smart, ein in Utah entführtes Mädchen, das fast ein Jahr später lebend gefunden wurde. Er hatte vollkommen zutreffend »lebt« unter eins der Zeitungsfotos des kleinen Mädchens geschrieben.
    McCaleb hatte auch ein inoffizielles Gutachten zu dem Fall Robert Blake erstellt. Der ehemalige Film- und Fernsehstar war in einem spektakulären Fall des Mordes an seiner Frau beschuldigt worden. Die Einträge in der Akte waren intuitiv und sachdienlich und erwiesen sich, nachdem der Fall vor Gericht verhandelt worden war, als richtig.
    Unwillkürlich fragte ich mich, ob McCaleb die Einträge in seinen Akten möglicherweise unter Zuhilfenahme von Medienberichten gemacht und dann zeitlich früher datiert hatte, um den Eindruck zu erwecken, er habe bestimmte Aspekte eines Falls und Wesenszüge des Verdächtigen aufgrund seiner eigenen Folgerungen vorhergesehen, auch wenn das gar nicht zutraf. Obwohl natürlich alles möglich ist, schien es mir vollkommen unrealistisch, dass McCaleb so etwas getan haben könnte. Abgesehen davon, dass eine solche Mogelei unter seiner Würde gewesen wäre, konnte ich mir auch keinen Grund dafür vorstellen. Ich glaubte, die Leistung war echt und seine eigene.
    Eine weitere Akte enthielt Zeitungsmeldungen über die neue Abteilung, die das LAPD zur Bearbeitung kalter Fälle eingerichtet hatte. Auf dem Deckel standen Namen und Handynummern von vier Detectives, die dieser Abteilung angehörten. Wenn er ihre Handynummern gehabt hatte, war es Terry offensichtlich gelungen, die Kluft zwischen LAPD und FBI zu überbrücken. Detectives geben ihre Handynummern nicht jedem x-Beliebigen.
    Einen dieser vier Detectives kannte ich. Tim Marcia war eine Weile bei der Hollywood Division gewesen, unter anderem auch beim Morddezernat. Es war zwar schon spät, aber Polizisten sind es gewöhnt, spät angerufen zu werden. Marcia hätte bestimmt nichts dagegen. Ich holte mein Handy heraus und wählte die Nummer, die McCaleb neben Marcias Namen auf den

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