Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
Befehl genügt nicht! Halt an und rechtfertige dich!«
Linden fluchte. Hätte sie den Reitern ausweichen können, wäre ihr Pferd bestimmt uneinholbar gewesen, aber Bereks Krieger waren nur noch Herzschläge entfernt. Sie handelte schnell und ohne zu zögern: Indem sie laut »Im Namen Lord Bereks!« rief, stieß sie in Gedanken ein Ende des Stabs auf den gefrorenen Boden. Mit Erdkraft und dem Gesetz ließ sie eine Erschütterung wie ein Erdbeben unter den Hufen der gegen sie vorrückenden Pferde hindurchlaufen. Covenant und Jeremiah hatten Schlimmeres erduldet, als sie die Zäsur der Dämondim geschlossen hatte. Der Theomach würde sie vielleicht nicht beschützen, und sie würden sich jetzt nicht mehr verbannen lassen.
Einige der Pferde stolperten, warfen ihre Reiter ab. Andere scheuten, machten auf der Hinterhand kehrt und galoppierten wiehernd davon. Ihre Panik ließ die Reiter hinter ihnen fast die Gewalt über ihre Pferde verlieren, und durch diesen Aufruhr galoppierte Lindens Reittier wie Hyn und jagte mit auf dem gefrorenen Boden donnernden Hufschlägen auf die Lazarettzelte zu. Von Wutgeschrei und Alarmrufen verfolgt kam Linden ihrem Ziel rasch näher.
Sie war jetzt kaum noch hundert Schritte entfernt, keine zwanzig Schritt von dem ersten der Pavillons, aber während ihrer Annäherung hatten Bereks Unterführer einen Wall aus Bewaffneten mit Lanzen und Schwertern errichtet. Die Krieger standen dicht zusammengedrängt, als mache ihnen das Mut. Verdammt! Das hatte sie nun von ihrer Hast. Aber sie hatte zu viele Tode gesehen und konnte nicht anders handeln als bisher.
Linden zügelte ihr Pferd, ließ es austraben, dann im Schritt gehen. Zuletzt glitt sie aus dem Sattel und ließ das Pferd stehen.
Im nächsten Augenblick hielten polternd und scharrend Pferde hinter ihr an, aber Linden drehte sich nicht nach ihnen um. Sie schritt geradewegs auf den Wall aus Bewaffneten zu und ließ dabei die aus dem Stab lodernde Flamme allmählich erlöschen. Bereks Krieger sollten erkennen, dass sie ihnen nicht übelwollte. Als sie wusste, dass sie nahe genug heran war, um gut gehört zu werden, sagte sie so gelassen wie möglich: »Auf Yellinins Befehl und im Namen Lord Bereks ... lasst mich durch. Bitte. Ich würde euch anflehen, aber dafür habe ich keine Zeit. In den Zelten hinter euch sterben eure Kameraden.«
Aber die Lanzen- und Schwertspitzen blieben weiter gegen sie gerichtet. Angst und Tod hatten Bereks Krieger hart gemacht.
»Ich bin Heilerin.« Sie ging weiter. »Ich will euren verwundeten Kameraden helfen. Macht mich nieder ...« Linden verzichtete darauf, ihre Stimme zu erheben. »... oder lasst mich durch.«
Niemand antwortete ihr. Sie hörte keinen Befehl, spürte keine bewusst getroffene Entscheidung. Aber irgendetwas in ihrer Stimme oder ihrem Auftreten, ihre Fremdartigkeit oder ihr fester Schritt wirkte offenbar überzeugend. Als sie nahe genug heran war, um sich auf der ersten Lanze aufzuspießen, wurde die Waffe hochgehoben, um sie passieren zu lassen. Dann ließen mehrere Frauen und Männer plötzlich ihre Schwerter sinken, weitere folgten. Die Krieger starrten sie grimmig an, konzentriert, voller Sorge und Zweifel. Trotzdem machten sie Platz, damit Linden zwischen ihnen hindurchgehen konnte.
»Danke«, murmelte sie, als sie unverletzt weiterging und Tränen ihr für kurze Zeit die Sicht nahmen, »danke.«
Stumm schritt sie dann durch die bewegungslose Gasse aus Männern und Frauen. Hier und da spiegelte sich Feuerschein in ihren Augen oder auf dem verbeulten Metall ihrer Brustharnische. Viele von ihnen trugen verstärkte Lederkappen statt Helmen, lederne Armschienen und weitere Schutzkleidung aus Leder. Alle hatten Verbände, teils waren sie durchgeblutet, und sie litten unter Erschöpfung und alten Wunden, Leid und Depressionen. Trotzdem entdeckte sie nur Andeutungen von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Bereks Krieger waren ausnahmslos von tiefem Glauben an ihn beseelt, der sie auf den Beinen hielt.
Sie hasste Krieg und Morden. Manchmal wusste sie kaum, wie sie die Bereitschaft der Menschheit zum Bösen verkraften sollte. Aber sie fing bereits an, Berek zu bewundern – dabei hatte sie ihn noch nicht einmal kennengelernt. Sein Geist beseelte diese Leute, wenn alle übrigen Ressourcen erschöpft waren. Und nur sein Einfluss – davon war Linden überzeugt – hatte sie davon abgehalten, die Fremde gewaltsam abzuwehren. Sie hatte seinen Namen gerufen. Seine Leute bemühten sich jetzt, sich
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