Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
ganz vergessen, dass ich einst nicht krank gewesen bin.«
Die Geheilte versuchte ihren Kopf von dem Strohsack zu heben. »Was ...?«, fragte sie mit schwacher Stimme. »Wo sind meine Schmerzen geblieben? Wieso habe ich keine Schmerzen mehr?«
Linden richtete sich auf den Stab gestützt auf. Sie spürte das Erstaunen von Bereks Leuten, aber auch ihr Widerstreben, das Gesehene und Gehörte zu glauben. Sie hatte so wenig Erfahrung mit dem wahren Leben des Landes ... Aber der Feldscher überließ es nicht den Kriegern, zu eigenen Schlussfolgerungen zu gelangen. Plötzlich resolut befahl er ihnen: »Fort mit euch! Diese Lady ...« Vor Staunen fand er kaum Worte. »... tut niemandem etwas. Wird sie nicht behindert, kann sie vielleicht gewaltige gute Werke tun. Fort mit euch, damit ich ihre Hilfe erflehen kann.«
Er schwenkte seine Arme, um die Männer und Frauen hinter Linden zu verscheuchen, bis sie gehorchten. Dann wandte er sich ihr zu, während die beiden anderen Feldschere durch die Reihen herangehastet kamen.
»Meine Lady«, begann er von Heilung und Hoffnung sichtlich verwirrt, »ich verstehe überhaupt nichts mehr. Solches Feuer ... Es geht über alles hinaus, was ... Aber ...« Er schien sich bewusst einen gewaltigen Ruck zu geben. »... ich brauche nichts zu verstehen, ich darf keine Zeit verlieren. Schenkst du uns weitere Flammen? Wir sind hoffnungslos überfordert. Der Bedarf übersteigt unsere Möglichkeiten. Unsere Kräuter und Werkzeuge bringen nur wenigen Heilung. Die meisten sterben.« In seinen zuvor wässrigen Augen standen jetzt Tränen. »Ich will dich auf den Knien anflehen, wenn dich das ...«
Er begann auf die Knie zu sinken, aber Linden blieb unbeeindruckt. Das Zelt war zu einer Notaufnahme geworden, in der sie als Chirurgin Dienst tat. Sie zog den Mann rasch am Arm hoch. »Natürlich helfe ich euch. Dazu bin ich hier. Aber du musst eine Triage für mich durchführen.« Als er die Stirn runzelte, weil er dieses Wort nicht kannte, erklärte sie ihm: »Ich muss die schlimmsten Fälle zuerst behandeln, aber ich weiß nicht, wo sie liegen. Das musst du mir sagen.« Und mich hinführen. Das schiere Ausmaß der hier konzentrierten Leiden lähmte ihren Gesundheitssinn teilweise. »Und hol mir etwas Trinkwasser.«
Sie würde mehr brauchen, als der Stab liefern konnte, um die vor ihr liegenden Anstrengungen durchzustehen.
Die Lippen des Mannes wiederholten in stummer Verständnislosigkeit das Wort »Fälle«. Trotzdem begriff er, was sie meinte. »Dann solltest du mit dem Fünften in dieser Reihe beginnen«, antwortete er und nickte nach links hinüber. Er schien bereit zu sein, ihr bedingungslos zu gehorchen. »Palla und Jevin helfen dir weiter.« Damit meinte er offenbar die anderen Feldschere. »Ich bin Vertorn. Ich lasse die Wachen Wein bringen, der dich erfrischen wird.«
Auch recht. »Ich bin Linden«, sagte sie noch. »Du brauchst vor nichts Angst zu haben, was du siehst.« Dann ging sie zu dem Schwerverwundeten, den Vertorn ihr bezeichnet hatte.
Beim Anblick der grausigen Hieb- und Stichwunden des vor ihr Liegenden hätte sie überwältigt verzagen können. Er sah aus, als sei er wie eine Strohpuppe aufgehängt und als Übungsziel für Schwerter und Lanzen benutzt worden. Dass er noch lebte, verriet nur ein schwaches Röcheln tief hinten in seiner Kehle. Mit dem Stab hätte Linden das gesamte Zelt mit belebenden Flammen füllen können. Das Potenzial des mit Eisen beschlagene Holzes wurde nur durch ihre eigenen Fähigkeiten begrenzt. Aber sie war zu sehr Mensch, um so zu funktionieren. Sie musste sehen, was sie zu heilen versuchte, musste ihre Aufmerksamkeit auf jede einzelne Wunde oder Krankheit konzentrieren. In ihren Händen würde eine undefinierte Breitseite Erdkraft unter Umständen mehr schaden als nützen. Sie konnte sich nur bemühen, einen Patienten nach dem anderen zu retten, eine Krise nach der anderen zu bewältigen, wie sie es immer getan hatte.
Und es waren so viele ...
Aber während des einen Herzschlags, in dem ihr Mut sie hätte verlassen können, spürte sie, wie unmittelbar hinter ihr eine Frau in den Tod hinüberglitt. Danach zögerte sie nicht mehr. Indem sie die sanft-strenge Macht des Stabs wie ein Kriegsbanner entfaltete, machte sie sich an ihre selbst gestellte Aufgabe. Sie hatte sich als Heilerin bezeichnet. Jetzt machte sie sich daran, diesen Namen zu rechtfertigen.
*
Linden wusste nicht, wie lange sie sich abmühte, konnte die Männer und Frauen, die
Weitere Kostenlose Bücher