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Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Titel: Die Rückkehr des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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und wenn er so töricht ist, sich zu verlaufen, lehne ich es vollständig ab, die Verantwortung für die Suche nach ihm zu übernehmen.«
    »Ich verstehe Ihre Haltung durchaus«, sagte Holmes mit einem boshaften Augenzwinkern. »Aber vielleicht verstehen Sie die meinige nicht ganz. Godfrey Staunton scheint ein armer Mann gewesen zu sein. Sollte er entführt worden sein, dann bestimmt nicht wegen irgend etwas, das er selbst besitzt. Der Ruhm Ihres Reichtums hat sich herumgesprochen, Lord Mount-James, und es ist durchaus möglich, daß eine Diebesbande sich Ihres Neffen bemächtigt hat, um von ihm Informationen über Ihr Haus, Ihre Gewohnheiten und Ihre Schätze zu gewinnen.«
    Das Gesicht unseres unwirschen kleinen Besuchers wurde weiß wie sein Halstuch.
    »Du liebe Zeit, Sir, was für eine Vorstellung! Solche Niedertracht ist mir noch nie in den Sinn gekommen! Was gibt es doch für unmenschliche Schurken auf der Welt! Aber Godfrey ist ein guter Junge – ein ordentlicher Junge. Nichts könnte ihn dazu bewegen, seinen alten Onkel zu verraten. Ich werde das Tafelbesteck heute abend zur Bank bringen lassen. Unterdessen sparen Sie keine Mühe, Mr. Detektiv. Ich flehe Sie an, nichts unversucht zu lassen, um ihn sicher wiederzubringen. Und was die Bezahlung angeht, nun, bis zu einem Fünfer, oder gar einem Zehner können Sie immer auf mich zählen.«
    Auch als er sich etwas beruhigt hatte, vermochte der adlige Geizhals uns keine Informationen zu geben, die uns helfen konnten, da er über das Privatleben seines Neffen kaum etwas wußte. Unser einziger Anhaltspunkt war das verstümmelte Telegramm, und mit einer Abschrift davon in der Hand machte Holmes sich auf den Weg, ein zweites Glied für seine Kette zu suchen. Wir waren Lord Mount-James losgeworden, und Overton war zum Rest seiner Mannschaft gegangen, um über deren Unglück zu beraten. Nicht weit vom Hotel war ein Telegraphenamt. Wir blieben davor stehen.
    »Man kann es ja versuchen, Watson«, sagte Holmes. »Mit einer Vollmacht könnten wir natürlich Einsichtnahme in die Kontrollblätter verlangen, aber soweit sind wir noch nicht. Ich gehe davon aus, daß man sich an einem so geschäftigen Ort nicht an jedes Gesicht erinnert. Wir wollen es wagen.«
    »Tut mir leid, Sie zu belästigen«, sagte er mit seiner gütigsten Stimme zu der jungen Frau hinter dem Gitter; »irgendeine Kleinigkeit stimmt nicht mit dem Telegramm, das ich gestern abgeschickt habe. Ich habe noch keine Antwort erhalten, und ich furchte sehr, ich habe vergessen, meinen Namen darunterzusetzen. Könnten Sie mir sagen, ob das zutrifft?«
    Die junge Dame blätterte in einem Bündel Kontrollblätter.
    »Um wieviel Uhr war das denn?« fragte sie.
    »Kurz nach sechs.«
    »Und an wen?«
    Holmes legte einen Finger an die Lippen und sah zu mir herüber. »Die letzten Worte lauteten ›um Gottes willen‹«, flüsterte er vertraulich; »es macht mir große Sorgen, daß ich keine Antwort erhalte.«
    Die junge Frau zog ein Formular heraus.
    »Das ist es. Steht kein Name drauf«, sagte sie, indem sie es auf dem Schalter glatt strich.
    »Das erklärt dann natürlich, warum ich keine Antwort bekomme«, sagte Holmes. »Meine Güte, wie überaus dumm von mir, also wirklich! Guten Morgen, Miss, und vielen Dank, daß Sie meine Zweifel behoben haben.« Er rieb sich kichernd die Hände, als wir wieder auf der Straße waren.
    »Nun?« fragte ich.
    »Wir kommen voran, mein lieber Watson, wir kommen voran. Ich hatte mir sieben verschiedene Pläne zurechtgelegt, um einen Blick auf das Telegramm werfen zu können; aber ich konnte kaum annehmen, daß es gleich beim ersten klappen würde.«
    »Und was haben Sie dadurch gewonnen?«
    »Einen Ausgangspunkt für unsere Untersuchung.« Er winkte eine Droschke heran. »King’s Cross Station«, sagte er.
    »Wir verreisen also?«
    »Ja, ich denke, wir müssen zusammen nach Cambridge fahren. Sämtliche Hinweise scheinen in diese Richtung zu zeigen.«
    »Sagen Sie mir«, fragte ich ihn, als wir die Gray’s Inn Road hochratterten, »hegen Sie schon irgendeinen Verdacht, was den Grund seines Verschwindens betrifft? Ich wüßte nicht, daß unter allen unseren Fällen jemals einer war, in dem die Motive mehr im dunkeln gelegen hätten. Jedenfalls glauben Sie doch nicht im Ernst, er könnte entführt worden sein, damit er Informationen über seinen reichen Onkel preisgibt?«
    »Ich muß gestehen, mein lieber Watson, daß diese Erklärung mir nicht sehr wahrscheinlich vorkommt. Sie schien

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