Die Rückkehr nach Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
nach hinten streifte, erkannte Talita den Mann wieder, der sie gestern verfolgt hatte.
»Hab ich dich endlich, du kleine Kröte!«, zischte er. »Diesmal entkommst du mir nicht wieder! Heute bringe ich dich zu Zaidon!«
Talita wimmerte vor Angst. Während sie sich unter dem harten Griff wand, entdeckte sie Shaka im Hintergrund des Raums. Die alte Frau stand nur da und starrte fassungslos auf das, was vor ihren Augen geschah. Sie machte keine Anstalten, Talita zu helfen.
»Shaka!«, flehte Talita, als sie für einen Moment den Mund freibekam. »Bitte …« Doch da steckte ihr der Mann einen schmutzigen Knebel in den Mund. Er drehte ihr die Arme auf den Rücken und fesselte sie mit einem rauen Strick. Auch ihre Beine schnürte er so fest zusammen, bis Talita nur noch ein hilflosesBündel war. Dann warf er sich das Mädchen über die Schulter und verließ Shakas Wohnung.
Talita liefen die Tränen übers Gesicht, während der Wächter sie durch die Gänge trug. Warum hatte Shaka sie im Stich gelassen? Sie hatte der Nachbarin immer vertraut!
Was würde jetzt mit ihr passieren? Sie schluchzte vor Verzweiflung.
Sheila löffelte unruhig das eingeweichte Brot. Immer wieder warf sie Mario nervöse Blicke zu. Warum war Talita noch nicht zurück? Sie hatte doch gesagt, dass sie nicht lange bleiben würde.
Anjala dagegen schien sich keine Sorgen zu machen.
»Sie wird bei Shaka frühstücken«, meinte sie. »Unsere Nachbarin macht herrliche Fladen.«
»Ich will auch Fladen«, quengelte Brom und stellte seine leere Schale auf den Tisch zurück. »Ich habe noch Hunger.«
Anjala zögerte, dann griff sie nach Talitas Schale. »Wenn Talita sowieso bei Shaka frühstückt, dann kannst du ihre Portion haben.« Sie sah Mario und Sheila fragend an. »Oder hat von euch noch jemand Hunger?«
Sheila und Mario schüttelten die Köpfe. Sheila war sich sicher, dass Mario noch genauso der Magen knurrte wie ihr selbst. Das bisschen eingeweichtes Brot machte längst nicht satt. Aber Anjala hatte ja auch nicht mit Besuch gerechnet. Sheila hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie die Gastfreundschaft dieser Familie, die selbst fast nichts zu essen hatte, in Anspruch nahmen.
Nach dem Frühstück half Sheila Anjala, das Geschirr abzuwaschen, danach setzte sich Anjala an den Webstuhl. Sheila sah zu,wie flink das Schiffchen zwischen den Kettfäden hindurchglitt. Anjala hatte sehr geschickte Finger und arbeitete schnell und zielstrebig. Die Seide war so fein, dass es trotzdem eine halbe Ewigkeit dauerte, bis das Gewebe um einen Zentimeter gewachsen war. Sheila bewunderte Anjalas Geduld. Doch schließlich war der Faden zu Ende und Anjala hielt das leere Schiffchen in der Hand.
»Ohne Nachschub kann ich nicht weitermachen.« Seufzend stand sie auf. »Talita hat sich sicher mit Shaka beim Frühstück verplaudert und vergessen, dass ich so dringend auf die Seide warte.« Sie legte das Schiffchen zur Seite. »Am besten gehe ich selbst rüber.«
»Darf ich mitkommen?«, fragte Sheila. Ihr Herzschlag hatte sich wieder beschleunigt; sie war zutiefst beunruhigt wegen Talitas Ausbleiben.
»Wenn du möchtest.« Anjala musterte Sheila. »Vor Shaka braucht ihr keine Angst zu haben, selbst wenn ihr euch aus irgendeinem Grund verstecken müsst.«
Ihre blauen Augen ruhten auf Sheila. Es wurde ihr ganz heiß. Jetzt würde Anjala bestimmt fragen, woher sie kamen und was sie in Atlantis wirklich wollten. Sie hatte sicher gemerkt, dass mit Mario und Sheila etwas nicht stimmte.
Sheila schluckte und setzte zu einer Erwiderung an, aber da sagte Anjala nur: »Shaka wohnt direkt neben uns. Du brauchst keinen Umhang, es ist wirklich nur ein kurzes Stück.«
Sheila folgte Anjala mit klopfendem Herzen. Mario sah ihnen fragend nach. Sheila lächelte ihm zu, ihre Lippen zitterten dabei. Das ungute Gefühl verstärkte sich. Sie glaubte nicht, dass Talitabeim Frühstück mit Shaka einfach nur die Zeit vergessen hatte. Tief in ihrem Innern wusste sie, dass Talita etwas zugestoßen war.
Der Gang war dunkel und es stank so stark, dass es Sheila übel wurde und sie sich beinahe übergeben hätte. Mühsam riss sie sich zusammen, um sich vor Anjala keine Blöße geben zu müssen.
Anjala klopfte an eine alte Holztür. »Shaka? Ich bin’s, Anjala.«
Die Tür wurde geöffnet und Sheila sah eine alte Frau, die etwas gebeugt auf der Schwelle stand. Als sie lächelte, bemerkte Sheila, dass ihr etliche Zähne fehlten.
»Hallo, Anjala«, grüßte die Alte. »Wie gut, dass du
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