Die Rumplhanni
selber ein ums andere Mal:
»O i Rindviech!«
Am Nachmittag, da das Ähnl seinen gewohnten Schlaf tut, hockt die Hanni in ihrer Kammer, hat die Tür verriegelt und überzählt ihr Geld. »Fünf Jahr Hausergeld ... hundert Mark von der Muatta,... zwoahundert von dem alten Tropf ...« Zufrieden betrachtet sie die Gold- und Silberstücke, die Scheine. »Hätts enk gar net schiach ausgnomma bei die Geldsäck von an Ödhof!« murmelt sie; »waarts guat zuaweg'standen zu die Hausertaler, zu die Staudnschneiderfuchsen und zu die Ödnhuaberkrandln. Aber ... was net sein konn, konn net sein. Wo der Pfenning gschlagn is, da gilt er nix. Da is's besser, er wandert aus.« Sie räumt ihren Schatz wieder sorgsam zusammen, wickelt alles in ein Taschentuch, steckt es in einen Strumpf, den sie gut zubindet, und verwahrt so ihr Gut in einem großen, alten Samtzegerer, einem Reisesack, den sie mit etlichen Wäschestücken und einem Werktagsfähnlein vollstopft wie einen Koffer. Ihre übrige Habe sperrt sie in die Truhe, auf die sie einen Zettel klebt mit der Aufschrift: Eigentum der Jungfrau Johanna Rumpl von Öd bei Schönau in Bayern. Gewissenhaft muß alles geschehen; denn wer weiß, wo der Wind einen hinreißt!
»Jetz probier i's amal z' Münka«, sagt sie; »und is 's z' Münka nix, nachha geh i auf Berlin, und wenns da aa nix is, nachher roas' i ganz furt. In's Amerika.« Sie nimmt den Spiegel von der Mauer und den Kamm aus der Zigarrenschachtel, in der auch die Seife, das Haaröl und der Schuhlöffel liegen; dann setzt sie sich ans Fenster und beginnt, sich das Haar modisch zu richten und zu stecken. Darauf zieht sie ihr blaues Festtagsgewand an, steckt die schweren, langen Seidenbänder an den Hut, daß sie ihr hinabhängen bis zu den Fersen, wickelt sich in einen dicken roten Wollschal und macht sich also fertig zur Reise. In der einen Hand den Zegerer, in der andern die Kammschachtel, in die sie noch schnell Gebetbuch und Rosenkranz wirft, so steht sie endlich an der Tür und blickt forschend herum. »Vergessen hab i nix. Mein Geldbeutel hab i, mei Schneuztüachl aa; 's Eahl schlaft, und sinst hab i nix mehr z' toan. – Alsdann. Nachher geh i.« Ganz leise schleicht sie aus dem Haus.
An der Stelle beim Wegkreuz, wo sie selbiges Mal dem Simmerl noch den letzten Pfüagood bot, bleibt sie noch einmal stehen, schaut zurück zu den drei Bauernhöfen, zieht die Lippen verächtlich herab und geht dann rasch und entschlossen ihren Weg dahin, der Bahn zu. Rüstig schreitet sie fürbaß auf der tiefverschneiten Straße. Grau und trüb hängt der Himmel über den Hügeln und Tälern des Gaues; aber die Hanni schaut fest hinein in den Nebel und ins Gewölk, indem sie denkt: Du bist mir guat trüab und grob! Bis i auf Münka kimm, werd d' Sunn scho wieder scheina! Und 's Glück aa!
Der Bahnhof zu Ostermünchen steht öd und verlassen, da die Hanni dort ankommt. Etliche Lichter scheinen trüb durch den dichten Nebel, der ringsum schwer über dem Boden hängt, und ein alter Griesgram macht scheltend und brummend seinen Dienst. Die Uhr zeigt auf sieben.
Die Dirn tritt in die Halle und zum Schalter. Mit festem Knöchel klopft sie an die Scheibe. »He da! Eisenboh! I muaß auf Münka!« Ein Ruck, das Fenster wird scheppernd in die Höhe gerissen. Der Kopf des Herrn Bahnvorstands erscheint einen Augenblick in dem Guckloch. »Jetz geht kein Zug!« Rratsch. Der Kopf ist verschwunden, das Guckloch fällt zu. »Nachher wart i halt, bis oana fahrt, Rüappel!« sagt die Hanni gelassen und geht langsam und betrachtend in dem Raume auf und ab.
Nach geraumer Zeit kommt noch einer, der mit möchte – ein Soldat. Den fragt sie: »Wann fahrt er denn scho, der Zug?«
»In ana halben Stund«, sagt der Bursch; »i kaaf mir derweil no gschwind a Halbe, drent, beim Wirt.« Damit läßt er sie wieder allein mit ihren Gedanken, Plänen und Wünschen. Und sie überdenkt kurz ihre Zeit im Hauserhof, spürt noch einmal die Röte und Hitze einer zornigen Scham, die ihr jäh ins Gesicht fährt, da sie überlegt, wie sie den Karren hätt heimgebracht, wenn sie nicht so narret hätt am Zügel gerissen. Nun heißt's wieder von vorn anfangen. Aber: Fang ma halt nomal an! denkt sie. Glei frisch drauf los und mitten eine ins Glück! Wer woaß 's: hat mir koa Bauernhof ghört, werd mir scho a Stadtpalast ghörn, oder gar a Gschloß. Ein leises Lachen kommt sie an. »Is mir net angst! Wenns aa 's erschtemal is, daß i in d' Stadt kimm! Da werds scho aa ein Orts a
Weitere Kostenlose Bücher