Die Rückkehr des Tanzlehrers
eine Pistole bekommen. Ein Fabrikat, das er noch nicht kannte. Der Schnee fiel auf seinen Kopf. Er dachte an Veronica Molin, an Elena und vor allem an den neunzehnten November. Er wußte in dieser Nacht nicht, ob die Dunkelheit und der Wald seine Unruhe verstärkten oder verminderten.
Einen kurzen Augenblick lang dachte er, daß alles in ein paar Sekunden vorbei sein konnte. Er hatte eine geladene Waffe in der Tasche, die er sich an die Stirn halten und abdrücken konnte, und dann würde es für ihn keine Strahlenbehandlung mehr geben.
Niemand konnte sich vorstellen, wohin der Golf verschwunden war. Stefan merkte, daß Giuseppe von Mal zu Mal gereizter wurde, wenn er mit jemandem sprach.
Da klingelte plötzlich Erik Johanssons Handy. »Was sagst du?« rief er.
Er machte ein Zeichen, daß die nasse Karte wieder auseinandergefaltet werden sollte. Gleichzeitig horchte er ins Telefon. Er stieß mit dem Finger so fest auf die Karte, daß es ein Loch gab. Er wiederholte einen Namen, »Löten«, und beendete dann das Gespräch.
»Es hat eine Schießerei gegeben«, sagte er. »Vor einer Weile. Hier bei dem See. Löten. Drei Kilometer von der Abfahrt zur Straße nach Härdabyn. Ich habe mit einem Mann namens Rune Wallen gesprochen. Er wohnt da in der Nähe. Er besitzt einen Lastwagen und einen Bagger. Er hat gesagt, er sei davon aufgewacht, daß etwas knallte. Seine Frau hatte es auch gehört. Da ist er nach draußen gegangen, und es hat wieder geknallt. Er hat bis zu zehn Schüsse gezählt. Er ist Jäger und weiß, wie es klingt, wenn Waffen abgefeuert werden.«
Erik Johansson sah auf die Uhr und rechnete nach. »Er hat eine Viertelstunde gebraucht, um meine Handynummer ausfindig zu machen. Wir gehören zur gleichen Jagdgesellschaft, und er wußte, daß er die Nummer irgendwo hat. Dann hat er vielleicht fünf Minuten mit seiner Frau diskutiert, was sie tun sollten. Er nahm natürlich an, daß er mich wecken würde, wenn er jetzt anrief. Das bedeutet, daß die Schießerei höchstens fünfundzwanzig Minuten her ist.«
»Dann müssen wir uns umgruppieren«, sagte Giuseppe. »Die Sperre hier bleibt bestehen. Aber ein paar von uns und ein paar von denen weiter im Norden müssen sich auf die Stelle zubewegen. Jetzt wissen wir, daß Waffen im Umlaut sind. Große Vorsicht. Keine Eingriffe.«
»Sollten wir nicht eine landesweite Fahndung rausgeben?« fragte Erik Johansson.
»Darauf kannst du Gift nehmen«, sagte Giuseppe. »Regle du das. Ruf Östersund an. Und übernimm die Sperre hier.«
Giuseppe sah Stefan an. Der nickte.
»Wir zwei fahren nach Löten. Ich rufe Rundström von unterwegs aus an.«
»Seid vorsichtig«, sagte Erik Johansson.
Giuseppe schien nicht zu hören. Er stand reglos da. Der Strahl einer Taschenlampe huschte über sein Gesicht.
»Was ist hier eigentlich los«, sagte er. »Was geht hier eigentlich vor?«
Stefan fuhr. Giuseppe sprach mit Rundström. Beschrieb, was passiert war, welche Entscheidungen er getroffen hatte. Dann legte er das Handy ab.
»Wenn uns ein Wagen entgegenkommt«, sagte er, »bleiben wir nicht stehen. Wir versuchen nur zu erkennen, was es für eine Marke ist und was er für ein Kennzeichen hat.«
Sie brauchten fünfunddreißig Minuten bis zu der Stelle, die Rune Wallen angegeben hatte. Es kamen ihnen keine Wagen entgegen. Stefan fuhr langsam und bremste, als Giuseppe es ihm zurief. Er hob die Hand und deutete auf einen dunkelblauen Golf, der halb in den Graben gefahren war.
»Wir setzen ein Stück zurück«, sagte Giuseppe. »Mach das Licht aus.«
Es hatte jetzt aufgehört zu schneien. Alles war still. Giuseppe und Stefan waren geduckt vom Wagen fortgelaufen. Sie befanden sich jeder auf einer Seite der Straße. Beide hielten ihre Waffen in der Hand. Sie horchten weiter und versuchten ins Dunkel zu sehen. Wie lange sie warteten, konnte Stefan nachher nicht mehr sagen. Doch schließlich hörten sie das entfernte Geräusch eines herannahenden Autos. Scheinwerfer durchschnitten die Dunkelheit, und der Polizeiwagen kam zum Stillstand. Giuseppe hatte seine Taschenlampe angemacht. Es war Rundström, der sich dort hinter dem blauen Golf befand. Zusammen mit einem anderen Polizisten, der, wie Stefan sich zu erinnern meinte, Lennart Backman hieß. Ihm fiel plötzlich ein Fußballspieler ein, den er einmal sehr bewundert hatte und dessen Name ebenfalls Lennart Backman war. Aber bei welchem Verein hatte er gespielt? Hammarby oder AIK?
»Habt ihr etwas gesehen?« rief Rundström.
Seine
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