Die Rückkehr des Tanzlehrers
verschwindet.«
»Was ist, wenn wir dieselbe Frage stellen wie er?«
»Genau damit habe ich mich heute abend herumgeschlagen.«
Giuseppe machte mit dem Arm eine ausladende Geste zu all den Aktenordnern im Zimmer. »Diese Frage hat mich begleitet, als ich die wichtigsten Teile des Materials durchgegangen bin. Ich habe mich sogar gefragt, ob er Elsa Berggren besucht hat, um eine Nebenspur zu legen. Weil er selbst es gewesen ist, der Abraham Andersson getötet hat. Aber warum ist er dann noch da? Worauf wartet er? Daß etwas passiert? Oder hat er es auf jemand anderen abgesehen? Auf wen?«
»Es fehlt ein Teil«, sagte Stefan langsam. »Ein Mensch. Die Frage ist nur, ob es ein Täter ist oder ein neues Opfer.«
Sie schwiegen. Stefan fiel es schwer, sich zu konzentrieren. Er wollte Giuseppe helfen. Aber er dachte die ganze Zeit an Veronica Molin. Außerdem mußte er Elena anrufen. Er sah auf die Uhr. Schon elf. Da schlief sie. Es war nicht zu ändern. Er nahm das Handy aus der Tasche.
»Ich muß zu Hause anrufen«, sagte er und verließ das Zimmer.
Er stellte sich neben den ausgestopften Bären und dachte, daß der ihn vielleicht beschützen könnte.
Sie war noch nicht eingeschlafen. »Ich weiß, daß du krank bist. Aber ich frage mich trotzdem, ob du wirklich das Recht hast, mich so zu behandeln.«
»Ich habe gearbeitet.«
»Du arbeitest nicht. Du bist krank.«
»Ich sitze und rede mit Giuseppe.«
»Und dann hast du keine Zeit, mich anzurufen?«
»Ich hab nicht gemerkt, daß es schon so spät ist.«
Im Hörer wurde es still.
»Wir müssen miteinander reden«, sagte sie. »Aber nicht jetzt, später.«
»Du fehlst mir. Ich weiß nicht genau, warum ich hier bin. Vielleicht habe ich solche Angst vor dem Tag, an dem ich ins Krankenhaus soll, daß ich mich nicht einmal traue, zu Hause zu sein. Im Moment weiß ich überhaupt nichts. Aber du fehlst mir.«
»Und du hast da oben keine andere Frau getroffen?«
Ihm wurde angst. Heftig. Augenblicklich.
»Wer sollte das denn sein?«
»Das weiß ich doch nicht. Eine Jüngere.«
»Natürlich nicht.«
Er hörte, daß sie niedergeschlagen war. Das erhöhte sein Schuldgefühl. »Ich stehe hier neben einem ausgestopften Bären«, sagte er. »Er läßt grüßen.«
Sie antwortete nicht.
»Bist du noch da?«
»Ich bin noch da, aber ich muß jetzt schlafen. Ruf mich morgen an. Ich hoffe, daß du selber schlafen kannst.«
Stefan ging zurück ins Büro. Giuseppe saß über einen aufgeschlagenen Aktenordner gebeugt. Stefan goß sich eine Tasse lauwarmen Kaffee ein.
Giuseppe schob den Ordner zur Seite. Seine Haare standen zu Berge, die Augen waren blutunterlaufen. »Elsa Berggren«, sagte er. »Morgen werde ich ein weiteres Gespräch mit ihr führen. Ich werde Erik mitnehmen. Aber ich denke, daß ich die Fragen stellen werde. Erik ist zu nett. Ich glaube sogar, daß er ein bißchen Angst vor ihr hat.«
»Und was hoffst du zu erreichen?«
»Klarheit. Sie verschweigt uns etwas.«
Giuseppe stand auf und streckte sich. »Bowling«, sagte er. »Ich werde Erik bitten, mit dem Gemeinderat zu sprechen, ob es nicht möglich ist, hier eine kleine Bowlingbahn zu bauen. Nur für zugereiste Polizisten.«
Dann wurde er wieder ernst. »Was würdest du Elsa Berg-gren fragen? Du kennst die Ermittlung ja bald genauso gut wie ich.«
Stefan saß fast eine Minute schweigend da, bevor er antwortete. »Ich würde versuchen herauszufinden, ob sie gewußt hat, daß Erik Waffen zu Hause hatte.«
»Das ist ein guter Gedanke«, erwiderte Giuseppe. »Wir werden uns bemühen, die Alte an verschiedenen Stellen ins Bild einzufügen. Irgendwo paßt sie am Ende vielleicht hinein.«
Das Telefon auf dem Tisch klingelte. Giuseppe nahm den Hörer ab. Er lauschte, setzte sich und zog einen Notizblock heran. Stefan reichte ihm einen Bleistift, der auf den Fußboden gerollt war. Giuseppe nickte in den Hörer, schaute auf die Uhr. »Wir sind schon unterwegs«, sagte er und legte wieder auf.
Stefan konnte an seinem Gesicht sehen, daß etwas Ernstes geschehen war.
»Das war Rundström. Vor zwanzig Minuten ist ein Wagen in hohem Tempo durch eine Straßensperre gefahren. Die Polizisten sind nur mit knapper Not unverletzt davongekommen.«
Er ging zur Karte und markierte die Stelle mit dem Finger. Es war eine Straßenkreuzung südöstlich von Funäsdalen. Stefan schätzte den Abstand zwischen Frostengrens Haus und der Straßenkreuzung auf zwanzig Kilometer.
»Ein dunkelblauer Personenwagen. Möglicherweise
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