Die Rumplhanni
wahrhafti a so, daß i verspielt hab!« Mit einem Satz ist sie aus dem Bett. Hastig legt sie sich an, geht sie hinüber in die Kuchel.
»Eahl!« Das Ähnl kommt eben aus dem Geißenstall, den vollen Milchhafen in der Hand. »Daß d' scho aufstehst, wennst krank bist?« fragt sie. »Weil i zum Dokter muaß«, erwidert die Hanni. »Daß d' überhaupts zu mir kemma bist und net ins Krankenhaus gehst?« – »Weil i denk, daß 's bald wieder geht, wenn i in an andern Platz kimm.« – »Ja, bist denn weg vom Hauser!?« – »Da möcht i scho fragn! Hast es ja net anderscht habn wolln! Hättst mirs ja net vergunnt, daß 's mir aa amal a bissl besser gangen wär!« – »Koan krummen Weg geh i net«, sagt die Alte fest. »Balst aufn graden net Hauserin werst, die Winkelweg führn do danebn, oder gar eini ins Loch ...«
Die Hanni erwidert gar nichts. Sie hockt sich neben den Herd, schaut der Großmutter gedankenlos beim Feuermachen zu, starrt in die flackernden Flammen des Reisigs, in den Rauch, der aufwirbelt und wie ein feines, bläuliches Netz an der Weißdecke hängt, und schlingt die Hände um die hochgezogenen Knie. Und langsam kommt Gedanke um Gedanke, zieht das Erlebte an ihr vorbei, formt sich ein Plan für die Zukunft. Das Ähnl kocht den Kaffee, brummend über die nichtsnutzige Dirn, die einem in den alten Tagen noch lauter Verdruß und keine Freud macht, und gießt doch die schönste Schale für das »Blasl« voll, gibt der »gottvergessenen Schuri« die ganze fette Rahmhaut und setzt sich darnach seufzend mit ihrem Kaffee auf das Spülbänklein.
Die Hanni lacht plötzlich leise. »Eahl, du muaßt mir nachher mein Sach beim Hauser holn!« – »Willst wirkli nimmer weiterarbatn dort?« – »I konn do net!« – »Wann i bitten tät für di?...« – »Untersteh di! Liaber auf der Stell tot sein, als nomal in dees Haus geh!« – »Wo willst nachher aus?« – »Dees werd si scho finden.« Auf ein weiteres Fragen gibt sie der Alten keine Antwort mehr, trinkt hastig ihre Schale leer und geht fort, hinüber zum Ödenhuber.
Und lacht wieder leise. »Is's der net, nachher is's vielleicht der ander«, sagt sie zu sich selber; »und wer i net Hauserin, so wer i vielleicht Ödnhuaberin.« Sie tritt frisch in die Gaststube. Die Resl stellt eben die Salzgefäße auf die Tische. »Guat Morgn!« will sie sagen; da erkennt sie die Rumplhanni. Und denkt an ihren Pauli und an jenen Abend des Abschieds, wo ihn dieses Weibsbild so stocknärrisch gemacht hatte, daß er frei allen Verstand verlor. »Was möchst denn du da?« fragt sie daher die Eintretende unwirsch. »Di net!« erwidert ihr die Hanni und freut sich im stillen aufs neue darüber, daß sie damals die beiden so schön zum Narren haben konnte.
Sie geht hinaus in die Kuchel. Da steht die Leni am Herd und rührt ein Einbrenn zum Voressen. Sie fährt erschreckt zusammen, als sie die Hanni sieht. Eine heiße Röte steigt ihr ins Gesicht, eine plötzliche Angst läßt ihr das Blut im Hals schlägeln. Mariand ... sie werd do net ... was wissen! fährt's ihr durchs Hirn. Und mit unsicherer Stimm fragt sie: »Rumplhanni, was möchst denn?« Die Dirn tut freundlich: »Dei Muatta möcht i; grüaß di Good, Leni! Bist scho fleißi?« Gottlob!... »Tuats scho, Hanni! Grad, was sei muaß. D' Muatta werd glei kemma. Magst di net niederhocka derweil?« Sie schiebt ihr einen Hocker hin.
Die Hanni setzt sich: »I bin so frei, bals verlaubt is, Leni. Was is's mitn Kriag? Habts vom Jackl scho Nachricht? Geht's eahm guat?« – »Ja.Geht eahm alleweil no guat ...«, sagt die Leni.
Da kommt die Ödenhuberin. Die Hanni steht sogleich auf. »Grüaß di Good, Wirtin.« Die Ödenhuberin blinzelt erstaunt: »Was will denn die da?« Sie schaut mit einem Gemisch von Hochmut und Mißtrauen an der Hanni hinunter. »Ganga bin i drenten«, sagt diese. – »Na – und?« Eiskalt ist der Ton dieser Frage. – »Und jetz möcht i zu dir. Grad mit Fleiß. Grad, daß i s' tratzen konn, dee da drent.« Die Leni fährt herum. Die Ödenhuberin verzieht die Mundwinkel ein wenig. Ihre Ohrgehänge zittern leise. »So, zu mir möchst. Aha!« Wie das durchgeht! Wie eine Messerspitz durchs Fleisch! Der Hanni ist nicht wohl zumut dabei. Aber sie lacht doch ihr helles, freundliches Lachen und sagt: »Ja, grad extra. Daß er si recht gift', der Hauser.« Die Wirtin wischt mit der flachen Hand etliche Brosamen von der Anricht. »Und du moanst, daß i di glei mag?« – »Ja no ... Zfriedn waarst mit mir.«
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