Die Runen der Erde - Covenant 07
herbei. So erzielte die Verzweiflung des Landschmeißers wenigstens diesen einen Sieg. Während die Urbösen und Wegwahrer überlebten, wurden die Dämondim hinfortgefegt.«
»Auch das vergessen die Ramen nicht«, warf Mähnenhüterin Hami gelassen ein. »Wir haben Wegwahrer und Urböse kennengelernt. Damals waren die Urbösen von ungewöhnlicher Grausamkeit beseelt, und das ganze Land fürchtete sie. Aber sie waren sterblich geworden und konnten getötet werden.« Aus ihrem Tonfall sprach befriedigtes Erinnern. »Zahlreich waren die Urbösen, die unter den Händen von Ramen endeten.«
Stave nickte. »Trotzdem hatte ihre Zahl abgenommen, denn beim Ritual der Schändung kamen selbst Wesen wie Urböse und Wegwahrer um. Vieles von der schwarzen Lehre der Bösen und Dämondim ging auf sie über – und vieles war unwiederbringlich verloren. Das wussten die neuen Lords, denn die Zahl der Wegwahrer und der Urbösen ging weiter stetig zurück. Tatsächlich waren beide die Letzten ihrer Art. Sie zeugten keine Nachkommen, und wenn sie getötet wurden, folgten ihnen keine gleichartigen Lebewesen nach.«
Linden wand sich von plötzlichem Unbehagen erfasst in den Armen des Haruchai. Er schien andeuten zu wollen, die Erfolge der Ramen gegen die Urbösen wären nicht möglich gewesen, wenn das Wissen der Dämondim-Brut unverändert überliefert worden wäre.
Die Mähnenhüterin reagierte scharf. »Willst du uns deswegen herabsetzen, Bluthüter? Glaubst du, dass die Kämpfe weniger erbittert geführt und unser Blut weniger freizügig vergossen wurde, nur weil die Kampfkraft unserer Feinde abgenommen hatte? Viel hat sich verändert, seit die Bluthüter in den Dienst Fangzahns getreten sind. Ihr seid jetzt ›Meister‹ und eine Gefahr für alte Männer. Trotzdem sehe ich, dass die Arroganz deines Volkes nicht abgenommen hat.«
Linden ächzte innerlich. Sie konnte sich nicht vorstellen, was die fast subkutane, unter der Haut sitzende Feindseligkeit zwischen Stave und den Ramen hervorgerufen hatte. Sie waren sich erst heute begegnet; sie konnten einander nicht kennen. Der Groll zwischen ihnen musste mehrere tausend Jahre alt sein.
Staves Antwort klang jedoch durchaus höflich; er schien sogar einlenken zu wollen. »Du verstehst mich falsch, Mähnenhüterin. Ich spreche nur von Urbösen und Wegwahrern, nicht von Ramen. Der Kampfesmut der Ramen stand außer Zweifel, und ihre Hingabe an die Ranyhyn hat sich als größer erwiesen als die Treue der Bluthüter.« Aber dann wurde seine Stimme härter. »Trotzdem ›beharren‹ wir darauf, dem Land weiter zu dienen.
Und was ist aus den Ramen und ihrer Hingabe geworden? Während das Sonnenübel herrschte, haben sie die Ranyhyn aus dem Land abgezogen. Das war ein weiser Entschluss, denn die Ranyhyn mussten erhalten werden. Aber seither sind viele Jahrhunderte vergangen – und wo sind die großen Pferde?
Die Ramen sind geblieben. Das sehen wir. Sie leben im Geheimen in diesen Bergen – zu Zwecken, die ebenfalls geheim bleiben. Aber was ist mit den Ranyhyn? Haben auch sie überlebt, Mähnenhüterin? Sind sie in irgendeinem unwirtlichen Gebiet eingegangen? Sind sie von ihren Ramen von einem Verderben ins andere geführt worden? Oder seid ihr ohne sie zurückgekehrt, weil ihr ihnen das Geburtsrecht ihrer wahren Heimat verweigern wollt?«
Linden erwartete eine aufgebrachte Antwort der Mähnenhüterin; stattdessen hörte sie nur das leise Scharren nackter Füße, deren harte Sohlen über Stein glitten. Das sie umgebende Dunkel erschien ihr plötzlich bedrohlich, die Kälte durchdringender als zuvor. Im letzten Widerschein des Abendlichts sah sie, dass Urböse sich zwischen sie und die Ramen drängten. Sie bellten sich gegenseitig – oder sie – scharf an, aber Linden konnte sie nicht verstehen.
Ach, verdammt.
Sie bemühte sich, einen Konflikt zu vermeiden, indem sie fauchte: »Stave, halt! Setz mich ab. Das können wir nicht brauchen. Die Ramen versuchen uns zu helfen. Was willst du mehr?«
Der Haruchai setzte seinen Aufstieg noch einige Sekunden lang schweigend fort. Dann wurde er plötzlich von einem Wall aus Urbösen aufgehalten. Die schwarzen Kreaturen blockierten seinen Weiterweg völlig.
Er blieb ihnen zugewandt stehen und stellte Linden langsam auf die Beine. Liand war sofort an ihrer Seite, als sie Mühe hatte, auf dem unebenen Boden das Gleichgewicht zu bewahren. Linden fürchtete, sie würde zwischen den schwarzen Wesen rote Klingen aufblitzen sehen, aber die Nacht blieb so
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