Die Rückkehr des Tanzlehrers
begangen haben. Man spricht in der Familie nicht gern davon.«
»Das denke ich auch. Man muß sich nun natürlich fragen, ob Abraham Andersson eine ähnliche Vergangenheit hatte.«
»Wir müssen abwarten, was wir noch in seinem Haus finden«, sagte Giuseppe und schrieb Abraham Andersson.
Die Techniker würden sich ein paar Stunden ausruhen, aber dann würden sie die Nacht durcharbeiten.
Giuseppe zog einen Pfeil mit zwei Spitzen zwischen den beiden Namen Abraham Andersson und Herbert Molin. Dann zeichnete er neben den Namen von Andersson ein Hakenkreuz und dazu ein Fragezeichen.
»Wir werden natürlich morgen damit anfangen, ausgiebig mit Elsa Berggren zu reden«, beschloß er, während er ihren Namen aufschrieb und Pfeile zu den beiden anderen zog.
Dann knüllte er die Rechnung zusammen und legte sie in den Aschenbecher.
»Wir?«
»Wir können ja sagen, daß du als mein Privatassistent mitgehst. Ganz ohne Befugnisse.«
Giuseppe lachte, wurde aber sofort wieder ernst. »Wir haben zwei schreckliche Gewaltverbrechen aufzuklären«, sagte er. »Ich kümmere mich nicht um Rundström. Oder darum, ob formal alles seinen richtigen Gang geht. Ich möchte, daß du mitkommst. Zwei Personen hören mehr als eine.«
Sie verließen den Speisesaal. Der einsame Mann saß noch an seinem Tisch. Sie trennten sich in der Rezeption und verabredeten, sich am nächsten Morgen um halb acht zu treffen.
In dieser Nacht schlief Stefan fest. Als er erwachte, hatte er von seinem Vater geträumt. Sie waren in einem Wald gewesen und hatten einander gesucht. Als Stefan ihn schließlich fand, hatte er im Traum eine unendliche Erleichterung und Freude gespürt.
Giuseppe dagegen hatte schlecht geschlafen. Er war schon um vier Uhr aufgestanden und hatte, als er Stefan in der Rezeption entgegenkam, bereits einen Besuch am Tatort absolviert.
Das Resultat war immer noch dasselbe. Nichts. Sie hatten keinerlei Spuren desjenigen gefunden, der Abraham Anders-son getötet hatte und der vielleicht auch Herbert Molins Mörder war.
Beim Verlassen des Hotels wandte Giuseppe sich dem Mädchen in der Rezeption zu und fragte, ob sie zufällig seine Rechnung vom vergangenen Abend aufgehoben hätte. Erst als er im Bett gelegen hatte, war ihm aufgegangen, daß er sie brauchen würde, um seine Reisekostenabrechnung zu erstellen. Aber sie hatte sie nicht gesehen.
»Habe ich sie nicht auf dem Tisch liegenlassen?« fragte Giuseppe.
»Du hast sie zusammengeknüllt und in den Aschenbecher gelegt«, erwiderte Stefan.
Giuseppe zuckte mit den Schultern. Sie beschlossen, zu Fuß zu Elsa Berggrens Haus zu gehen. Es war windstill, und die Wolkendecke war aufgerissen. Es war immer noch dunkel, als sie zur Brücke gingen, um nach Ulvkälla hinüberzukommen.
Giuseppe zeigte auf das weiße Gerichtsgebäude. »Vor ein paar Jahren hatten wir hier einen ziemlich berüchtigten Prozeß mit rassistischen Vorzeichen. Es ging um einen schweren Überfall. Zwei der Verurteilten hatten sich als Neonazis bezeichnet. Ich erinnere mich nicht mehr an den Namen ihrer Organisation. >Schweden soll schwedisch bleiben<, vielleicht. Gibt es die eigentlich noch?«
»Heute nennen sie sich VAM«, antwortete Stefan zögernd.
»Und was bedeutet das?«
»Weißer arischer Widerstand.«
Giuseppe schüttelte den Kopf. »Ekelhaft«, sagte er. »Man sollte meinen, daß der Nationalsozialismus ein für allemal begraben wäre, aber offenbar lebt er weiter. Auch wenn es heute eher kahlgeschorene Rotzlöffel sind, die auf den Straßen herumlaufen.«
Sie überquerten die Brücke.
»Als ich Kind war, sind hier noch Züge gefahren«, erzählte Giuseppe. »Die Inlandsbahn. Von Östersund fuhr man nach Sveg und dann nach Orsa. Dort mußte man umsteigen. Oder war es in Mora? Als ich klein war, bin ich einmal dort mit einer Tante langgefahren. Jetzt fährt der Zug nur noch im Sommer. Der italienische Sänger, den meine Mutter im Volkspark gesehen hat, ist auch mit dem Zug gekommen. Von wegen Flugzeuge oder Limousinen. Sie ist auch dabeigewesen, als sie ihm am Bahnhof hinterherwinkten. Sie hat noch ein Bild davon. Ein bißchen verschwommen und verwackelt. Mit einer gewöhnlichen Box aufgenommen. Aber sie hütet das Bild wie eine Kostbarkeit. Sie muß in den Typen ziemlich verknallt gewesen sein.«
Sie waren bei Elsa Berggrens Haus angekommen.
»Hast du uns angemeldet?« fragte Stefan.
»Ich dachte, wir überraschen sie.«
Sie gingen durchs Gartentor. Giuseppe klingelte. Sie öffnete sofort, als habe
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