Die Rückkehr des Tanzlehrers
schleichenden Nebel, der sich näherte und ihn zu ersticken drohte. Es war die Panik davor, daß er auf dem besten Weg war, Elena zu verlieren. Daß er sie zwang, ihn um ihrer selbst willen zu verlassen.
Als er auf dem Flugplatz in Frösön aus der Maschine stieg, spürte er die Kälte. Der Boden unter seinen Füßen war gefroren. Er mietete einen Wagen. Veronica Molin würde die Kosten übernehmen. Er hatte sich entschieden, direkt nach Sveg zu fahren, überlegte es sich aber anders, als er auf die Brücke fuhr, die von Frösön nach Östersund führte. Es war unsinnig, Giuseppe nicht darüber zu informieren, daß er zurückgekommen war. Er fragte sich nur, welchen Grund er angeben sollte. Veronica Molin hatte ihn heimlich angerufen. Doch das war kein Grund für ihn, es Giuseppe gegenüber zu verbergen. Er hatte schon genug Probleme. Auch ohne sich ein weiteres zu schaffen.
Er überquerte die Brücke, parkte beim Glesbygdsverket und blieb im Wagen sitzen. Was sollte er Giuseppe sagen? Es konnte nie die ganze Wahrheit sein. Aber vielleicht auch nicht der direkte Gegensatz. Eine absolute Lüge. Auch wenn er in letzter Zeit beim Lügen recht geschickt gewesen war.
Er konnte eine Halbwahrheit präsentieren. Sagen, daß er es in Boras nicht ausgehalten habe. Es vorgezogen habe, nicht eher wieder in der Stadt zu sein, bis er seine Strahlenbehandlung beginnen würde. Ein Mensch, der Krebs hatte, konnte es sich erlauben, unstet und wechselhaft zu sein.
Er ging in die Anmeldung des Polizeipräsidiums und fragte nach Giuseppe. Das Mädchen, das ihn von seinem letzten Besuch her wiedererkannte, lächelte und sagte, Giuseppe sei in einer Besprechung, doch sie würde bald zu Ende sein. Stefan setzte sich an einen Tisch und blätterte die Lokalzeitungen durch. Die Mordermittlungen füllten die erste Seite. Am Tag zuvor hatte Rundström eine Pressekonferenz abgehalten. Es ging in erster Linie um die Waffen und um einen weiteren Aufruf, daß sich Menschen, die irgendwelche Beobachtungen gemacht hatten, melden sollten. Nichts darüber, was der Polizei bereits an Informationen vorlag. Nichts von einem bestimmten Autotyp oder von Verdächtigen, die sich in der Gegend bewegt hatten. Die Artikel deuteten an, daß die Polizei auf der Stelle trat. Daß man in einem Vakuum herumtappte.
Um halb zwölf kam ein unrasierter Giuseppe in die Anmeldung. Er sah erschöpft und besorgt aus. »Ich müßte natürlich sagen, daß ich erstaunt bin, dich zu sehen. Aber im Moment erstaunt mich überhaupt nichts.«
Er schien auf eine Weise resigniert zu sein, die Stefan bisher nicht an ihm bemerkt hatte. Sie gingen in sein Büro und schlossen die Tür. Stefan sagte, wie er es sich vorgenommen hatte, daß seine Unruhe ihn zurückgetrieben habe.
Giuseppe betrachtete ihn aufmerksam. »Gehst du manchmal zum Bowling?« fragte er.
Stefan sah ihn fragend an. »Ob ich zum Bowling gehe?«
»Ich mache das immer, wenn ich Sorgen habe. Auch über mir bricht manchmal die Welt zusammen. Da ist Bowling nicht zu verachten. Am besten zusammen mit ein paar Freunden. Die Kegel könnten Feinde sein, oder all die ungelösten Probleme, mit denen man sich herumschlägt.«
»Ich glaube, ich war noch nie beim Bowling.«
»Es war nur ein gutgemeinter Vorschlag.«
»Und wie geht es?«
»Ich habe gesehen, daß du die Lokalzeitungen gelesen hast, als ich herauskam. Wir hatten gerade eine Besprechung unserer Gruppe. Die Arbeit geht voran. Die Routineuntersuchungen werden abgehakt. Alle arbeiten hart und sorgfältig. Dennoch ist es völlig richtig, was Rundström den Journalisten gesagt hat. Wir stecken fest.«
»Und, sind es verschiedene Täter?«
»Vermutlich. Das meiste spricht dafür.«
Stefan überlegte. »Das muß nicht bedeuten, daß den Verbrechen verschiedene Motive zugrunde liegen.«
Giuseppe nickte. »Das denken wir auch. Außerdem wäre da noch die Sache mit dem Hund. Ich glaube nicht, daß es ein makabrer Scherz gewesen ist. Sondern eine bewußte Handlung von jemandem, der uns etwas erzählen möchte.«
»Was könnte das sein?«
»Das weiß ich nicht. Aber allein die Erkenntnis, daß jemand versucht, uns eine Botschaft zu senden, schafft eine Art konstruktiver Unordnung. Wir sind gezwungen zu begreifen, daß es keine einfachen Antworten gibt. Wenn wir das denn je geglaubt haben.«
Giuseppe verstummte. Stefan wartete auf eine Fortsetzung. Draußen im Flur lachte jemand. Dann wurde es wieder still.
»Hinter beiden Morden ist eine Wut zu spüren«, sagte
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