Die Rückkehr des Tanzlehrers
sie sie erwartet.
»Ich bin Giuseppe Larsson. Kriminalbeamter aus Öster-sund. Stefan Lindman kennen Sie ja bereits. Wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen. Es geht um die Mordermittlung im Fall Herbert Molin. Sie kannten ihn doch?«
Wir, dachte Stefan. Ich werde keine Fragen stellen. Er blickte Giuseppe an, der ihm zuzwinkerte, als sie in den Flur traten.
»Das muß aber wichtig sein, wenn Sie so früh am Morgen kommen.«
»Ganz richtig«, sagte Giuseppe. »Wo dürfen wir uns setzen? Es wird wohl eine Weile dauern.«
Stefan merkte, daß Giuseppe einen unerwartet brüsken Ton anschlug. Er fragte sich, wie er selbst wohl auftreten würde, wenn er die Fragen zu stellen hätte.
Sie gingen ins Wohnzimmer. Elsa Berggren bot ihnen keinen Kaffee an.
Giuseppe erwies sich als ein Mann, der ohne Umschweife zur Sache kam. »In einem Ihrer Kleiderschränke hängt eine Naziuniform«, begann er.
Elsa Berggren erstarrte. Dann schaute sie Stefan an. Ihre Augen waren kalt. Stefan merkte, daß sie ihn sofort im Verdacht hatte, ohne zu begreifen, wie er in ihr Schlafzimmer gekommen sein konnte.
»Ich weiß nicht, ob es verboten ist, eine Naziuniform zu besitzen«, fuhr Giuseppe fort. »Vermutlich ist es nur verboten, öffentlich darin aufzutreten. Würden Sie sie bitte holen?«
»Woher wissen Sie, daß eine Uniform in meinem Kleiderschrank hängt?«
»Darauf werde ich nicht antworten. Aber Sie sollen wissen, daß die Uniform in zwei laufenden Mordermittlungen von Interesse ist.«
Sie sah erstaunt aus. Stefan fand, daß ihr Gesichtsausdruck echt wirkte. Er sagte sich, daß sie nichts von dem Mord bei Glöte wußte. Das wunderte ihn. Obwohl bereits zwei Tage vergangen waren, wußte sie noch nichts davon. Sie wird nicht ferngesehen oder Radio gehört haben, dachte er. Solche Leute gibt es. Auch wenn es wenige sind.
»Wer ist denn außer Herbert Molin noch ermordet worden?«
»Abraham Andersson. Sagt Ihnen der Name etwas?«
Sie nickte. »Er wohnte nicht weit von Herbert entfernt. Was ist denn mit ihm passiert?«
»Vorläufig sage ich nur, daß er ermordet wurde.«
Sie stand auf und verließ das Zimmer.
»Besser gleich zur Sache kommen«, sagte Giuseppe leise. »Daß Abraham Andersson getötet worden ist, hat sie nicht gewußt.«
»Aber die Nachricht ist doch schon lange draußen.«
»Ich glaube kaum, daß sie lügt.«
Sie kehrte mit der Uniform und der Mütze zurück. Legte beides auf das Sofa. Giuseppe beugte sich vor und betrachtete die Sachen.
»Wem gehört die Uniform?«
»Mir.«
»Aber Sie werden sie doch kaum getragen haben?«
»Ich glaube nicht, daß ich auf diese Frage antworten muß. Schon deswegen nicht, weil sie idiotisch ist.«
»Wir können Sie auch zu einer ganz anderen Art von Verhör nach Östersund bestellen. Es ist Ihre Entscheidung.«
Sie überlegte, bevor sie antwortete. »Sie hat meinem Vater gehört. Karl-Evert Berggren. Er ist seit vielen Jahren tot.«
»Er hat also im Zweiten Weltkrieg auf Hitlers Seite gekämpft?«
»Er war Mitglied des Freiwilligenkorps Svenska Kompaniet. Er hat zwei Tapferkeitsmedaillen verliehen bekommen. Wenn Sie wollen, kann ich sie Ihnen zeigen.«
Giuseppe schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig. Ich gehe davon aus, daß Sie wissen, daß Herbert Molin einmal Nazi gewesen ist und als Freiwilliger in der Waffen-SS gedient hat.«
Sie richtete sich in ihrem Stuhl auf, fragte aber nicht, woher sie das wußten. »Nicht >einmal gewesen ist<. Herbert war bei seinem Tod genauso überzeugter Nationalsozialist wie in seiner Jugend. Mein Vater und er haben Seite an Seite gekämpft. Auch wenn mein Vater viel älter war, sind sie ihr ganzes Leben hindurch gute Freunde gewesen.«
»Und Sie selbst?«
»Über seine politischen Ansichten braucht man keine Auskunft zu geben.«
»Wenn es um die Mitgliedschaft in einer Gruppe geht, die mit Verbrechen wie Volksverhetzung zu tun hat, dann schon.«
»Ich bin in keiner Gruppe Mitglied«, antwortete sie empört. »Welche sollte das auch sein? Dieser mit rasierten Köpfen auf der Straße herumlaufende Abschaum, der den Hitlergruß in den Dreck zieht?«
»Lassen Sie mich die Frage anders stellen. Haben Sie die gleiche politische Auffassung, wie Herbert Molin sie gehabt hat?«
Ihre Antwort kam ohne Zögern. »Natürlich habe ich das. Ich bin in einer rassebewußten Familie aufgewachsen. Mein Vater war 1933 Gründungsmitglied der nationalsozialistischen Arbeiterpartei. Sven Olof Lindholm, unser Führer, war oft in meinem
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