Die Rückkehr des Tanzlehrers
ist Molin nie hiergewesen.«
»Und wer war diese Kontaktperson?«
»Eine Frau namens Elsa Berggren. Mit einer Adresse in Sveg.«
Hans Marklund drehte den Ordner und schob ihn zu Stefan hinüber. »Hier sehen Sie die Vollmacht. Sie war berechtigt, zu entscheiden und das Geschäft für Molin abzuschließen.«
Stefan betrachtete die Unterschrift. Er erinnerte sich aus Boras an sie. Es war wirklich Herbert Molin, der mit seinem Namen unterschrieben hatte. Stefan schob den Ordner zu Marklund zurück. »Sie haben Herbert Molin also nie getroffen?«
»Ich habe nicht einmal mit ihm telefoniert.«
»Und wie sind Sie mit dieser Frau in Kontakt gekommen?«
»Wie üblich. Sie hat mich angerufen.«
Hans Marklund blätterte im Ordner. »Hier sind Adresse und Telefonnummer«, sagte er dann. »Vermutlich bringt es mehr, mit ihr zu sprechen als mit mir. Das werde ich auch Giuseppe Larsson sagen. Übrigens bin ich gespannt, ob es mir gelingen wird, ihn nicht zu fragen, woher er seinen Namen hat. Oder wissen Sie es?«
»Nein.«
Hans Marklund schlug den Ordner zu.
»Ist es nicht ein bißchen ungewöhnlich, daß Sie jemanden, mit dem Sie ein Geschäft abschließen, gar nicht persönlich kennenlernen?«
»Eigentlich nicht. Ich verkaufe eine Reihe Anteile an Ferienhäusern oben im Fjäll an Deutsche und Holländer. Die haben ebenfalls andere, die die Geschäfte für sie erledigen.«
Stefan nickte. »Es war also nichts Ungewöhnliches an der ganzen Transaktion?«
»Nichts.«
Hans Marklund begleitete ihn zum Gartentor. »Vielleicht doch«, sagte er, als Stefan durchs Gartentor gegangen war. »Vielleicht was?«
»Ich erinnere mich, daß Elsa Berggren einmal gesagt hat, ihr Klient wolle sich nicht an eine der großen Maklerfirmen wenden. Jetzt fällt mir ein, daß ich das komisch fand.«
»Warum?«
»Wenn man von auswärts kommt und ein Haus sucht, wendet man sich im allgemeinen nicht gerade an eine kleine Vermittlung.«
»Und wie interpretieren Sie das?«
Hans Marklund lächelte. »Ich interpretiere gar nichts. Ich sage nur, daß ich mich daran erinnere.«
Stefan fuhr nach Östersund zurück. Nach ungefähr zehn Kilometern bog er auf einen Forstweg ein und stellte den Motor ab.
Wer auch immer Elsa Berggren sein mochte - sie hatte von Herbert Molin den Rat bekommen, die großen Maklerbüros zu meiden.
Warum?
Stefan konnte sich nur eine einzige Antwort vorstellen.
Herbert Molin hatte sein Haus so unauffällig wie möglich kaufen wollen.
Der Eindruck, den er von Anfang an gehabt hatte, war richtig gewesen. Das Haus, in dem Herbert Molin in den letzten Jahren seines Lebens gelebt hatte, war nicht nur ein Haus.
Sondern ein Versteck.
An diesem Abend unternahm Stefan eine Wanderung durch Herbert Molins Leben. Zwischen den Zeilen all der Aufzeichnungen und Berichte, Stellungnahmen und Technikerprotokolle, die schon in Giuseppe Larssons Ordnern gesammelt waren, obwohl die Ermittlung noch nicht besonders lange dauerte, zeichnete sich ein Bild Herbert Molins ab, das er nicht von früher kannte. Er entdeckte Umstände, die bewirkten, daß er nachdenklich wurde und zuweilen staunte. Der Mann, mit dem zusammen er gearbeitet hatte, erwies sich als ein vollkommen anderer. Ein völlig Fremder.
Dann und wann im Laufe des Abends kam Giuseppe zu ihm herein. Sie unterhielten sich kaum, tranken nur Kaffee und wechselten ein paar Worte darüber, wie ein Abend in der Kriminalwache von Östersund aussah. Die ersten Stunden waren ruhig. Aber um kurz nach neun mußte Giuseppe ausrücken, um einen Einbruch in Häggenas aufzunehmen. Er war noch nicht zurück, als Stefan das Ende des letzten Ordners erreichte.
Was hatte er eigentlich gefunden?
Eine Karte, dachte er. Eine Karte mit großen weißen Flek-ken. Einen Menschen mit einer Geschichte, die hier und da eigenartige Lücken aufwies. Einen Menschen, der zuweilen vom Wege abgewichen und verschwunden war, um dann unerwartet wieder aufzutauchen. Herbert Molin war ein Mann, dessen Geschichte schwer zu fassen und teilweise sehr schwer zu verfolgen war. Dann und wann hatte Stefan sich Notizen gemacht. Als er den letzten Aktenordner zuklappte und zur Seite legte, sah er auf seinen Notizblock und faßte in Gedanken zusammen, was er an Neuem erfahren hatte.
Am meisten überraschte Stefan, daß Herbert Molin einmal ganz anders geheißen hatte. In den Auszügen der Finanzbehörde, die die Polizei von Östersund angefordert hatte, zeigte sich, daß Herbert Molin unter einem anderen Namen geboren
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