Die Ruhe Des Staerkeren
Herrscher war mit mir zufrieden und tätschelte mich stolz, dankbar leckte ich seine Hand, die nach Tabak roch. Nach mir kamen noch zwei andere seiner Kämpfer zum Einsatz. Auf der Rückfahrt fehlte einer von ihnen. Ich hatte nicht einmal einen Kratzer.
Das Training veränderte sich. Ab jetzt führten sie mir häufiger größere Gegner vor. Dann kam der Tag, an dem lange der Hof gefegt wurde, kurz darauf stieg ein athletischer Mann aus einer schwarzen Limousine. Er war besser gekleidet als die üblichen Besucher und sprach mit einem komischen Akzent. Die einen nannten ihn Domenico, die anderen Calamizzi oder nur den Kalabresen. Und sie hatten eine Menge Respekt vor ihm. Er wurde begleitet von einem Fachmann namens Karol.
Man machte mich los, führte mich herum, ließ mich springen und laufen, schließlich brachten sie einen Staffordshire Terrier in eine der leeren Stallungen und überließen ihn mir. Danach erhielt ich statt des Nietenhalsbands ein anderes aus neuem weichem Leder. Ein dickes Bündel Bargeld wechselte den Besitzer, der Kofferraum der Limousine wurde geöffnet und mir befohlen, in eine Transportkiste zu hüpfen. Die Fahrt dauerte lange, nur zweimal wurde ich auf einem Autobahnparkplatz herausgelassen und durfte mich bewegen. Mein neuer Herr nannte mich Argos.
Einen Tag vor der nächsten Convention ließ man mich in einem hochumzäunten Garten mit Swimmingpool frei. Zwei Stunden schwimmen, abtrocknen, Massage. Dann setzten sie ein Kaninchen aus, doch bevor ich es erwischte, riß mich eine Kette zurück. Immer wieder. Endlich banden sie es mit einem Seil in zwei Meter Höhe an den dicken Ast einer alten Linde. Und endlich ließen sie mich von der Kette.
Eichhörnchenausstopfer
»Ich habe doch deutlich genug gesagt, du sollst mich nicht anrufen«, zischte Boris Mervec verschlafen ins Telefon. Es war noch dunkel draußen, und der schneebedeckte Bergrücken, auf den er von seinem Appartement am Wörthersee blickte, hob sich nur schemenhaft vom Himmel ab. Er mochte es gar nicht, aus dem Schlaf gerissen zu werden.
»Es ging nicht anders. Manfredi ist tot. Es wurde soeben in den Sieben-Uhr-Nachrichten des Triestiner Lokalfernsehens gemeldet. Allerdings nur ganz knapp, ohne Bilder. Er wurde heute nacht erdrosselt und kurz vor Trieste-Centrale aus dem Zug gestoßen. Auf einer Brücke. Mausetot.« Dean rauchte bereits die fünfte Zigarette und nagte zugleich am Nagel seines rechten Daumens.
»Scheiße«, entfuhr es Mervec so laut, daß die Frau an seiner Seite erschrocken aus dem Schlaf hochfuhr.
»Ich habe keinen Ersatz für ihn«, sagte Dean und hüstelte.
»Die Sache muß trotzdem laufen. Komm sofort her, damit wir das unter vier Augen besprechen können. Kein Wort mehr am Telefon, verstanden!«
»Ich habe jetzt gleich Kunden, und dann sind es noch zwei Stunden Fahrt. Vor eins geht es nicht.«
»Beeil dich. Die Zeit läuft.«
Mervec’ Gesicht war wie versteinert, er legte wütend auf und ging ins Bad. Er hatte alles so perfekt eingefädelt, daß es nicht den geringsten Hinweis auf ihn gab. Und wenn der Job erledigt wäre, würde er auch seinen Handlanger beseitigen, den einzigen, der ihm dann noch Probleme machen konnte. Bei Dean und seinen Partnern in Izola stand Manfredi so tief in der Kreide, daß er keine andere Wahl haben würde, als den Auftrag auszuführen. Und Dean kannte Mervec schon seitzwanzig Jahren. Er hatte ihn persönlich für die UDBA ausgebildet, die ehemalige jugoslawische Geheimpolizei, und ihn zu seiner rechten Hand gemacht. Doch mit dem Zerfall Jugoslawiens und der Auflösung der Einheit strebte Dean eine Karriere beim neu eingerichteten slowenischen Geheimdienst an und landete heftig auf der Schnauze, weil einer seiner Gegenspieler ihn zu guter Kontakte mit den ehemaligen Kollegen sowohl in Zagreb als auch in Belgrad bezichtigte. Dabei hatte er 1994 für die Kroaten nur den Waffenschmuggel über den Flughafen Maribor eingefädelt, mit dem unter den Augen der westlichen Geheimdienste das UN-Embargo umgangen wurde. Und darin waren auch andere verwickelt, die heute höchste Positionen im Staat besetzten. Wie Boris Mervec schuf sich Dean dann auch rasch eine neue Geschäftsbasis. Allerdings trank er immer mehr und war darüber dick geworden, an seiner Zuverlässigkeit jedoch gab es nicht den geringsten Zweifel. Der Coup an der ganzen Sache aber war, daß sich das Attentat jemand ganz anderem in die Schuhe schieben ließ. Niemals könnte es auf Mervec und seine Partner
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