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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Schlußfolgerungen du ziehen würdest.«
    »Die wichtigste Frage hast du schon formuliert«, sagte Stefan. »Wie konnte jemand wissen, daß Hereira gerade heute hier vorbeikommen würde.«
    Giuseppe sah ihn lange an, bevor er etwas sagte. Sie standen im Scheinwerferlicht eines der Polizeiautos. »Gibt es mehr als eine Antwort?« fragte Giuseppe.
    »Kaum.«
    »Derjenige, der geschossen hat, hatte also Kontakt mit He-reira?«
    »Das ist die einzige Möglichkeit, die ich erkennen kann. Entweder direkt mit Hereira oder mit einer dritten Person, die ein Zwischenglied war.«
    »Und dann hat er sich mit der festen Absicht, ihn umzubringen, an die Straße gestellt?«
    »Ich habe keine andere Erklärung, sofern es nicht eine undichte Stelle bei der Polizei gibt. Jemand, der Bescheid gesagt hat, wo wir Sperren errichtet haben, und warum.«
    »Das klingt nicht sehr wahrscheinlich.«
    Stefan mußte plötzlich an das Gefühl vom Abend zuvor denken. Daß ihm jemand folgte, ihn beobachtete. Aber er sagte nichts.
    »Eins ist auf jeden Fall sicher«, fuhr Giuseppe fort. »Wir müssen Hereira finden. Und wir müssen den Mann identifizieren, der den roten Ford gefahren hat. Hast du sein Gesicht gesehen?«
    »Die Ledermütze hat es verdeckt.«
    »Erik erinnert sich auch nicht daran, wie er ausgesehen hat. Ebensowenig an seine Sprache. Ob er Dialekt gesprochen hat. Aber es ist nicht sicher, daß Erik es gemerkt hätte. Er hat zwar seine Schlaftablette ausgekotzt, aber ich glaube nicht, daß er heute nacht wirklich klar im Kopf ist.«
    Stefan wurde plötzlich von einem Schwindel befallen. Er kam aus dem Nichts. Stefan mußte sich an Giuseppe festhalten, um nicht umzufallen.
    »Ist dir nicht gut?«
    »Ich weiß nicht. Mir dreht sich alles.«
    »Du mußt zurück nach Sveg. Ich sehe zu, daß dich jemand fährt. Offenbar ist Erik nicht der einzige, der heute nacht nicht in Form ist.«
    Stefan merkte, daß Giuseppe aufrichtig besorgt war.
    »Wirst du ohnmächtig?«
    Stefan schüttelte den Kopf. Er wollte nicht zugeben, wie er sich fühlte. Daß er jeden Augenblick umfallen konnte.
    Giuseppe fuhr ihn selbst zurück nach Sveg. Sie saßen schweigend nebeneinander. Die Morgendämmerung hatte eingesetzt. Der Schneefall hatte aufgehört, aber die Wolkendecke hing noch über ihren Köpfen. Stefan hatte abwesend registriert, daß die Sonne ungefähr um Viertel vor acht aufgegangen war.
    Giuseppe fuhr vor dem Hotel vor. »Wie fühlst du dich?«
    »Wie du. Eine schlaflose Nacht. Wenn ich mich nur ein bißchen ausruhen kann, wird es mir wieder bessergehen.«
    »Glaubst du nicht, es wäre am besten, nach Boras zurückzufahren?«
    »Noch nicht. Ich bleibe bis Mittwoch, wie ich es beschlossen habe. Außerdem bin ich neugierig, ob das Kennzeichen mit einem Besitzer verbunden worden ist.«
    Giuseppe rief Rundström an.
    »Die Computer funktionieren immer noch nicht. Haben die keine Papierausdrucke? Machen die keine Backups?«
    Stefan öffnete die Wagentür, stieg aus und stellte sich vorsichtig auf die Füße. Die Angst nagte in ihm. Warum sage ich es nicht, dachte er. Warum sage ich Giuseppe nicht, daß ich so große Angst habe, daß ich zittere?
    »Ruh dich jetzt aus. Ich melde mich.«
    Giuseppe verschwand mit seinem Wagen.
    Das Mädchen in der Rezeption saß am Computer. »Sie sind aber früh dran«, sagte sie fröhlich.
    »Oder das Gegenteil«, erwiderte er abweisend, nahm seinen Schlüssel und ging auf sein Zimmer. Er setzte sich auf die Bettkante und rief Elena an. Sie war schon in der Schule. Er erzählte ihr, was passiert war. Daß er die ganze Nacht aufgewesen und daß ihm schwindelig war. Sie fragte, wann er zurückkäme. Er wurde lauter, konnte die Irritation nicht zurückhalten und sagte nur, daß er jetzt schlafen müsse, dann würde er sich entscheiden.
    Als er wach wurde, war es halb zwei. Er blieb im Bett liegen und schaute zur Decke auf.
    Er hatte wieder von seinem Vater geträumt. Sie waren in einem Zweierkanu gepaddelt. Irgendwo vor ihnen war ein Wasserfall. Er hatte versucht, seinem Vater zu sagen, daß sie umdrehen mußten, bevor die Strömung so stark wurde, daß sie in den Wasserfall hineingezogen wurden. Aber der Vater hatte nicht reagiert. Als Stefan sich umwandte, hatte nicht sein Vater dagesessen, sondern Rechtsanwalt Jacobi. Er war vollkommen nackt, sein Brustkorb von Seegras bedeckt. Dann hatte sich der Traum im Nichts verloren.
    Er stand auf. Ihm war nicht mehr schwindelig. Er merkte, daß er hungrig war. Dennoch war seine

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