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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Fall hier nichts zu tun haben.«
    »Ich habe Herbert gekannt, und ich habe Ferien.«
    Andersson nickte. Stefan war überzeugt davon, daß er ihm nicht glaubte.
    »Ich bin eine Woche im Monat unterwegs. Dann fahre ich hinunter nach Helsingborg und treffe meine Frau. Es ist schon eigenartig, daß es passiert ist, als ich nicht hiergewesen bin.«
    »Warum?«
    »Weil ich nie an den gleichen Tagen wegfahre. Es kann von einem Sonntag bis einschließlich Samstag sein. Und ebensogut von einem Mittwoch bis zum darauffolgenden Dienstag. Nie an den gleichen Tagen. Und gerade dann, wenn ich weg bin, passiert es.«
    Stefan dachte nach. »Sie meinen also, jemand hätte die Gelegenheit Ihrer Abwesenheit genutzt?«
    »Ich meine gar nichts. Ich sage nur, daß es eigenartig ist. Ich bin wohl der einzige, der sich hier im näheren Umkreis bewegt. Außer Herbert.«
    »Was ist eigentlich Ihrer Meinung nach geschehen?«
    »Ich weiß es nicht. Und jetzt gehe ich.«
    Stefan folgte ihm zum Auto, das am Fuße des Hügels geparkt war. Auf dem Rücksitz sah er einen Geigenkasten.
    »Wo ist das, wo Sie wohnen?« fragte er. »Dunkärret?«
    »Gleich diesseits von Glöte. Sie fahren den Weg einfach weiter. Sechs Kilometer ungefähr. Das Schild zeigt nach links. Dunkärret 2.«
    Andersson setzte sich hinters Steuer. »Man sollte den Kerl fassen, der das hier getan hat«, sagte er. »Herbert ist komisch gewesen, aber friedlich. Es muß ein Verrückter gewesen sein, der ihn getötet hat.«
    Stefan blickte dem Wagen nach. Er blieb stehen, bis das Motorgeräusch nicht mehr zu hören war. Er dachte, daß Geräusche im Wald lange wahrzunehmen waren. Dann kehrte er zum Haus zurück und ging weiter auf dem Pfad, der zum See hinunterführte. Die ganze Zeit dachte er daran, was Abraham Andersson gesagt hatte. Daß Herbert Molin mit niemandem verkehrt hatte. Trotzdem war offenbar jemand zu Besuch gekommen. Obwohl Andersson nicht hatte sagen wollen, wer. Stefan dachte auch daran, daß es Andersson beunruhigt hatte, daß der Mord zu einem Zeitpunkt geschehen war, als er nicht in der Nähe gewesen war. Wenn man Dunkärret als »in der Nähe« bezeichnen konnte. Stefan blieb auf dem Pfad stehen und dachte nach. Das konnte nur eins bedeuten. Abraham An-dersson vermutete, daß derjenige, der Herbert Molin getötet hatte, wußte, daß Andersson fort sein würde. Und das wiederum konnte nur zwei Dinge bedeuten. Entweder stammte der Täter hier aus der Gegend, oder er hatte Herbert über längere Zeit hinweg beobachtet. Mindestens einen, vielleicht mehrere Monate.
    Er kam hinunter zum See, der größer war, als er geglaubt hatte. Das Wasser war braun und die Oberfläche nur schwach gekräuselt. Stefan ging in die Hocke und hielt eine Hand ins Wasser. Es war kalt. Er stand auf und sah plötzlich das Krankenhaus in Boras vor sich. Es war schon einige Stunden her, seit er zuletzt daran gedacht hatte, was ihm bevorstand. Er setzte sich auf einen Stein und blickte über den See. Auf der anderen Seite wogten die bewaldeten Höhenzüge, und in der Entfernung konnte er eine Motorsäge hören. Ich habe hier nichts zu suchen, dachte er. Vielleicht hatte Herbert Molin einen Grund dafür, sich hier oben in den Wäldern und im Schweigen zu verstecken. Aber ich habe keinen. Im Gegenteil. Ich sollte mich vorbereiten auf das, was mich erwartet. Meine Ärztin hat mir große Heilungschancen eingeräumt. Ich bin noch jung, und ich bin stark.
    Er stand auf und ging am Ufer entlang. Als er sich umdrehte, war das Haus nicht mehr zu sehen. Er ging an dem steinigen Strand weiter und stieß nach einer Weile auf ein verrottetes Ruderboot, das auf den Strand gezogen dalag. In den Resten des Bootes war ein Ameisenhaufen. Er ging weiter, ohne zu wissen, wohin er wollte. Als er zu einer Lichtung zwischen den Bäumen kam, setzte er sich wieder hin. Diesmal auf einen umgestürzten Baumstamm. Der Boden war zertreten. Am Stamm konnte er Einkerbungen sehen, die mit einem Messer gemacht worden sein mußten. Vielleicht ist Herbert öfter hergekommen, dachte er abwesend. Zwischen all seinen Puzzles. Vielleicht hat er den Hund mitgenommen. Wie hieß er noch gleich? Shaka? Komischer Name für einen Hund.
    Sein Kopf war vollkommen leer. Plötzlich sah er nur noch einen Weg vor sich. Den langen Weg, den er von Boras hierhergefahren war.
    Dann störte etwas das Bild. Etwas, was er hätte merken müssen. Er erkannte, was es war. Eben erst hatte er gedacht, daß Herbert vielleicht mit dem Hund hierher zu gehen

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