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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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dachte ich.
    »Gut«, sagte ich, ohne zu wissen, was ich damit meinte.
    »Noch eins. Das Licht an Bord wird immer schwächer. Die Batterien wahrscheinlich. Gibt es einen Schalter oder so was, damit ich sie wieder aufladen kann, oder was muss ich da sonst tun?«
    »Haben Sie Buddy nicht gefragt?«
    »Nein, als er noch hier war, war mir nicht klar, dass die Batterien leer werden könnten.«
    »Also, Harry, das weiß ich auch nicht. Es gibt einen Generator, den Sie laufen lassen müssen. Aber ich weiß nicht mal, wo er ist.«
    »Okay, gut, machen Sie sich deswegen keine Sorgen. Ich kann ja Buddy anrufen. Dann also bis morgen, Graciela. Ich sollte mich lieber wieder an die Arbeit machen, solange ich noch etwas Licht habe.«
    Ich beendete das Gespräch und notierte mir den Namen des Einkaufszentrums. Dann verließ ich die Kabine und machte, um Strom zu sparen, bis auf die Schreibtischlampe in der Bugkabine alle Lichter auf dem Boot aus. Danach rief ich Buddy an, und er meldete sich mit verschlafener Stimme.
    »Hallo, Buddy, aufwachen. Hier ist Harry Bosch.«
    »Wer? Ach so. Was gibt’s?«
    »Sie müssen mir helfen. Gibt es auf dem Boot so was wie einen Generator? Ich brauche nämlich Licht, und die Batterien werden langsam leer.«
    »Mann, lassen Sie sie bloß nicht ganz leer werden. Sonst gehen sie kaputt.«
    »Und was soll ich dann tun?«
    »Sie müssen die Volvos anschmeißen und dann den Generator anmachen. Es ist bloß fast schon Mitternacht. Die Leute, die auf den Booten in Ihrer Nähe schlafen, werden nicht gerade begeistert sein.«
    »Na schön, dann lieber nicht. Aber am Morgen, was muss ich dann machen? Brauche ich dafür einen Schlüssel?«
    »Ja, wie bei einem Auto. Gehen Sie in der Kajüte zum Ruder, stecken Sie die Schlüssel rein, und stellen Sie sie auf AN. Über jedem Schlüssel ist dann ein Zündschalter. Legen Sie die um, dann müssten sie sofort anspringen – außer Sie haben den letzten Saft aufgebraucht.«
    »Okay, werde ich machen. Gibt es irgendwelche Taschenlampen an Bord?«
    »Ja, eine in der Kombüse, eine über dem Kartentisch und eine in der großen Kabine, in dem Einbauschub links vom Bett. Im Unterschrank der Kombüse ist außerdem eine Laterne. Aber die würde ich an Ihrer Stelle in der Bugkabine lieber nicht benutzen. Der Kerosingestank kann dort nicht richtig abziehen, und am Ende ersticken Sie noch. Dann hätten wir noch einen Fall zu lösen.«
    Den letzten Satz sagte er mit einem Anflug von Verachtung in der Stimme. Ich ging nicht weiter darauf ein.
    »Danke, Buddy. Wir hören voneinander.«
    »Ja. Gute Nacht.«
    Ich drückte auf die Trenntaste und machte mich auf die Suche nach den Taschenlampen, um schließlich mit einer kleinen aus der Kabine und einer großen Tischlampe aus der Kombüse in die Bugkabine zurückzukehren. Ich stellte die große Lampe auf den Schreibtisch und machte sie an. Dann löschte ich die Lichter in der Kabine. Der Schein der Tischlampe fiel an die niedrige Decke des kleinen Raums und verteilte sich. Damit und mit der kleinen Taschenlampe würde ich noch einiges erledigen können.
    Ich musste nur noch eine halbe Schachtel Akten durchsehen und wollte damit fertig werden, bevor ich mir Gedanken machte, wo ich schlafen sollte. Es waren lauter dünne Akten, die jüngsten Zugänge von McCalebs Sammlung, und ich konnte sehen, dass die meisten kaum mehr enthielten als einen Zeitungsausschnitt und ein paar Vermerke auf dem Deckel.
    Ich griff in die Schachtel und zog auf gut Glück einen Ordner heraus. Ich hätte in Las Vegas würfeln sollen. Denn die Akte, die ich herauszog, entpuppte sich als Volltreffer. Es war die Akte, die meinen Ermittlungen die Richtung wies. Sie brachte mich auf die richtige Spur.

13
    A
    uf dem Aktendeckel stand lediglich 6 VERMISSTE. Der Ordner enthielt einen einzigen Zeitungsausschnitt aus der Los Angeles Times und verschiedene datierte Vermerke und Namen und Telefonnummern, die McCaleb wie üblich auf die Innenseite des Deckels geschrieben hatte. Noch bevor ich die Zeitungsmeldung las oder die Bedeutung einiger der Vermerke verstand, spürte ich, dass die Akte wichtig war. Es war die Datierung auf dem Aktendeckel, die diese Reaktion auslöste. McCaleb hatte sich seine Gedanken an vier verschiedenen Zeitpunkten notiert, beginnend am 7. Januar und endend am 28. Februar dieses Jahres. Einen Monat später, am 31. März, war er tot. Diese Eintragungen und Datierungen waren die jüngsten, auf die ich in einer der Akten, die ich bis dahin

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