Die Ruhe Des Staerkeren
hatte er genug. Anders als bei seinem ersten Mord, als er im Januar 1980 in einer deutschen Bankenmetropole im Auftrag Belgrads am Flußufer einen Exilkroaten aus dem Weg schaffte. Damals jagte er sechs Schüsse in den Mann.
Diesmal genügte einer. Der Lärm des Hubschraubers übertönte den leisen Knall der schallgedämpften Neunmillimeter.
Edvard starb sanft. Wie in Zeitlupe sackte er zu Boden, halb verdeckt von dem niedrigen Busch eines Verkehrsteilers. Dean steckte die Waffe in den Hosenbund, richtete den schlaffen Körper auf und lehnte ihn an einen Baum. Edvard saß so friedlich da, als ruhte er sich aus.
Dean ging zurück zum Wagen, verstaute seine Waffe unter der Fußmatte und eilte zum Festzelt. Anstandslos durchschritt er die Sicherheitsschleuse und suchte sich einen freien Sitzplatz in der letzten Reihe, die nur halb gefüllt war. Die Reden langweilten ihn, doch er blieb sitzen, bis beide Polizeiorchester zusammen die Europahymne anstimmten. Er sah Duke aus dem Saal stürmen, also hatte man Edvard endlich gefunden. Als der Schlußapplaus erklang, ging auch Deanhinaus, bevor sich alle erhoben. Er lächelte freundlich und nickte dem einen oder anderen zu, obgleich er ihn nicht kannte, durchquerte das Vorzelt und nahm befriedigt zur Kenntnis, daß draußen in der Dunkelheit der Verlauf der Absperrung, die den Korridor zum VIP-Parkplatz bildete, bereits verändert worden war und – ohne roten Teppich – in einem weiten Bogen um den Ort führte, wo man Edvard gefunden hatte. Er kam als einer der ersten auf dem Parkplatz an und mußte doch noch einmal seine Einladung vorzeigen, bevor er abfahren konnte. Seine Daten wurden notiert. Im Schrittempo passierte er die Absperrung, hinter der es vor Polizisten beider Länder wimmelte. Duke stand dort und diskutierte wütend mit zwei Zivilpersonen, Edvards Leiche war mit einem Tuch bedeckt. Noch einmal wurde hektisch der Verlauf des Wegs zum Parkplatz verschoben. Man beeilte sich, der Anblick eines Toten sollte den Staatsgästen schließlich nicht die Erinnerung an diesen wunderschönen Tag vermasseln. Dean grinste dreckig. Wenn er den zweiten Teil seines Plans umsetzte, würde sich auch das ändern. Er ging weiter zu seinem Wagen und fuhr langsam zur Ausfahrt.
*
Duke lehnte umgehend den Versuch der Personenschützer ab, ihn in eine gepanzerte Limousine zu bugsieren, die ihn aus der Gefahrenzone bringen sollte. Von Leibwächtern umringt kniete er neben Edvard. Er hatte das Tuch, mit dem der leblose Körper bedeckt war, zurückgeschlagen und hielt seine Hand. Acht Jahre war der Mann an seiner Seite gewesen, nicht einmal zu Vera hatte Duke so großes Vertrauen. Edvard war für ihn fast wie ein Sohn gewesen, blind hatte er sich auf ihn verlassen können, oft war er auf Geschäftsreisen dabei, und sogar im Urlaub wich er nie von Dukes Seite, zu Hause trieben sie gemeinsam Sport oder besprachen Strategien währendlanger Spaziergänge und den Wanderungen bis hinauf auf den Gipfel des Nanos. Und jetzt lag der Mann tot vor ihm. Duke fuhr ihm übers Gesicht und schloß die Augen des Leichnams. Bevor er sich aber erhob, angelte er die Brieftasche und den Schlüssel des Mercedes aus Edvards Jackentasche. Und kaum hatte er sich abgewandt, rückten ihm Biason und sein slowenischer Kollege auf den Pelz. Sie redeten ununterbrochen auf den Finanzinvestor ein, der nur den Kopf schüttelte und ihnen den Autoschlüssel vor die Nase hielt. Sie konnten ihn nicht daran hindern, daß er selbst nach Hause fuhr.
»Meinetwegen eine Eskorte«, sagte Duke scharf, aus seiner Stimme war alle Sanftheit gewichen. »Aber ich fahre. Ich bin geschult, nur Edvard war besser.«
Biason zuckte die Achseln und wandte sich ab, während sein slowenischer Kollege über Funk Anweisungen gab. Dann setzte sich der Pulk um Duke in Bewegung. Laurenti hatte sich in der zweiten Reihe gehalten und dazu gezwungen, sich nicht einzumischen. Der große Zampano hätte ihn gewiß sofort zurückgepfiffen. Jetzt aber bebte er vor Zorn über die Gleichgültigkeit Biasons, der keine Einwände erhob, als sein slowenischer Kollege die Anweisung gab, Duke und seine Begleiterin auf dem gleichen Weg zu eskortieren, den sie gekommen waren.
»Sie haben also recht gehabt«, sagte Duke trocken und mit so leiser Stimme, daß Laurenti ihn kaum verstand. Er hatte seinen forschen Abgang unterbrochen und war vor Laurenti stehengeblieben. Sein Blick war kalt wie Eis. »Finden Sie den Täter! Diese Leute hier taugen alle
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