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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Giuseppe. »In Herbert Molins Fall eine besinnungslose Raserei. Jemand schleift ihn in einem blutigen Tango umher, peitscht ihn zu Tode und läßt ihn im Wald liegen. In Abraham An-derssons Fall genauso. Aber hier ist die Wut gedämpfter. Beherrschter. Keine toten Hunde, kein blutiger Tanz. Dagegen eine eiskalte Hinrichtung. Ich frage mich, ob zwei Gewalttaten von so unterschiedlichem Temperament in ein und demselben Gehirn, in ein und demselben Menschen Platz haben. Wir können davon ausgehen, daß der Mord an Molin genau geplant worden ist. Dafür spricht nicht zuletzt der Zeltplatz, den du gefunden hast. Mit Andersson verhält es sich anders. Aber ich kann mir immer noch nicht richtig vorstellen, worin der Unterschied besteht.«
    »Und worauf läßt das schließen?«
    Giuseppe zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.«
    Stefan überlegte. Es war offensichtlich, daß Giuseppe seine Meinung hören wollte.
    »Wenn die beiden Morde zusammenhängen. Wenn es trotz allem derselbe Täter war. Dann muß man sich also vorstellen, daß etwas geschehen ist, was es notwendig erscheinen ließ, auch Abraham Andersson zu töten.«
    »So sehe ich es auch. Die Kollegen in der Gruppe sind anderer Meinung. Aber vielleicht kann ich mich auch nur nicht klar genug ausdrücken. Das wahrscheinlichste bleibt wohl weiterhin, daß es zwei verschiedene Täter sind.«
    »Es ist merkwürdig, daß niemand etwas beobachtet hat.«
    »Ich glaube, in all meinen Jahren als Polizist habe ich noch nie an so viele Türen geklopft, noch nie so viele Papiere hinausgeschickt, in denen wir um Hilfe bitten, ohne daß ein einziger Hinweis eingegangen wäre. Im Normalfall ist immer jemand dabei, der hinter seiner Gardine hervorgelugt und etwas gesehen hat, was von den üblichen Verhaltensweisen in der Gegend abgewichen ist.«
    »Es sagt selbstverständlich auch etwas aus, wenn man überhaupt keine Antworten bekommt. Es scheint sich um Menschen zu handeln, die äußerst bewußt agieren. Auch wenn ein Plan zunichte gemacht wird, sind sie in der Lage, schnell und kaltblütig einen Ausweg zu finden.«
    »Jetzt sagst du >sie    »Ich schwanke zwischen dem einsamen Täter und einer Form von Verschwörung, in die mehr als eine Person verwik-kelt ist.«
    Es klopfte. Ein junger Mann in Lederjacke und dunklen Strähnen im hellen Haar öffnete die Tür, bevor Giuseppe antworten konnte. Er nickte Stefan zu und ließ ein paar Papiere auf den Schreibtisch fallen. »Das neueste von der Türklinken-putzfront.«
    »Aha.«
    »Eine verwirrte Alte in Glöte meinte, der Täter würde in Visby wohnen.«
    »Warum das?«
    »Da liegt die Lottozentrale. Die Alte ist der Ansicht, das schwedische Volk sei vom Spielteufel befallen. Jetzt führe die eine Hälfte der Bevölkerung herum und beraube und ermorde die andere, um Geld für Tippscheine zu bekommen.«
    Die Tür wurde geschlossen.
    »Er ist neu hier«, sagte Giuseppe. »Neu und ein bißchen zu selbstsicher. Färbt sich die Haare. Er ist ein Polizeianwärter, der sehr lustbetont markiert, wie jung er selbst und wie alt wir anderen sind. Aber mit der Zeit wird er wohl gut werden.«
    Giuseppe stand auf. »Ich rede gern mit dir«, sagte er. »Du hörst zu. Du stellst die Fragen, die ich hören muß. Ich würde mich gern noch weiter mit dir unterhalten, aber ich habe mit unseren Technikern eine Besprechung angesetzt, die nicht warten kann.«
    Giuseppe begleitete ihn hinaus in die Anmeldung. »Wie lange bleibst du?«
    »Keine Ahnung.«
    »Das gleiche Hotel in Sveg?«
    »Gibt es ein anderes?«
    »Gute Frage, weiß ich nicht. Eine Pension vielleicht. Ich lasse von mir hören.«
    Stefan fiel plötzlich ein, daß er Giuseppe etwas fragen wollte, was er beinahe vergessen hätte. »Ist Molins Leiche schon zur Beerdigung freigegeben?«
    »Ich kann es herausfinden, wenn du es wissen willst.«
    »Nur eine Frage, sonst nichts.«
    Auf dem Weg nach Sveg dachte Stefan darüber nach, was Giuseppe über das Bowlen gesagt hatte. Irgendwo unterwegs, ein Stück nördlich von Överberg, hielt er an und stieg aus. Die Luft war vollkommen still, kühl, der Boden unter seinen Füßen hart. Ich bemitleide mich, dachte er. Ich vergrabe mich in einer Düsterkeit, die alles andere als gut für mich ist. Im Normalfall bin ich ein heiterer Mensch, nicht der, als der ich im Moment auftrete. Giuseppe hat vollkommen recht, wenn er von Bowling redet. Ich brauche keine Kugel auf eine Anzahl Kegel zu werfen, aber ich muß das, was er mir zu sagen versucht, ernst

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