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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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konnte, was er wollte. Die Zeit würde er dazu nutzen, alles über Krebs in Erfahrung zu bringen, was er konnte. Er würde sich darauf vorbereiten zu kämpfen.
    Er stand auf, zog das Hemd aus und warf es in den Korb im Badezimmer. Dann stellte er sich ans Fenster, das auf die Al-leegata hinausging. Vor der Garage des Hotels Vävaren standen ein paar betrunkene Männer und stritten sich. Die Straße glänzte vom Regen.
    Plötzlich mußte er an Herbert Molin denken. Es war ein unklarer Gedanke, der in ihm nagte, seit er die Zeitung im Krankenhaus gelesen hatte. Jetzt wußte er, was es war.
    Einmal hatten sie in den Wäldern nördlich von Boras einen entflohenen Mörder gesucht. Es war Herbst gewesen, wie jetzt. Stefan war mit Herbert Molin zusammen gegangen, aber im Wald hatten sie den Kontakt verloren. Als Stefan Molin schließlich wiederfand, war er so leise gewesen, daß Molin zusammenschrak und ihn mit einer ungeheuren Angst in den Augen anstarrte.
    »Ich hatte nicht vor, dich zu erschrecken«, hatte Stefan gesagt.
    Molin hatte genickt und dann mit den Schultern gezuckt. »Ich dachte, es sei jemand anders«, sagte er. Sonst nichts. Nur das. Ich dachte, es sei jemand anders.
    Stefan blieb am Fenster stehen. Die betrunkenen Männer waren verschwunden. Er fuhr mit der Zungenspitze an den Zähnen des Oberkiefers entlang. In seiner Zunge lauerte der Tod. Und irgendwo gab es auch Herbert Molin. Ich dachte, es sei jemand anders.
    Stefan verstand jetzt etwas, was er eigentlich immer gewußt hatte. Herbert Molin hatte Angst gehabt. In den Jahren der Zusammenarbeit war die Angst sein ständiger Begleiter
    gewesen. Meistens war es Molin gelungen, sie zu verbergen, aber nicht immer.
    Stefan runzelte die Stirn.
    Herbert Molin war tief in den entlegenen norrländischen Wäldern ermordet worden, und er hatte immer Angst gehabt. Die Frage war: Vor wem?
    Giuseppe Larsson, aus Erfahrung klug geworden, nahm nie etwas für selbstverständlich. Er erwachte am Morgen des 26. Oktober vom Klingeln seines Reserveweckers. Der Hauptwecker auf dem Tisch am Bett war vier Minuten nach drei stehengeblieben. Nicht einmal auf einen Wecker konnte man sich verlassen. Deshalb hatte er auch immer zwei. Er stand auf und ließ das Rollo mit einem Knall hochschnappen. Gestern abend hatte der Meteorologe im Fernsehen vor leichtem Schneefall über Jämtland gewarnt, aber Giuseppe sah keinen Schnee. Der Himmel war dunkel, aber sternklar.
    Giuseppe aß hastig das Frühstück, das seine Frau für ihn vorbereitet hatte. Ihre neunzehnjährige Tochter, die noch zu Hause wohnte, schlief noch. Sie arbeitete als Aushilfe im Krankenhaus und sollte am Abend eine Woche Nachtschicht anfangen. Kurz nach sieben stieg Giuseppe in seine Stiefel, zog die Mütze tief in die Stirn, streichelte seiner Frau die Wange und verließ das Haus. Er hatte jetzt eine Autofahrt von hundertneunzig Kilometern vor sich. In der vergangenen Woche hatte er die Reise hin und zurück mehrmals unternommen. Nur an einem Tag war er so müde gewesen, daß er es vorgezogen hatte, in einem Hotel in Sveg zu übernachten.
    Jetzt sollte er wieder dorthin fahren. Unterwegs mußte er auf Elche achten, sich aber gleichzeitig auf eine Zusammenfassung der Mordermittlung konzentrieren, mit der er augenblicklich befaßt war. Er verließ Östersund, fuhr zunächst nach Svenstavik und stellte den Tempomat auf fünfundachtzig Stundenkilometer ein. Er konnte nicht davon ausgehen, daß er von sich aus unter neunzig bleiben würde. Fuhr er fünfundachtzig, würde er rechtzeitig zu der Verabredung mit der Spurensicherung eintreffen, die für zehn Uhr angesetzt war.
    Die Dunkelheit draußen war kompakt. Der tiefe norrlän-dische Winter nahte. Giuseppe, vor dreiundvierzig Jahren in Östersund geboren, verstand die Menschen nicht, die über die Dunkelheit und die Kälte klagten. Für ihn war das Winterhalbjahr eine Zeit, in der er zu fühlen meinte, wie sich eine große Ruhe über das Dasein legte. Dann und wann gab es natürlich jemanden, der im Winter durchdrehte und Selbstmord beging oder einen Angehörigen erschlug. Aber so war es immer gewesen. Daran konnte nicht einmal die Polizei etwas ändern.
    Aber das, was in der Nähe von Sveg passiert war, gehörte nicht zu den normalen Vorkommnissen. Giuseppe ließ in Gedanken die Ereignisse noch einmal Revue passieren.
    Der Notruf war am Spätnachmittag des 19. Oktober bei der Polizei in Östersund eingegangen. Das war jetzt sieben Tage her. Giuseppe wollte gerade das

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