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Die Rumplhanni

Die Rumplhanni

Titel: Die Rumplhanni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Christ
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Häusern und Läden, die Gassen, Plätze und Winkel, schaut auf die Schilder, welche ihr deren Namen weisen, und horcht auf die Rufe der Franzi, die ihre Waren mit beredten Worten anzubieten versteht. »Madam! Schöne goldgelbe Zitrona, viere a Zehnerl! – Geht nix ab? – Zuckersüaße Oranschen, Herr Nachbar! – Nehman S' Eahna a paar mit! Fünfe um a Zwanzgerl, Herr! – Neue Nuß! Nix gfällig?« Freilich geht das Geschäft nicht reißend; aber sie kommen auf ihrer Reise doch auch an Plätzen vorbei, wo sie binnen weniger Minuten mehr verkaufen als anderswo in einer Stunde. »Dees muaß i mir merka«, meint die Hanni; »daß i die Plätz no woaß, wann i amal verkaaf. Überhaupts sollt ma glei bloß dahin fahrn, wo si was rührt!«
    Aber im selben Augenblick kommt einer, den die Dirn noch gut erkennt als einen Wächter der Gesetze; und sie begreift es schnell, warum ihre Wirtin so geschwind den Karren um die Ecke schiebt und im Trab die nächsten Straßen durcheilt. Ja ja. Breit ist die Straße – zum Verderben; aber es wohnen halt die reichen Leute dort! Und die Franzi meint: »Ja no! Allemal, wenn i mei Straf wieder abgsessen hab, gib i a Zeitlang Obacht auf die Vorschrift. Aber wenn i siech, wia meine Kinder hungri sand und d' Apothekn oa Markl um dees ander frißt für mein Kaschban seine Trankerl – mei, da wird oan alles wurscht. Da hoaßts halt: Hast a Geld? Und balst koans hast, bist verratzt und verkaaft vom Anfang bis zum End. Is 's vielleicht anders? Bringst an Schratzn auf d' Welt – dees erschte is, daß d' Hebamm fragt: Hast a Geld? Wenn s' aa net mit Worten fragt; mir gspürts scho, wann s' siecht, daß ma koans hat. Nachher laßt a so a Grischberl taafa; mei, 's Wasser kost't freili nix. Aber – der Pfarrer möcht lebn, und der Meßmer möcht lebn, und der Magischtrat und d' Gmeinde aa. 's Heiratn ham s' oan aa net umasonst erlaubt; und balst amal einefallst in d' Gruabn, und brauchst an Nasendetscher und an Ewigkeitsfiaker, nachher tat not, du hättst als a Toter no an Geldbeutl in der Hand. Ja ja. – Is mir heunt scho angst, wenn mei Kaschba amal dro glaabn muaß. Bis i dees beinand hab, derf i mi no oft einsperrn lassen! Denn i möcht 'hn doch scho dritter Klass' eingrabn lassen, wenns a bißl geht. – Gnä Frau, was geht ab? Der Karfiol? Sechzig, gnä Frau. – Sonst noch was gfällig? – I dank schön, gnä Frau. A andersmal wieder d' Ehr!« Einmal kehrt die Franzi mit der Hanni auch ein während ihrer Handelsfahrt. Drunten beim Markt und Dultplatz, im Blauen Bock. Da sitzen sie beieinander, die Karrenschieber, essen ihren Brocken Wurst oder Käs, trinken ihre Maß und schwatzen sich die Galle weg, die ihnen so oft im Tag übergeht, wegen der War, wegen der Kundschaft und wegen des Wortes: Verboten. Und die Hanni lernt das Geschäft kennen; den Großhändler, die Reißer und Schlager unter der Ware, die Kundschaft und das Gesetz mit seinen Vertretern. Sie horcht genau auf die Rede des alten, dicken Kartoffeltobias, verfolgt die Ausführungen der rothaarigen Blumenhändlerin und überlegt, was man für die nächsten Tage ankaufen könnt, um wenig zu setzen und viel zu gewinnen.
    So lebt sie sich gemach ein in den Beruf ihrer Hauswirtin, der Weinzierlfranzi, und wird schließlich deren Vertraute und rechte Hand. Und das Häusl draußen an dem Berghang wird allmählich hell und freundlich, die Kinder hängen an ihr, dem Baserl, die Hunde springen ihr entgegen, die Geiß kennt sie, und der dahinsterbende Weinzierl macht zufrieden die eingebrochenen Augen zu, wenn ihm die Hanni die Kissen aufschüttelt und die Kammer hinausfegt. – Die Weinzierlin aber geht dahin, wo sie als tote Nummer einer Zelle den grauen Kittel der Verbrecher trägt, Socken strickt und Tüten klebt, Böden schrubbt und Wäsche reibt gegen einen Taglohn von vielleicht zwölf Pfennigen, bis sie den letzten Heller ihrer Strafmandate abgesessen hat.

    Josefi! Der Tag aller Sepperl und Pepperl! »Heut geh i mit Bleame«, sagt sich die Hanni am Tag vor Josefi; »denn heut bring i sicherli mehr Veigerl und Schneeglöckerl o als wia Blaukraut und gelbe Rüabn.« Und sie legt ihr gutes Gewand an, nimmt den weiten Armkorb statt des Karrens und läuft zur großen Markthalle, wo sie bald das Rechte findet: Anemonen, Schneeglöcklein, Nelken und Veilchen. Auf einer Bank nahe der Isar bindet sie geschwind eine Menge kleiner Sträußlein, und dann eilt sie mit dem Korb stadteinwärts, belebten Straßen zu und großen Häusern.

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