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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wenige Augenblicke später kehrten einige von ihnen mit Holzklötzen zurück, die offenbar als Sitze dienen sollten, und stellten sie in der Mitte der freien Fläche in kleineren Kreisen auf. Linden erkannte bald, dass dies die Vorbereitungen für ein gemeinsames Mahl waren. Im einfachen Leben der Ramen galt dieser Anlass vermutlich als eine Art Festmahl. Linden schüttelte stumm den Kopf. Sie brauchte kein Festmahl; sie brauchte Ruhe und Erholung. Liand wollte mit ihr reden, das sah sie ihm an. Zweifellos hoffte er, sie könnte seine Verwirrung zumindest etwas mildern. Und Stave wäre vielleicht bereit gewesen, seine unerwartet gleichgültige Haltung zu erläutern. Aber sie hatte von beiden erst einmal genug. Indem sie ihre Gefährten ebenso ignorierte wie die Aktivitäten der Seilträger, sank sie auf einen der Holzklötze, stützte beide Ellbogen auf die Knie und verbarg ihr Gesicht in den Händen.
    Sie musste nachdenken. Gott, sie musste ...
    Lord Foul hatte sie zu Heilerde geführt – und dann Kresch geschickt, um sie zur Strecke bringen zu lassen. Er hatte jegliche Verantwortung für den Einsturz des Kevinsblicks und die Zäsuren abgelehnt.
    Ein Elohim war nach Steinhausen Mithil gekommen und hatte die Dorfbewohner vor Halbhand gewarnt, obwohl Thomas Covenant seit langem tot war und Jeremiah für niemanden eine Gefahr darstellte.
    Anele hatte wiederholt von Skurj und einem Gewahrsam gesprochen. Irgendein Wesen, das der Elohim Kasteness gewesen sein konnte oder nicht, hatte ihm befohlen, nicht darüber zu sprechen, was die Steine des Felsgrats ihm erzählt hatten. Kasteness selbst hätte seit Zehntausenden von Jahren seines Namens entledigt, seiner Wahl und seiner Zeit beraubt sein müssen.
    Die Ramen beabsichtigten, ihre Gefährten und sie auf die Probe zu stellen. Sie schienen die Ranyhyn irgendwo verloren oder verlassen zu haben, obgleich sie früher als Diener der großen Pferde untrennbar an ihnen gehangen hatten. Und Hami hatte mehrmals weitere Geheimnisse angedeutet.
    Irgendwie waren die Urbösen Lord Fouls Versuchen entgangen, sie auszurotten. Linden glaubte jetzt, dass vielleicht sie es gewesen waren, die ihr die Flucht aus Steinhausen Mithil ermöglicht hatten.
    Der Verächter hatte Jeremiah in seiner Gewalt. Der Stab des Gesetzes war verschollen.
    Anele behauptete, der Sohn Sunders und Hollians zu sein, die vor dreieinhalbtausend Jahren gestorben waren.
    Und irgendwo im Land waren Roger Covenant und seine geistig umnachtete Mutter unterwegs und sannen ebenso eifrig auf Zerstörung wie Lord Foul selbst.
    Das war zu viel, einfach zu viel. Linden konnte nicht alles in sich aufnehmen oder sich darin zurechtfinden. Da sie nichts verstand, konnte sie nichts tun. Covenant war tot – und mit ihm ihre Träume, ihre Illusionen. Anele sprach nur, wenn sein Wahnsinn es ihm gestattete, und auch dann halfen seine Enthüllungen ihr nicht weiter. Und Stave, so vermutete sie, wusste nicht viel mehr als sie selbst. Indem die Meister die Vergangenheit des Landes negiert hatten, hatten sie sich selbst negiert.
    Vielleicht hatte Liand recht, wenn er vermutete, dass sie sich davor fürchteten zu trauern.
    Sie brauchte kein Festmahl, auch keine weiteren Geschichten. Sie hatte auch keine Verwendung für nicht näher benannte Proben, auf die sie gestellt werden sollte. Teufel, sie brauchte dieses Leben kaum. Sie hatte bereits ein Einschussloch in ihrer Bluse.
    Sie brauchte Hilfe.
    Als sie schließlich wieder den Kopf aus ihren Händen hob, sah sie Anele am Rand des Platzes zwischen den Wohnstätten im Gras stehen. Sein blindes Gesicht leuchtete wie im Fieber, und sein ganzer Körper schien sich in ihre Richtung zu konzentrieren. Er winkte sie zu sich heran, als hätte er ihre Gebete gehört und wollte sie beantworten.
    Linden spielte kurz mit dem Gedanken, den Alten zu ignorieren. Vermutlich würde er sie nur noch mehr verwirren. Selbst aus dieser Entfernung erkannte sie jedoch, dass sein Wahnsinn in eine Phase eingetreten war, die sie bisher nicht kannte. Er befand sich in den Klauen einer so dringenden Absicht, dass er fast außer sich war.
    Während Linden über ihre Zwangslage nachgedacht hatte, war die Abenddämmerung über das Tal herabgesunken. Die Bergketten verbargen die Sonne vor dem Land, und ihre Schatten erfüllten die Luft mit düsteren Vorahnungen. Von den Höhen sickerte heimlich Kälte herab. Die Ramen würden bald soweit sein, dass sie ihr Mahl mit den Neuankömmlingen teilten, und danach würden sie auf

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