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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Sie konnte nichts Bestimmtes in ihm lesen, außer dass er nicht mehr der Mann war, der unter Mithils Sturz wie Hilfe suchend ihren Namen gerufen hatte. Und er schwieg. Zumindest vorläufig hatte er sogar die Sprache verloren.
    Linden gestattete sich endlich, sich nach dem Steinhausener umzudrehen. »Entschuldige, Liand.« Sie wischte sich Tränen aus den Augen, die vom grellen Sonnenlicht kamen. »Mit Anele ist dort drinnen etwas passiert.« Sie musste noch immer schreien, um sich verständlich zu machen. »Er hat sich verändert. Auf einmal hat er vernünftig gewirkt.« Obwohl alles, was er gesagt hatte, verrückt geklungen hatte. »Aber jetzt ist nichts davon übrig. Ich weiß nicht, was über ihn gekommen ist.«
    »Aber dir fehlt nichts?«, fragte Liand drängend.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe nur Angst. Hier sieht alles ...« Ihre Handbewegung umfasste den Himmel, die Berge, die Hügel. »... so normal aus.« Unberührt. »Wie das Land eigentlich aussehen sollte. Aber die Dinge, die Anele gesagt hat ...« Sie erschauderte. »Er war zu Tode erschrocken. Er sieht Gefahren, von denen ich noch nicht einmal gehört habe.«
    Jetzt waren sie wieder fort, hinter seiner Verrücktheit weggesperrt.
    Liands Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Die Meister!« Das Brausen des Wasserfalls übertönte seine angewiderte Stimme beinahe. »Dem Land drohen schreckliche Gefahren, und sie erzählen uns nichts davon.« Dann nahm er die Schultern zurück. »Ich wäre sehr befriedigt, wenn wir ihnen entkommen könnten. Wir müssen unseren Aufstieg beginnen. Solange wir über diese deckungslosen Hügel ziehen, können wir noch gesehen werden.« Stirnrunzelnd fügte er hinzu: »Dein Gewand ist wegen seiner Färbung leicht zu entdecken.«
    Linden brauchte keine weitere Aufforderung, das Tosen des Wasserfalls, das ihre Sinne betäubte, hinter sich zu lassen.
    Liand hatte sein Pferd in der Nähe zurückgelassen, die Zügel lediglich mit einem Felsbrocken beschwert. Als er die Wolldecke auswrang, mit der er Somo die Augen verbunden hatte, sagte Linden plötzlich: »Pack sie nicht wieder ein. Ich kann sie brauchen, um meine Bluse zu bedecken.« Die Decke war feucht, aber vielleicht wärmte sie doch.
    Liand nickte zustimmend und hielt sie ihr hin. Sobald sie sich die grobe braune Wolldecke um die Schultern gehängt hatte, kehrte sie zu Anele zurück, doch der Alte reagierte weder auf ihre Gegenwart noch auf ihre Stimme, überließ ihr aber wieder seinen Arm. Linden zog ihn hinter sich her, als sie die vor ihnen liegende Steigung in Angriff nahm. Während Liand, der Somo jetzt am Zügel führte, ihr mit einigen Schritten Abstand folgte, hielten sie auf die Kluft im Felsgestein zu.
     
    *
     
    Ihr Weg führte nach Westen durch die übereinander aufgetürmten Vorberge. Weiter in dieser Richtung, entlang der Nordflanke des Gebirges, glichen die niedrigeren Berge knotigen Fingern, die zum Talboden hinabreichten und das Tal auseinander zogen; zwischen den Fingern lagen tief eingeschnittene Seitentäler und Schluchten. Hier gegen Talschluss fielen die Hänge jedoch gleichmäßiger ab, waren unterhalb der Steilwände wie ein Faltenrock drapiert. Immerhin blieben Linden, Liand und Anele die jähen Auf- und Abstiege der nordwestlichen Vorberge erspart. Trotzdem war ihr Aufstieg kräftezehrend. Die harten Gräser und vom Wind verkrümmten niedrigen Sträucher, die sich an die Hänge klammerten, wurzelten nicht immer fest genug, um dem Druck ihrer Füße standzuhalten, und sie mussten sich oft wieder aufrappeln, wenn sie abgerutscht waren. Gleichzeitig wurden die Hänge immer steiler, während immer weniger Vegetation die dünne Schicht Erde festhielt. Für einen Riesen wäre die Entfernung zwischen Mithils Sturz und dem fächerförmigen Geröllfeld unterhalb der Kluft vielleicht nur einen Steinwurf weit gewesen; aber auch nachdem Linden und ihre Gefährten sich eine Stunde lang abgemüht hatten, hatten sie ihr erstes Zwischenziel noch nicht erreicht. Aus der Umgebung von Steinhausen Mithil mussten sie noch zu sehen sein. Bis sie die Deckung der Kluft erreichten, konnten sie nur hoffen, dass sie aus solcher Entfernung zu kleine Punkte darstellten, um entdeckt zu werden.
    Linden ließ die Wolldecke von ihren Schultern gleiten, während sie einen Augenblick rastete. Ihre Atemzüge waren ein tiefes Keuchen geworden, und ihre Knie zitterten bei jedem Schritt. Sonnenschein und Körperwärme hatten nicht nur die Decke, sondern auch ihre Kleidung

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