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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Mann im Rollstuhl hinunterbeugte, der sich nicht nach den beiden Besuchern umdrehte. Die Musik war ziemlich laut, soeben begann ein neues Stück. The Young Tuxedo Brass Band stimmte »Eternal Peace« an, schwarze Beerdigungsmusik aus New Orleans.
    »Was willst du?« fragte Sedem kaum verständlich, dann drehte er die Musik leiser. Alle drei Telefone klingelten ohne Pause. Er warf nur einen kurzen Blick auf die Nummern und nahm nicht ab.
    »Es tut mir so unendlich leid«, sagte Pina weinerlich und wollte ihn umarmen. Sedem schüttelte sie unwirsch ab.
    »Mein Beileid, Signor Newman«, sagte Laurenti. »Ich wünsche Ihnen viel Kraft. Wir werden uns alle Mühe geben, den oder die Täter so schnell wie möglich zu finden.«
    Jetzt fuhr Sedem herum, sein Blick sprühte vor Zorn. »Ersparen Sie mir Ihr Mitleid, Sie haben ihn doch kaum gekannt.«
    »Er meint es nicht so, Chef«, sagte Pina hilflos. »Es steht unter Schock.«
    »Was heißt das?« Zum ersten Mal, seit Pina ihn kannte, hob Sedem die Stimme. »Ein Monster weniger auf der Erde. Was ist daran schlimm?« Herausfordernd schaute er die beiden Polizisten an.
    »Es tut mir leid, daß ich gestern abend nicht mitgekommen bin«, sagte Pina und setzte sich in den Sessel gegenüber, während Laurenti stehen blieb.
    »Besser so«, sagte Sedem und las von einem der Telefone die Nummer des Anrufers ab. »Du hättest sowieso nichts tun können, außer mich nervös zu machen.«
    »Ich hatte doch keine Ahnung«, sagte Pina. »Und als ich es zufällig um Mitternacht in den Nachrichten sah, habe ich dich pausenlos zu erreichen versucht. Die ganze Nacht lang. Warum hast du mir nicht geantwortet?«
    »Nach dem Motto: Geteiltes Leid ist halbes Leid?« Sedem lachte höhnisch. »Ich bin weit davon entfernt, Duke nachzutrauern. Das einzige, was mir Sorgen bereitet, ist, daß jetzt ein anderer an seiner Stelle den Platz im Markt einnehmen wird, der vielleicht noch hemmungsloser ist als mein Vater. Und ich muß jetzt schnellstmöglich sein Imperium auflösen, ohne daß meine Großmutter dazwischengeht. Das wird kein Zuckerschlecken.«
    »Wie geht es ihr?« fragte Pina.
    »Ich habe sie noch nicht gesehen. Sie ist daran gewöhnt, daß das Schicksal es nicht immer gut mit ihr meint. Sie wird’s überleben.«
    Laurentinahm ihm seine Coolness nicht ab. »Ich bedauere, Sie fragen zu müssen, aber haben Sie zumindest eine Idee, wer hinter dem Attentat stehen könnte?«
    »Das hat mich heute früh um sieben schon Ihr Kollege Pausin gefragt. Ist das ein Verhör?«
    Sedem lauerte nur darauf, sie hinauswerfen zu können, doch Laurenti durchschaute ihn und trat den Rückzug an, um ihm zuvorzukommen.
    »Sie wissen, wie Sie mich erreichen können«, sagte er. »Ich finde alleine hinaus.« Dann entfernte er sich eilig, ohne einen Blick auf den jungen Mann zu werfen, und hoffte, daß der Pina nicht hinterherschickte. Es genügte, wenn die Kleine bei Sedem blieb. Wenn überhaupt jemand, dann war sie es, die irgend etwas aus dem zynischen Kerl mit seinen lahmen Beinen herauslocken könnte. Als er vom Hof fahren wollte, mußte er warten, bis ein dottergelber Porsche mit dunkler Fensterverglasung und Wiener Kennzeichen den Weg durchs Tor frei machte. Dem Kennzeichen nach handelte es sich um einen Leihwagen. Laurenti ließ sich Zeit und beobachtete im Rückspiegel, wie zwei gutgekleidete Männer mit dunklem Teint und Bürstenhaarschnitt ausstiegen und ihm nachglotzten, bis sich die Torflügel wieder schlossen. Ihren kantigen Gesichtszügen und den breiten Schultern nach zu schließen, waren sie vom Fach. Was zum Teufel führte Sedem im Schilde, daß er zwei Gorillas angefordert hatte?
    Eine Viertelstunde später hielt Laurenti auf dem Parkplatz der Polizeistation Sežana. Rožman kam ihm auf der Treppe entgegen. Er sah müde aus und erklärte ohne Umschweife, daß sein Vorgesetzter ihn schon am frühen Morgen – es war noch dunkel! – aus den Federn geholt hatte. Pausin habe ihm die Hölle heiß gemacht, weil Calamizzi nicht mehr im Knast saß. Die Fluchtversion habe er Rožman kaum abgenommen: Immerhin war er bewaffnet, sein Auto strotzte vor Knochensplittern, und bei dem Betrag, den er mit sich führte, handeltees sich nicht um Kleingeld. Er würde eine Untersuchung gegen den Leiter der kleinen Dienststelle einleiten, sobald die andere Sache ausgestanden sei. Rožman nahm es einigermaßen gelassen. Pausin habe ihm dann ein Loch in den Bauch gefragt, zu allem, was Goran Newman betraf, und anschließend

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