Die Rückkehr nach Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
sterben, Mama?«, wimmerte er.
»Natürlich nicht«, antwortete Anjala, aber ihre Stimme bebte dabei. Sie streichelte seine Haare. »Ist das wahr?«, flüsterte sie dann. »Hat Talita tatsächlich die Morgenröte beobachtet?« Ihre Augen wurden feucht. »Man wird sie bestrafen …«
»Wenn es stimmt, was Talita gesehen hat, dann geschieht hier etwas Ungeheuerliches«, meinte Mario und Sheila nickte. »Das Volk wird belogen. Zaidon macht falsche Versprechungen, damit ihr arbeitet – und wer nicht mehr kann, weil er alt ist oder krank, den lässt er töten!«
»Schschsch, nicht so laut.« Anjala warf einen ängstlichen Blick in Richtung Tür. »Wenn dich jemand hört! Solche Bemerkungen sind schlimmer Frevel! Dafür kannst du hingerichtet werden!«
Mario verstummte.
Auch Anjala schwieg einige Sekunden lang. Dann rannen ihr die Tränen über die Wangen. »Talita ist verloren«, schluchzte sie. »Man hat uns betrogen. Es gibt gar kein Paradies!«
»Doch, das gibt es«, sagte Mario. »Talana. Ich bin nämlich dortgewesen – und deswegen …« Er blickte zu Sheila, bevor er weiterredete. »Deswegen sind wir auch hier.«
Sheila nickte und versuchte, Anjala in möglichst einfachen Worten zu erklären, dass sie aus der Zukunft kamen und die Existenz Talanas auf dem Spiel stand.
Anjala lauschte mit aufgerissenen Augen. Schließlich musste sie sich setzen.
»Ich glaube euch«, murmelte sie und stützte ihren Kopf in die Hände. »Aber das ist im Moment wirklich zu viel für mich.«
»Wir gehören nicht in Eure Welt«, sagte Mario. »Aber trotzdem können wir nicht zulassen, dass hier solche Ungerechtigkeiten geschehen.«
»Wir werden nach Talita suchen«, sagte Sheila entschlossen. Anjala tat ihr leid, wie sie so hilflos dasaß. Sie griff nach ihrer Hand: »Wir werden alles tun, um sie zu finden, wirklich!«
Plötzlich ertönte ein Klopfen.
»Wer kann das sein?«, flüsterte Anjala und zog Brom zu sich.
Vier Augenpaare starrten ängstlich zur Tür.
9. Kapitel
Das dreizehnte Gebot
Am Geruch merkte Talita, dass sie die Unterstadt verlassen hatten. Salzige Meeresluft wehte ihr entgegen. Ein kühler Wind strich über ihre Arme.
Talita war halb ohnmächtig vor Angst. Alle Glieder schmerzten. Ihr Entführer ging nicht gerade sanft mit ihr um. Er behandelte sie, als trüge er nur ein Bündel Kleider.
Es kam Talita so vor, als hätten sie unzählige Treppen überwunden und endlose Gänge hinter sich gelassen. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
Als ihr das Sonnenlicht in die Augen stach, musste sie blinzeln. Sie waren in der Oberstadt! Nach der ewigen Finsternis und dem Dämmerlicht, die in der Unterstadt herrschten, wirkte alles hell und grell, ja fast schmerzhaft.
Nach und nach gewöhnte sich Talita an die Helligkeit. Sie sah Gebäude von unglaublicher Pracht. Die Kuppeln waren vergoldet und leuchteten im Morgenlicht wie Sonnen. Hier gab es Parks und prächtige Gärten. Es duftete nach Zitronen und Orangen. Die Wege waren mit schneeweißem Kies bestreut, der unter den Füßen des Entführers knirschte.
Es war hier so schön, dass man fast meinen konnte, im Paradies zu sein. Doch Talita glaubte keinen Augenblick daran, dass sich ihr Schicksal ändern und alles sich zum Guten wenden würde. Sie waren in der Oberstadt und hier befand sich Zaidons Palast. In Kürze würde Talita vor den Herrscher treten und dieStrafe dafür empfangen, dass sie gegen seine Gebote verstoßen hatte.
Schwerter klirrten und zwei Wächter traten ihnen in den Weg.
»Die Parole?«
»Zaidons Macht möge ewig dauern!«, antwortete Talitas Entführer sofort.
»Wen bringst du da?«, wollte einer der Wächter wissen.
»Ich habe eine Gefangene für Zaidon. Lasst mich durch, ich werde schon im Palast erwartet.«
Die Wächter wechselten einen Blick. »Wir werden dich sicherheitshalber begleiten.«
In Talita keimte eine winzige Hoffnung. Die Wächter schienen ihrem Entführer nicht zu trauen. Vielleicht würden sie ihr ja helfen. Doch wie sollte sie sich verständlich machen? Reden konnte sie nicht, weil in ihrem Mund noch immer der schmutzige Knebel steckte.
Sie wimmerte, wand ihren Kopf hin und her und versuchte, die Wächter mit den Augen um Hilfe anzuflehen, aber keiner der beiden sah sie überhaupt auch nur an. Wahrscheinlich erfüllten sie ausschließlich ihre Aufgabe, keinen Fremden in den Palast zu lassen – und Talita war für sie einfach Luft. Enttäuscht gab Talita ihre Bemühungen auf. Ihre Hoffnung sank.
Sie
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