Die Rückkehr des Tanzlehrers
betrat, begegnete er Rundström. Giuseppe war auf dem Weg ins Krankenhaus in Östersund, aber Fernando Hereira war nicht mehr da. Als die Sanitäter Giuseppe forttrugen, hatte dieser gesagt, der Mann dort sei verschwunden, ohne daß er es gemerkt habe.
»Den kriegen wir«, sagte Rundström.
»Da bin ich nicht so sicher«, antwortete Stefan skeptisch. »Wir wissen nicht, wie er heißt. Er kann mehrere Pässe haben. Bisher ist er sehr geschickt darin gewesen, sich nicht schnappen zu lassen.«
»War er nicht verletzt?«
»Nur eine Schramme an der Stirn.«
In diesem Moment trat ein Mann im Overall ein. Er hielt ein schlammbedecktes Gewehr in der Hand und legte es auf den Tisch. »Ich habe es sofort gefunden, als ich reingegangen bin. Hat es in der Kirche eine Schießerei gegeben?«
Rundström winkte ab. »Ich erkläre es später«, sagte er.
Er betrachtete das Gewehr. »Ich frage mich, ob der Staatsanwalt Elsa Berggren für ihre Lügen zur Verantwortung ziehen kann«, sagte er nachdenklich. »Auch wenn es nun dieser Magnus Holmström gewesen ist, der Abraham Andersson getötet und das Gewehr in den Fluß geworfen hat. Brandstifter ist er offensichtlich auch. Molins Haus ist an mehreren Stellen gleichzeitig angezündet worden.«
»Fernando Hereira hat gesagt, er habe den Brand gelegt. Um die Polizei abzulenken.«
»Es ist vieles passiert, was ich nicht begreife«, sagte Rundström. »Giuseppe ist auf dem Weg ins Krankenhaus, und Erik befindet sich in der Kirche, in der er Veronica Molin erschossen hat. Also bist du, Stefan Lindman, Polizist aus Boras, der einzige, der mir erklären kann, was heute morgen in meinem Polizeidistrikt vorgefallen ist.«
Den Rest des Tages verbrachte Stefan in Erik Johanssons Büro. Weil sie immer wieder unterbrochen wurden, zog sich das Gespräch mit Rundström über viele Stunden hin. Um Viertel vor zwei am Nachmittag nahm Rundström ein Telefongespräch entgegen, in dem ihm mitgeteilt wurde, daß Magnus Holmström in Arboga in dem gesuchten Ford Escort gefaßt worden war. Kurz nach fünf erklärte er, daß er nun alles erfahren habe, was er wissen müsse. Er begleitete Stefan zum Hotel zurück. Sie trennten sich in der Rezeption.
»Wann fährst du?«
»Morgen. Ich fliege.«
»Ich werde zusehen, daß dich jemand zum Flugplatz fährt.«
Stefan streckte ihm die Hand hin.
»Es ist alles sehr sonderbar gewesen«, sagte Rundström, »aber irgendwie ahne ich, daß wir das meiste von dem, was geschehen ist, verstehen werden. Nicht alles. Das tut man nie. Es gibt immer Lücken. Aber das meiste. Genug, um mehrere Täter zu verurteilen.«
»Etwas sagt mir, daß Fernando Hereira nicht so leicht zu fassen sein wird«, meinte Stefan.
»Er hat übrigens französische Zigaretten geraucht«, sagte Rundström. »Falls du dich an diese Tabakreste erinnern kannst, die du am See gefunden und Giuseppe gegeben hast.«
Stefan nickte. Er erinnerte sich. »Ich bin deiner Meinung«, sagte er dann. »Es gibt immer Lücken. Zum Beispiel eine Person namens >M< in Schottland.«
Rundström sagte nichts und ging. Stefan dachte, daß er wohl Herbert Molins Tagebuch noch nicht gelesen hatte.
Das Mädchen in der Rezeption war blaß. »Habe ich was falsch gemacht?« fragte sie.
»Ja. Aber nun ist es vorbei. Morgen reise ich ab. Dann lasse ich Sie wieder mit Ihren Werksfahrern und Orientierungsläufern allein.«
Er aß im Hotel zu Abend, dann rief er Elena an und sagte ihr, wann er nach Hause käme. Gerade als er ins Bett gehen wollte, rief Rundström an und teilte ihm mit, daß es Giuseppe den Umständen entsprechend gutginge. Die Verletzung war ernst, aber nicht lebensbedrohlich. Erik Johansson ging es entschieden schlechter. Er hatte einen Zusammenbruch erlitten. Rund-ströms letzte Nachricht war, daß die Sicherheitspolizei jetzt eingeschaltet war.
»Es wird in den Massenmedien explodieren«, sagte er. »Wir haben einen sehr großen Stein umgewälzt. Die Kellerasseln sausen in alle Richtungen. Es gibt schon heute Anzeichen dafür, daß dieses nazistische Netzwerk einen Umfang hat, den sich niemand vorstellen konnte. Sei dankbar, daß du nicht die Journalisten auf den Hals bekommst.«
Stefan blieb noch lange wach. Er fragte sich, wie die Beerdigung verlaufen war. Aber vor allem gingen ihm Erinnerungsbilder durch den Kopf, die von seinem Vater handelten.
Ich werde ihn nie verstehen, dachte er. Und ich werde ihm nie verzeihen. Auch wenn er tot und begraben ist. Er hat mir und meinen Schwestern nie sein
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