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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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wichtig aus. Sie werden sehen, Kollege, es passiert überhaupt nichts.«
    »Hoffentlich«, knurrte Laurenti und nahm beruhigt zur Kenntnis, daß auch Kommandant Pausin von der Polizeidirektion Koper nervös das Umfeld eruierte und seinen Männern mit kleinen Fingerzeigen Anweisungen gab. Sein Chef aus dem Ministerium aber schien sich eher zu langweilen – wie Biason.
    Im Entree vor dem Festsaal wurde Duke sofort von Bekannten umringt. Zu seinem Schutz hängte Vera sich bei ihm ein, so hielten sie wenigstens auf einer Seite Distanz. Geld zieht an, dachte Laurenti, als er die scharwenzelnden Pinguinebeobachtete, die Duke wenigstens einmal persönlich die Hand schütteln wollten. Laurenti hielt sich in der Nähe und folgte dem Small talk. Es mußte schrecklich sein, als wichtiger Mensch zu gelten, von dem alle etwas wollten. Ein Reporter des kroatischen Fernsehens drängte sich in den Kreis und fragte, wie Duke sich zu den Anschuldigungen auf den Plakaten stellte.
    »Es muß sich um eine Verwechslung handeln«, sagte der mit sanfter Stimme und einem charmanten Lächeln.
    »Werden Sie dagegen juristisch vorgehen?«
    »Warum sollte ich? Eine Anzeige gegen Unbekannt ist lediglich Zeitverschwendung.« Duke trug als einer der wenigen keine Krawatte, sondern einen grauen Rollkragen unterm dunklen Jackett, von derselben Farbe wie seine Handschuhe und sein Haar. Laurenti fiel auf, daß er fast alle um Haupteslänge überragte.
    »Wie stehen Sie zur Erweiterung der Schengen-Zone?«
    »Es war allerhöchste Zeit. Und ich hoffe, daß auch Ihr Land bald Teil der Europäischen Union sein wird. Die Wirtschaft wird davon profitieren und jeder einzelne Bürger. Der Teilung unserer Völker muß eiligst ein Ende gesetzt werden.«
    »Viele sehen dadurch die innere Sicherheit bedroht und haben Angst davor, daß die Kriminalität zunimmt. Und auch Sie werden hier außergewöhnlich beschützt. Ist es wegen der Plakate?«
    »Das ist eine von den Medien erzeugte Angst. Es wird alles besser werden.«
    Duke ging gar nicht auf die Anspielung ein. Er wechselte einen Blick mit Vera und wandte sich von dem Journalisten ab, dann gingen sie in den Saal hinein, in dem die Plätze im vorderen Teil ausschließlich für die Politiker und ihre Kofferträger reserviert waren. Die Riege künftiger Empfänger stattlicher Pensionen, von Bürgermeistern bis Ministern, machte mindestens die Hälfte der Gäste aus. Willkommen Europa.
    Nur die Plätze für die allerwichtigsten Gäste waren namentlich reserviert. Duke und Vera wurden zur Mitte der ersten Reihe geführt. Der fast gefüllte Saal war blumengeschmückt und festlich ausgeleuchtet. Kopfhörer für die Simultanübersetzungen lagen auf den Sitzen, und überall standen kleine Grüppchen sich wichtig fühlender Menschen, die noch wichtigere Dinge miteinander austauschten. Duke reichte Vera das Übertragungsgerät, die hier gesprochenen Sprachen beherrschte er alle. Und dann eilten auch schon die Festredner herein.
    Laurenti hatte sich vier Reihen hinter Duke im Seitenflur positioniert, von wo er das Umfeld gut im Blick hatte. Sonnenbrillentragende Bodyguards mit breiten Schultern, kurzgeschnittenem Haar und dunklen Anzügen standen überall im Festzelt. Wie der Commissario trugen sie Kopfhörer und flüsterten in Mikrofone am Revers ihrer ausgebeulten Jacketts. Laurenti erschrak, als er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürte. Es war Galvano, der sich darüber beklagte, daß er von seinem Platz in einer der hintersten Reihen kaum die Bühne sehen konnte.
    »Du sollst hören, nicht sehen«, raunzte Laurenti.
    »Nimmst du dich dieses Mannes eigentlich persönlich an?« fragte Galvano.
    Bevor Laurenti antworten konnte, begann der erste Redner, der Präsident der Region Friaul-Julisch Venetien.
    »Im vergangenen Jahrhundert hat sich die Grenze hier häufiger verschoben als alle anderen, die unsere europäischen Staaten trennten. Vor allem ist zuviel Blut vergossen worden, um sie zu verteidigen oder anzugreifen. Sie jetzt verschwinden zu sehen, war jahrzehntelang nichts als ein Traum, doch heute ist dies, dank der Europäischen Union, ein Fakt.« Der Mann gab sich alle Mühe, staatsmännisch zu wirken. »Wir müssen eine Zukunft erschaffen, die dem Römischen Reich gleicht«, war sein Fazit.
    Laurenti, der den Mann bisher hochschätzte, rümpfte unmerklich die Nase, und ganz offensichtlich war auch Galvano seiner Meinung.
    »Was redet der da?« brabbelte der Alte zornig. »Das Römische Reich ist

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