Die Rumplhanni
Platzl gebn, wo i hinpaß.«
Etliche Reisende kommen an und bringen die Dirn aus ihren Betrachtungen. Sie löst ihre Karte für die Fahrt. Der Zug fährt ein. »Herrgott!« Ein Riß geht der Hanni durch die Brust!
Aber sie steigt frisch ein und setzt sich breit neben etliche Soldaten, die gleich ihr nach München fahren. Einer von ihnen, ein langer, schwarzäugiger Bursch, schielt sogleich begehrlich zu ihr herüber. »Wo fahrst aus, scheens Kind?«
– »Mit der Postscheesn in Himmi!« sagt die Hanni lachend. Die andern schmunzeln. Der Lange aber meint: »Dees muaß aber a abscheulige Himmelfahrt sein, – so alloanig! – I moan, wennst mi als Schutzengel mitnahmst ...« – »Nachher kaam i ganz sicher in d' Höll! Dees glaab i gwiß! Naa, i fahr liaber oaspanni, nachher werd mir doch mei Gaul net scheuch!« – »Aha, die kennt di, Brüaderl!« sagt dem Langen sein Nachbar. »Die bandelt net gern o mit an sechsfachen Raubmörder!« – »Aber mit so an Schinderhansl, wias du oana bist!« erwidert der andere grimmig; »mit so an boarischn Hias laßt sie si ein! Naa, Frailein, da bleibns scho liaber ledig und wern s' a Klosterfrau! – Dees hoaßt: wanns vielleicht doch a bisserl a Liab hätten zu an ordentlichen Menschen?...« Die Hanni lacht vergnügt. »Dees müaßt i mir wohl erscht no a Zeitl überlegn!« sagt sie; »und bis dahin kunnt i dir leicht z' alt sein.« –
Der Zug hält. Allerhand Leute steigen aus und ein, und die Hanni betrachtet neugierig das Getriebe. Da hört sie hinter sich einen rufen: »Ja, was is denn dees! Der Knittl! Ja, grüaß di Good, Knittl! Wo fahrst zua, alter Pfannaflicker?« Sie fährt erschrocken zusammen. Der Knittl! Der Pfannenflicker! Ihr Vater!
Herrgott, das ging ihr jetzt gerad ab, daß der Alte sie sieht. Ängstlich duckt sie sich zusammen. Hinter ihr sagt der, den sie von Rechts wegen Vater nennen sollt, eben: »Ja, grüaß di Good aa, alter Spezl! Fahrst aa Münka zua?« Er fährt also auch nach der Münchnerstadt! Der Hanni steigt's schwül auf, und sie sucht mit den Blicken die Wagentür. Indes ihre Nachbarn scherzend fragen: »Alsdann, was is 's, scheens Kind? Wer derf mittoa bei dera Himmelfahrt?« Sie antwortet nicht; ihre Lippen pressen sich fest aufeinander, ihre Finger rupfen und zerren an den Fransen des Wolltuchs.
Und jetzt steht er auch schon da, der alte, vollbärtige Krauterer mit dem verpichten Gewand, dem der Schnupftabak in den Barthaaren hängt und das Wasser stetig aus den Augen tropft vom vielen Saufen. »Gibt's da aa koan Platz mehr für an oaschichtigen Handwerksburschen?« Die Hanni steckt den Kopf tief zwischen die Schultern; ihre Hände wischen im Gesicht herum. Aber: – »Jessas ... was siech i ... is dees net ... bist du net ... mei Hanni?« tönt's wie eine Posaun vom letzten Elend an ihr Ohr; »bist du net mei Hanni?... Von der Rumplkathl a Tochta?« Ach, daß kein Spältlein in der Erden, kein Mausloch Erbarmen hat mit ihr! Gibt's denn keine Mauer, die sich herabsenkt vor ihr und sie unsichtbar macht vor ihm, dem alten Tropfen! Schaut nicht schon alles auf sie, auf ihr festliches Gewand – und betrachtet dann ihn und seine Haderlumpen! Ja, man schaut und horcht freilich! Sie spürts deutlich. Und denkt daran, daß sie, die Rumplhanni, zwar wohl das Kind dieser beiden Menschen ist, aber dennoch ein Waisl, das sein Lebtag jede Suppe allein auslöffeln mußte, und jeden Strumpf selber flicken, wenn er ein Loch hatte! Wer hat mir gholfa, wia i als arms Haderlumpadirndl auf Gemeindekosten von ana alten Bißgurrn schlecht gfuttert und schlecht ghalten wordn bin? – Neamd. I selber bin davon. Und daß mi d' Hauserin gnomma hat, is aa koa Werk von dene gwen, die heunt gern Kind zu mir sageten! So denkt die Dirn. Und da der Alte abermals fragt: »He, du, Dirndl! Di moan i! Bist du net d' Rumplhanni von Öd?«, da richtet sie sich straff auf und sagt eisigkalt: »Naa, da bist irr. So hoaß i net.« – »Bist du net beim Hauser von Öd Dirn gwen?« – »I kenn koan Hauser. I bin vo Rosenhoam.« Der Alte schaut sie immer noch an, forschend, fragend, wehmütig, enttäuscht. »Vo Rosenhoam. Ja, nachher hab i falsch gsehgn. Nachher sag i halt: Nix für unguat.«
Er kann sich nur schwer abwenden. Und da ers tut, rinnen ihm die Tränen dick über seine blauroten Backen, und er sagt: »Mei, wenn sie's aa waar,... mit mir kunnt s' alleweil koan Staat macha, mit mir alten Hallodri ...« Damit zieht er ein Schnapsglas aus dem Sack und trinkt, indes
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