Die Rückkehr nach Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
und Anjala ging mindestens einmal am Tag an der Nische vorbei, um nachzusehen, ob es eine neue Nachricht für sie gab.
Doch heute versuchte Anjala es andersherum. Sie hatte keine Ahnung, wie oft Fenolf an der Nische vorbeikam und ob er überhaupt erwartete, dass sie ihm eine Nachricht hinterließ. Sie nahm zwei Muschelschalen, was bedeuten sollte, dass sie ihn besonders dringend sehen wollte, und sie legte noch ein Stück Holz dazu – als Zeichen dafür, dass er nicht zum Strand, sondern in ihre Wohnung kommen sollte. Mit klopfendem Herzen versteckte sie die drei Gegenstände in der Nische, dann kehrte sie in ihre Wohnung zurück, wo Mario, Sheila und Brom schon auf sie warteten.
»Ich habe Fenolf ein Zeichen hinterlassen, dass ich ihn unbedingt treffen will«, erzählte sie und zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, wie lange es dauern wird, bis er kommt. Ich hoffe, dass er die Nachricht überhaupt findet.«
»Könnt Ihr ihn denn nicht einfach aufsuchen?«, fragte Sheila.
Anjala schüttelte den Kopf. Die beiden fremden Kinder hatten wirklich keine Ahnung von den Zuständen, die in Atlantis herrschten.
»Niemand aus der Unterstadt darf die Oberstadt betreten«, erklärte sie. »Wer es trotzdem tut und dabei erwischt wird, der kommt vor die Richter. Das will ich nicht riskieren, sonst ist Brom ganz allein.«
»Und einen offiziellen Weg gibt es nicht?«, hakte Mario nach. »Was ist, wenn jemand eine Bitte an Zaidon stellen will?«
Anjala lächelte traurig. »Glaubst du, Zaidon interessiert sich für irgendwelche Wünsche, die die Leute aus der Unterstadt haben? Aber du hast recht, es gibt auch einen offiziellen Weg. Man muss einen Antrag stellen und eine ausführliche Begründung liefern, warum man die Oberstadt betreten will. Doch bis der Antrag genehmigt wird, vergehen Wochen. Falls er überhaupt genehmigt wird. Die meisten werden einfach abgelehnt. Und selbst wenn man die Genehmigung bekommen hat, darf man nicht allein zu Zaidon gehen, sondern man wird von seinen Wachen begleitet. Du siehst – ich habe nicht die geringste Chance, Fenolf aufzusuchen.«
Sheila und Mario wechselten einen betroffenen Blick.
»Gibt es denn überhaupt keine … Schmuggler?«, wollte Mario dann wissen. »Leute, die zwischen den Stadtteilen hin- und herwechseln und denen man vielleicht etwas mitgeben könnte? Eine Nachricht zum Beispiel?«
Anjala musterte den Jungen. Er dachte wirklich an alles und schien außerdem ziemlich hartnäckig zu sein. Genau wie das Mädchen.
»Ja, es gibt Schmuggler und auch andere Leute, die für Geld einiges riskieren«, antwortete Anjala. »Manche sind aber nicht sehr vertrauenswürdig, und wenn man an die Falschen gerät, dann ist man nicht nur sein Geld los. Abgesehen davon habe ich sowieso fast keins, ich könnte sie gar nicht bezahlen.«
»Schade«, sagte Sheila. »Das hört sich alles nicht besonders gut an.«
»Ja«, bestätigte Anjala. »Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als auf Fenolf zu warten.«
11. Kapitel
Fenolf entscheidet sich
Als es kurz vor Mittag an der Tür klopfte, schickte Anjala Mario und Sheila schnell in den Nebenraum. Dort sollten sie sich sicherheitshalber verstecken. Fenolf brauchte nicht zu wissen, dass die Fremden noch da waren. Mit zitternden Fingern schob Anjala den Riegel zurück und ließ Fenolf herein.
»Ich habe deine Nachricht bekommen.« Er lächelte und streifte seine Kapuze zurück. »Es freut mich sehr, dass du mir auch einmal eine Nachricht schickst. Du scheinst ja große Sehnsucht nach mir zu haben.«
Er umarmte Anjala und küsste sie. Sie erwiderte seinen Kuss nur flüchtig und befreite sich aus seiner Umarmung.
»Was ist los?«, fragte er verdutzt.
»Ich muss mit dir reden«, sagte sie und sah ihm in die Augen. »Wirklich reden. Und zwar ganz offen.« Sie schluckte. »Sie haben heute Morgen Talita abgeholt.«
Fenolfs Gesicht wurde bleich. »Abgeholt? Was bedeutet das? Bist du sicher?«
»Was das bedeutet, weißt du wohl besser als ich«, antwortete Anjala kühl. »Du bist schließlich jeden Tag mit Zaidon zusammen und kennst seine Gewohnheiten. Man sagt, dass er nicht lange fackelt, sondern jeden, der seine Gebote übertritt, in den Kerker werfen lässt.«
»Aber was hat das mit Talita zu tun?« Fenolf schüttelte den Kopf.»Deine Tochter hat sich doch nichts zuschulden kommen lassen. Sie ist fleißig und gehorsam …«
»Sie hat etwas gesehen, was sie nicht sehen sollte.« Anjala wusste genau, dass sie ihr Leben aufs Spiel
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