Die Runen der Erde - Covenant 07
sie schweigend, ernst, als bereiteten sie sich darauf vor, ein Urteil über sie zu sprechen.
Zuletzt nickte Hami zu dem Haruchai hinüber.
»In deinem Namen, Ring-Than, wollen wir auch den Bluthüter Stave begrüßen. Unser Groll gegen seinesgleichen ist alt und tief in uns verwurzelt. Aber die Bluthüter waren lange Fangzahns Feinde, bevor sie von ihrem Treueschwur abgebracht wurden. Deshalb wollen wir ihn nicht zurückweisen, obwohl die Schlaflosen sich jetzt zu Meistern aufgeschwungen haben und die Bevölkerung des Landes unterdrücken.«
Stave stellte sich den forschenden Blicken der Mähnenhüter mit ausdrucksloser Miene. Linden konnte seine Emotionen nicht lesen, aber seine Aura war derb und kompromisslos wie eine geballte Faust.
Sie sprach noch immer nicht. Ohne besonderen Grund fragte sie sich, ob hier im Tal Urböse leben mochten. Hatten diese finsteren Gestalten irgendwelchen Einfluss auf die Haltung der Ramen? Woraus bestand die Verbindung zwischen ihnen? Die Verbindung, die Hami verbergen wollte?
Die Frau erwiderte Lindens sorgenvollen Blick nachdrücklich. »Trotzdem muss ich deutlich sagen, dass alle Ramen sich gegen euch stellen werden, wenn ihr eure Proben nicht besteht.« Ihre Stimme klang erneut leicht wiehernd. »Gebraucht ihr keine Gewalt, wird keine gegen euch angewandt. Wir behandeln euch so freundlich, wie es uns möglich ist. Aber ihr dürft uns nicht mehr verlassen. Wir halten euch auch gegen euren Willen fest, damit das Land nicht Gefahr läuft, verraten zu werden.«
Nun machte die Mähnenhüterin eine Pause, als erwarte sie eine Reaktion.
Stave gestattete sich ein verächtliches Schnauben. »Du spielst ein falsches Spiel mit uns, Mähnenhüterin. Als du uns hergelockt hast, war nicht die Rede von irgendwelchen Proben.«
»Meister«, antwortete Hami, »in deinen Adern kreist die Vergangenheit der Bluthüter. Wie, glaubst du, sollen wir uns beraten können, wenn wir uns nicht gegenseitig auf die Probe stellen?«
Unerwarteterweise nickte der Haruchai. Er schien diese Antwort zu akzeptieren; vielleicht verstand er sie sogar.
»Linden?«, fragte Liand beinahe flüsternd. »Was weißt du darüber? Sie wollen sich doch nicht im Zweikampf mit uns messen? Ich kann mich wie jeder Steinhausener meiner Haut wehren, aber mit ihrer Geschicklichkeit komme ich nicht mit. In dieser Beziehung hat sie mich richtig beschrieben.«
Linden schüttelte den Kopf, weil zu viele Fragen gleichzeitig auf sie einstürmten. Aber Mähnenhüterin Hami gab ihr keine Gelegenheit, sie zu beantworten.
»Ring-Than«, fragte sie förmlich, »Linden Avery die Auserwählte, erklärst du dich mit allem einverstanden, was ich gesagt habe?«
Linden hatte das Gefühl, ihr bleibe keine andere Wahl; sie habe seit ihrem Erscheinen auf dem Kevinsblick nichts getan, um ihren eigenen Kurs zu bestimmen oder Jeremiah zu helfen. Aber die Besorgtheit aller Mähnenhüter und ihr prinzipielles Wohlwollen waren offenkundig; eindeutig und fast mit Händen greifbar. Sie hatte keine Ahnung, weshalb die Ramen beschlossen hatten, sich so zu verhalten; trotzdem hatte sie nichts von ihnen zu befürchten, auch wenn sie scheinbar noch so bedrohlich wirkten.
»Mähnenhüterin«, erwiderte sie ebenso förmlich, »das tue ich. Was euch Sorgen macht, weiß ich nicht. Ich hoffe, dass ihr es erläutern werdet. Aber ich respektiere eure Vorsicht. Ich bin mit allem einverstanden, was ihr vorschlagt.« Dann fügte sie hinzu: »Anele habt ihr bereits akzeptiert. Und ich glaube, dass Liand sich mir anschließen wird.« Sie wartete sein Nicken nicht ab; sie verließ sich darauf, dass er ihrem Beispiel folgen würde. »Was Stave betrifft ...« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe den Eindruck, dass er besser weiß als ich, was hier vorgeht. Ihm dürfte eine Herausforderung willkommen sein.«
Tatsächlich schien der Haruchai jedoch das Interesse an den Ereignissen um sich herum verloren zu haben. Er stand mit locker herabhängenden Armen da und ließ seinen Blick auf die Berge gerichtet, als hätte er beschlossen, auf das Erscheinen von jemandem oder etwas zu warten, der oder das seiner Aufmerksamkeit eher würdig sei.
Dann verbeugte Hami sich nach Art der Ramen, und als Linden ihre Verbeugung erwiderte, schien die Anspannung der versammelten Mähnenhüter sich etwas zu lösen. Auf ein Wort Hamis hin wandten die Mähnenhüter sich den sie umstehenden Seilträgern zu, deren Ring sich sofort auflöste, als die Ramen zielbewusst davonhasteten. Schon
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