Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
dieser zweite Ort nicht genau bestimmbar. Er war nur weit weg .« Die tanzenden Flammen des Kaminfeuers färbten sein Gesicht rötlich, ließen ihn fiebrig aussehen. »Und er war sicher. Aber dann hast du mir das Auto-Rennspiel mit der Bahn und den vielen Stützen geschenkt. Als es fertig war – als ich genügend Teile hatte, die alle richtig miteinander verbunden waren –, hatte ich eine ...« Er sah starr zu Covenant hinüber. »... eine Endlosschleife. Wie eine Schlange, die ihren eigenen Schwanz frisst. Sie war gewissermaßen eine Tür in meinem Verstand. Ich bin hindurchgegangen – und hier rausgekommen. Mit ›hier‹ meine ich nicht, wie ich jetzt bin.« Er schien nach Wörtern zu suchen. »Ich war kein Gefangener. Ich hatte nicht mal einen Körper. Und hierher – ich meine nach Schwelgenstein – bin ich nicht sehr oft gekommen. Ich konnte mit niemandem sprechen. Aber ich war in dem Land. Wann genau, weiß ich nicht. Im Verhältnis zu jetzt, meine ich. Meistens vor ziemlich langer Zeit, denke ich. Aber ich war eigentlich immer hier, wenn du mich zu Bett gebracht hast. Die einzigen Leute, mit denen ich sprechen konnte – die einzigen Leute, die überhaupt wussten, dass ich dort war –, waren Mächte wie die Elohim und die Wüteriche. Außerdem noch ein paar Zauberer und dergleichen. Ich bin einigen Leuten begegnet, die sich die Insequenten genannt haben. Und natürlich ihm.« Jeremiah deutete auf Covenant. »Er war der Beste. Aber selbst er konnte mir nicht viel erklären. Er wusste nicht, wie er mir antworten sollte. Oder ich habe nicht die richtigen Fragen gestellt. Meistens haben wir nur darüber geredet, wie ich Dinge mache.
Immer wieder haben Leute mich vor dem Verächter gewarnt. Vielleicht hätte ich Angst vor ihm haben sollen. Aber ich hatte keine. Ich hatte keine Ahnung, was sie meinten. Und ich bin ihm nie begegnet. Er hat sich von mir ferngehalten.«
Linden schwankte, während sie ihm zuhörte. Insequente? Ihr Herz raste. Wüteriche? Aber sie blieb absolut reglos, gestattete sich kein Mienenspiel oder Muskelzucken, das Jeremiah hätte unterbrechen können. Er kannte Covenant also schon sehr lange; offenbar seit damals, als er die Autorennbahn – seine beste Konstruktion – fertig gestellt hatte.
»Jedenfalls«, fuhr ihr Sohn fort, »war es hier viel besser als bei uns zu Hause, Mama. Ich war sehr gern in dem Land. Und mir hat es gefallen, wenn die Leute wussten, dass ich hier war. Sogar die Wüteriche. Sie hätten mir wehgetan, wenn sie gekonnt hätten – aber sie wussten, dass ich da war. Ich kann mich nicht erinnern, mich real gefühlt zu haben, ehe ich hierher gekommen bin.«
Sie merkte nicht, dass ihr Tränen über das Gesicht liefen oder dass ihr ein Kloß aus Kummer und Freude im Hals steckte, bis Jeremiah sagte: »Bitte nicht weinen, Mama. Ich wollte dich nicht durcheinanderbringen.« Das klang seltsam distanziert, fast mechanisch, als zitiere er etwas – oder jemanden. Das Zucken in seinem Augenwinkel wurde etwas schwächer, und als die Flammen im Kamin in sich zusammensanken, verblasste die hektische Röte auf seinen Wangen. »Du hast gesagt, dass du das alles nicht verstehst. Ich habe nur versucht, es dir zu erklären.«
Seinetwegen riss Linden sich zusammen. »Mach dir um mich keine Sorgen, Schatz.« Sie setzte sich auf, fuhr sich mit einem Ärmel über die Augen. »Ich weine zu leicht. Das ist echt peinlich. Ich bin nur so froh ...« Sie schniefte hilflos. »Und traurig zugleich. Ich bin froh, weil du nicht die ganze Zeit allein warst, auch wenn du nicht mit mir sprechen konntest.« Als er Schwelgenstein und den Donnerberg in ihrem Wohnzimmer nachgebaut hatte, hatte er genau gewusst, was er tat. »Und ich bin traurig ...« Sie schluckte gegen ihre Wut und Hilflosigkeit an. »Weil das deine Gefangenschaft in Fouls Händen umso schlimmer macht. Jetzt bist du nirgends mehr sicher. Ich schwöre dir, Schatz, dass ich die Suche nach dir niemals aufgeben werde. Und weiß ich erst einmal, wo du bist, kann keine Macht dieser Welt mich daran hindern, dich zu retten.«
Jeremiah rutschte in seinem Sessel hin und her, als sei ihm ihr leidenschaftlicher Schwur etwas peinlich. »Das solltest du mit ihm besprechen.« Damit meinte er wieder Covenant. »Ich kann dir nicht sagen, wo ich bin. Lord Foul hat mich irgendwo versteckt. Aber er weiß alles andere. Wenn du ihm nur eine Chance gibst ...«
Jeremiah verstummte, und sein Blick wich dem ihrigen aus.
Linden blieb sekundenlang
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