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Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Titel: Die Rückkehr des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Wochen soll sie den Grafen von Dovercourt heiraten. Und jenes Scheusal ist im Besitz einiger unbedachter Briefe – unbedacht, Watson, nichts Schlimmeres –, die an einen mittellosen jungen Gutsherrn vom Lande geschrieben worden sind. Sie wären hinreichend, die Hochzeit platzen zu lassen. Milverton wird diese Briefe dem Grafen zuschicken, falls ihm nicht eine beträchtliche Summe Geldes gezahlt wird. Ich habe den Auftrag, mich mit ihm zu treffen, und – so gute Bedingungen wie möglich auszuhandeln.«
    In diesem Augenblick war unten auf der Straße ein Poltern und Rattern zu hören. Wir sahen hinunter und erblickten einen stattlichen Zweispänner, dessen strahlende Laternen auf den blanken Lenden der vornehmen Braunen glänzten. Ein Bediensteter öffnete den Verschlag, und ein kleiner kräftiger Mann in zottigem Astrachan-Mantel stieg aus. Eine Minute später stand er in unserem Zimmer.
    Charles Augustus Milverton war fünfzig Jahre alt, hatte einen großen klugen Kopf, ein rundes, plumpes und unbehaartes Gesicht, ein immerwährendes erfrorenes Lächeln und zwei scharfe graue Augen, die hell hinter seiner breiten Goldrandbrille hervorleuchteten. Seinem Äußeren haftete etwas von Mr. Pickwicks Güte an, welcher Eindruck nur von der Unaufrichtigkeit seines starren Lächelns und dem harten Funkeln seiner unruhigen und durchdringenden Augen beeinträchtigt wurde. Seine Stimme war so sanft und so mild wie sein Antlitz, als er seine plumpe kleine Hand ausstreckte, auf uns zutrat und sein Bedauern darüber murmelte, uns bei seinem ersten Besuch nicht angetroffen zu haben.
    Holmes ignorierte die ausgestreckte Hand und musterte ihn mit einem Gesicht von Granit. Milvertons Lächeln wurde noch breiter; er zuckte die Schultern, zog seinen Mantel aus, faltete ihn mit großer Behutsamkeit über eine Stuhllehne und nahm dann Platz.
    »Dieser Gentleman da«, sagte er und winkte in meine Richtung. »Nennt man das diskret? Oder rechtens?«
    »Dr. Watson ist mein Freund und Partner.«
    »Na schön, Mr. Holmes. Ich habe nur im Interesse Ihrer Klientin protestiert. Die Sache ist so überaus delikat –«
    »Dr. Watson hat bereits davon gehört.«
    »Dann können wir ja zum Geschäftlichen kommen. Sie sagen, Sie handeln im Auftrag von Lady Eva. Sind Sie von ihr ermächtigt, meine Bedingungen anzunehmen?«
    »Wie lauten Ihre Bedingungen?«
    »Siebentausend Pfund.«
    »Und die Alternative?«
    »Mein lieber Sir, es ist mir schmerzlich, davon zu reden; aber wenn das Geld nicht bis zum 14. gezahlt ist, wird am 18. gewiß keine Hochzeit stattfinden.« Sein unausstehliches Lächeln war selbstgefälliger denn je. Holmes dachte eine Weile nach.
    »Mir scheint«, sagte er schließlich, »Sie nehmen das alles ein wenig zu selbstverständlich. Der Inhalt dieser Briefe ist mir natürlich bekannt. Meine Klientin wird auf jeden Fall tun, was ich ihr anrate. Ich werde ihr nahelegen, sie solle die ganze Geschichte ihrem zukünftigen Gatten erzählen und auf seine Großzügigkeit vertrauen.«
    Milverton kicherte.
    »Offenbar kennen Sie den Grafen nicht«, sagte er.
    Ich merkte dem verwirrten Blick Holmes’ deutlich an, daß dies zutraf.
    »Was ist denn so Schlimmes an diesen Briefen?« fragte er.
    »Sie sind temperamentvoll – sehr temperamentvoll«, erwiderte Milverton. »Die Lady war eine reizende Briefschreiberin. Aber ich kann Ihnen versichern, daß der Graf von Dovercourt sie keineswegs zu schätzen wissen wird. Da Sie jedoch anderer Meinung sind, wollen wir das auf sich beruhen lassen. Es handelt sich um eine rein geschäftliche Angelegenheit. Wenn Sie meinen, es sei im besten Interesse Ihrer Klientin, daß diese Briefe dem Grafen übergeben werden, dann wäre es in der Tat töricht, eine so bedeutende Summe zu zahlen, um sie zurückzubekommen.« Er stand auf und griff nach seinem Astrachan-Mantel.
    Holmes war vor Wut und Demütigung ganz grau im Gesicht.
    »Warten Sie noch«, sagte er. »Sie gehen zu schnell. Wir wollen bestimmt jede Anstrengung unternehmen, um in einer so delikaten Angelegenheit einen Skandal zu vermeiden.«
    Milverton fiel in seinen Stuhl zurück.
    »Ich war sicher, daß Sie es in diesem Licht betrachten würden«, schnurrte er.
    »Zugleich«, fuhr Holmes fort, »ist Lady Eva keine reiche Frau. Ich versichere Ihnen, daß schon zweitausend Pfund ihre Finanzen stark belasten würden und daß der von Ihnen genannte Betrag vollkommen außer ihrer Macht liegt. Ich bitte Sie daher, Ihre Forderung zu mäßigen und die Briefe zu dem

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