Die Rückkehr des Sherlock Holmes
wurde ich wieder mutig. Ich sah mich um und entdeckte diese Blechdose auf dem Regal. Immerhin hatte ich darauf genausoviel Anrecht wie Peter Carey, und so steckte ich sie ein und verließ die Hütte. Idiotischerweise habe ich meinen Knasterbeutel auf dem Tisch liegenlassen.
Und jetzt erzähle ich Ihnen das Komischste an der ganzen Geschichte. Ich war kaum aus der Hütte heraus, da hörte ich jemanden kommen, und ich versteckte mich im Gebüsch. Da kam ein Mann angeschlichen, ging in die Hütte, stieß einen Schrei aus, als ob er ein Gespenst gesehen hätte, und rannte davon, so schnell er konnte, bis ich ihn nicht mehr sah. Wer das war oder was er wollte, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich jedenfalls bin zehn Meilen gewandert, in Tunbridge Wells in einen Zug gestiegen und nach London gefahren, und war kein bißchen klüger.
Nun, als ich dann die Dose untersuchte, sah ich, daß da kein Geld, sondern bloß Papiere drin waren, die ich nicht zu verkaufen wagte. Ich hatte meine Macht über den Schwarzen Peter verloren und war ohne einen Shilling in London gestrandet. Ich hatte nur noch meinen Beruf. Da sah ich diese Anzeigen von wegen Harpunierer und hohe Bezahlung, ging zu den Schiffsagenten, und die schickten mich hierher. Mehr weiß ich nicht, und ich sage noch einmal, wenn ich den Schwarzen Peter getötet habe, dann sollte das Gesetz mir dankbar sein, denn immerhin spart man durch mich den Preis für ein Hanfseil.«
»Ein sehr klarer Bericht«, sagte Holmes, stand auf und zündete seine Pfeife an. »Hopkins, ich denke, Sie sollten keine Zeit verlieren und Ihren Gefangenen an einen sicheren Ort bringen. Dieses Zimmer ist als Zelle nicht sonderlich geeignet, und Mr. Patrick Cairns belegt einen zu großen Teil unseres Teppichs.«
»Mr. Holmes«, sagte Hopkins, »ich weiß nicht, wie ich Ihnen Dank sagen soll. Selbst jetzt verstehe ich noch nicht, wie Sie zu Ihrem Ergebnis gelangt sind.«
»Einfach, indem ich das Glück hatte, von Anfang an auf der richtigen Spur zu sein. Wenn ich von diesem Notizbuch gewußt hätte, wären meine Gedanken höchstwahrscheinlich in eine andere Richtung gegangen, so wie bei Ihnen. Doch alles, was ich hörte, zeigte in diese eine Richtung. Die erstaunliche Kraft, die Geschicklichkeit im Gebrauch der Harpune, Rum und Wasser, der Tabaksbeutel aus Seehundsfell, der grobe Tabak – all dies wies auf einen Seemann hin, und zwar auf einen Walfischfänger. Ich war davon überzeugt, daß die Initialen ›P.C.‹ auf dem Beutel reiner Zufall waren und nicht die von Peter Carey, da dieser selten rauchte und in seiner Kajüte keine Pfeife gefunden wurde. Sie erinnern sich, daß ich Sie fragte, ob sich in der Hütte auch Whisky und Brandy befunden hätten. Sie bestätigten dies. Wieviele unserer Landsleute würden wohl Rum trinken, wenn sie auch diese anderen Spirituosen bekommen könnten? Ja, ich war sicher, daß es ein Seemann war.«
»Und wie haben Sie ihn ausfindig gemacht?«
»Mein lieber Sir, das Problem war doch ganz einfach geworden. Wenn es ein Seemann war, konnte es nur einer gewesen sein, der mit ihm auf der
Sea Unicorn
gefahren war. Soweit ich herausfinden konnte, war er auf keinem anderen Schiff gefahren. Drei Tage lang telegraphierte ich mit Dundee, und am Ende hatte ich die Namen der Mannschaft der
Sea Unicorn
aus dem Jahr 1883 ermittelt. Als ich unter den Harpunierern den Namen Patrick Cairns fand, näherte sich meine Suche dem Ende. Ich nahm an, daß sich der Mann vermutlich in London aufhielt und daß er bestrebt war, für einige Zeit außer Land zu gehen. Aus diesem Grund verbrachte ich ein paar Tage im East End, dachte mir eine Polarexpedition aus, stellte Harpunierern, die unter Captain Basil arbeiten wollten, verlockende Bedingungen in Aussicht – und das Ergebnis sehen Sie ja!«
»Wunderbar!« rief Hopkins. »Wunderbar!«
»Sie müssen so bald wie möglich die Freilassung des jungen Neligan erwirken«, sagte Holmes. »Ich muß gestehen, ich bin der Ansicht, daß Sie sich bei ihm entschuldigen müssen. Die Blechdose muß ihm zurückgegeben werden, aber die Wertpapiere, die Peter Carey bereits verkauft hat, sind natürlich für immer verloren. Ihr Wagen ist da, Hopkins, Sie können also Ihren Mann wegschaffen. Sollten Sie mich in dem Prozeß brauchen –: Meine und Watsons Adresse wird irgendwo in Norwegen sein – Näheres schicke ich Ihnen noch zu.«
Charles Augustus Milverton
Jahre sind vergangen seit den Ereignissen, von denen ich jetzt sprechen will, und doch kann ich
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