Die Ruhe Des Staerkeren
darauf bestanden, daß er ihn zu Dukes Anwesen begleitete, wo Sedem vor ununterbrochen klingelnden Telefonen saß. Nur widerwillig und einsilbig antwortend habe er sie nach einer Viertelstunde hinausgeworfen. Wenig freundlich, dafür sehr bestimmt. Und gestern abend hatte Pausin ihn und seine Kollegen dazu eingeteilt, den Verkehr umzuleiten, schließlich sei das Attentat im Zuständigkeitsbereich von Rožmans Dienststelle passiert. Die Ermittlungen hingegen hatte Pausin an sich gezogen, angeblich auf Weisung von ganz oben. Die Leute aus dem Innenministerium in Ljubljana aber pfuschten noch kräftiger hinein. In Slowenien war es also auch nicht besser als im Rest der Welt. Die Hierarchien waren die einzige Erfindung, die nur sich selbst nie verschliß.
Noch während Rožman sich über seinen Vorgesetzten beklagte, klingelte Laurentis Telefon. Mariettas Stimme überschlug sich fast vor Aufregung.
»Die Bildqualität ist zwar nicht die beste und der Tatort halb von einem Baum verdeckt, aber es gibt eine Einstellung des Mords an Edvard. Ein Mann schleicht sich von hinten an ihn heran, zieht eine Waffe, dann sinkt Edvard in sich zusammen. Genickschuß, profimäßig, peng! Der Täter lehnt ihn an den Baumstamm und verschwindet wieder. Alles in allem vierzehn Sekunden.«
»Wie sieht er aus? Die Personenbeschreibung, Marietta.«
»Man sieht beide nur bis Brusthöhe. Auch in der Vergrößerung ist das Gesicht nicht zu erkennen. Er ist von kräftiger Statur und hat eine ziemlich dicke Wampe. Dunkler Anzug, weißes Hemd und eine viel zu bunte Krawatte mit lustigen kleinen Vögelchen drauf. Allein dafür gehört er in den Knast.Ich habe die Bilder mit der Aufnahme verglichen, auf der du den Fahrer des Range Rovers kontrollierst. Der Statur und der Motorik nach ist es der gleiche Mann. Und die gleiche Krawatte. Ich lasse jetzt Einzelaufnahmen abziehen und vergrößern.«
»Das ist doch schon etwas«, sagte Rožman, nachdem ihm Laurenti die Neuigkeit mitgeteilt hatte. Er ging zu einem anderen Schreibtisch und gab ein paar Befehle in den Computer ein. »Kommen Sie zu mir, Laurenti«, sagte er dann und deutete auf den Bildschirm. »Ist das vielleicht der Mann?«
Laurenti hob die Augenbrauen. Dean Čuk, geboren am 28.August1965 in Murska Sobota, nahe der ungarischen Grenze im Nordosten des Landes. Den restlichen Text konnte er zwar nicht entziffern, doch die Bilder waren mehr als eindeutig.
»Wie haben Sie ihn so schnell gefunden?« fragte Laurenti.
»Reiner Zufall. Ich war am Freitag abend bei ihm, während meine Leute Ihnen Calamizzi übergeben haben.« Rožman rieb sich zufrieden die Hände. »Ich wunderte mich, wie fett Dean geworden ist, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Er war einmal ein Mann, der vor nichts zurückschreckte, doch jetzt säuft er zuviel, fürchte ich. Das hier ist meine Chance, Laurenti.« Rožman tippte auf den Bildschirm. »Wenn ich ihn schnappe, ohne daß mir mein Vorgesetzter oder die Leute vom Innenministerium in die Quere kommen, bin ich rehabilitiert. Dann können die mir keine Knüppel mehr in den Weg werfen. Sie haben Calamizzi, und ich habe Dean.«
Jetzt war Rožman am Zug. Er umriß kurz seine Strategie und schwor den Commissario mehrfach darauf ein, vorerst die Klappe zu halten. Dann vereinbarten sie, daß Laurenti sich wieder meldete, sobald die Besprechung mit Pausin beendet war.
*
Sonntag, 12 Uhr. Domenico Calamizzi saß ihm im schmucklosen Verhörraum des Untersuchungsgefängnisses gegenüber und grinste blöd. Hinter dem Kalabresen stand ein uniformierter Polizist, der ihn aus der Reihe der anderen Inhaftierten herausgeholt hatte, als diese zum Mittagessen geführt wurden.
»Heute ist der Tag des Herrn, Commissario«, sagte Calamizzi. »Auch Gefangene haben ein Recht auf Sonntagsruhe.«
»Dann legen Sie doch Beschwerde ein, Sie Schlaumeier.« Laurenti war gleich nach der Besprechung mit dem Kollegen aus Koper aufgebrochen, um sich endlich den Kalabresen vorzuknöpfen, der seit Freitag abend im Coroneo saß. Schließlich war die Nummer Deans in seinem Telefon gespeichert –und ebenso in dem des Eichhörnchenausstopfers.
Jure Pausin war mit einiger Verspätung eingetroffen, er war von Jakovce direkt zu einer Krisensitzung in Ljubljana gefahren, die kurzfristig anberaumt worden war. Neue Fakten aber gab es kaum zu berichten. Der Wagen Dukes befand sich bei den Kriminaltechnikern in Ljubljana, die damit beschäftigt waren, die Sprengsätze zu identifizieren.
Weitere Kostenlose Bücher