Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
beeilte Linden sich, ihn einzuholen und festzuhalten.
    Er kämpft gegen mich.
    Das Wesen, das jetzt von Anele Besitz ergriffen hatte, hatte einen Fehler gemacht. Es hatte sich in ihrer Reichweite manifestiert.
    Linden hatte Angst, Vorsicht, Gefahr vergessen. Sie wollte ihren Feind kennen – wenigstens diesen einen. Und wenn sie es irgendwie vermochte, wollte sie Aneles gequälte Seele von seiner Gegenwart befreien.
    Anele machte nach wenigen Schritten auf der freien Fläche halt, und sie holte ihn fast sofort ein. Ohne im Geringsten zu zögern, packte sie ihn an der Schulter, damit er sich ihr zuwandte; damit sie das Wesen, das von ihm Besitz ergriffen hatte, in seinen blinden Augen sehen konnte.
    Selbst durch sein schmutziges Gewand hindurch verbrannte seine Körperhitze ihr die Finger.
    Von den Seilträgern kamen überraschte und warnende Rufe; Mähnenhüter hielten plötzlich ihre Garrotten in den Händen. Linden zuckte instinktiv zurück. Aneles altes Fleisch war zu Flamme, zu weißer Glut geworden. Er strahlte jäh Hitze ab wie ein Lavastrom.
    Die brennende Wildheit des Wesens in seinem Inneren hätte ihn verkohlen lassen müssen, doch Erdkraft umgab den Alten wie ein Kokon, und das feurige Wesen, das von ihm Besitz ergriffen hatte, konnte ihm nicht schaden.
    Linden hielt verzweifelt Covenants Ring umklammert, als Anele den Kopf in ihre Richtung drehte, aber dann erstarrte sie, durch seine Erscheinung zur Hilflosigkeit schockiert.
    Anele machte einen einzigen raubtierhaften Schritt auf sie zu. Dabei riss er den Mund unglaublich weit auf; seine wenigen Zähne hoben sich deutlich vor seinem Rachen ab, in dem es wie in einem Hochofen glühte. Aus dem Höllenpfuhl seiner Kraft hauchte er Linden direkt ins Gesicht, und sein Atem traf sie wie der Gluthauch eines Lava-Sees, wie die Ausdünstung eines Vulkans. Ihre Wimpern und Augenbrauen waren sofort versengt. Die Haare, die ihr Gesicht umrahmten, kräuselten sich und stanken nach verbranntem Horn; ihr Sonnenbrand schmerzte fast unerträglich. Selbst die Luft um sie herum schien einige Augenblicke lang in zuckenden, blendend hellen Flammen zu stehen.
    Linden brach bereits zusammen, als Stave hinzusprang und den Alten mit einem Faustschlag zu Boden streckte.
    Aneles Hitze verschwand so schlagartig, dass Linden fürchtete, Stave habe ihm das Genick gebrochen.

12

Die Grenze des Wanderns
     
     
    Für kurze Zeit verfiel Linden, die fast glaubte, durch ein Übermaß an Schmerz und Verwirrung verrückt werden zu müssen, selbst in eine Art Wahnsinn. Auf der ganzen Welt gab es keine Worte, die ihre Verzweiflung hätten schildern können. Auf Befehl von Mähnenhüterin Hami drängten mehrere ihrer Seilträger Stave von dem niedergestreckten Alten ab. Die Mähnenhüterin untersuchte Anele rasch, überzeugte sich davon, dass er nicht mehr voller Feuer war, und versicherte Linden dann, er sei nicht erschlagen, sondern nur bewusstlos. Vier Seilträger hoben ihn auf und schafften ihn fort, aber Linden sah ihm nicht nach. Sie begriff kaum, was um sie herum vorging.
    Covenant hatte versucht, sie von jenseits des Todes zu erreichen. Sein Geist lebte irgendwo innerhalb der weit gespannten Möglichkeiten des Bogens der Zeit weiter. Unter anderen Umständen hätte sie es als tröstlich empfunden, dass er versucht hatte, sich mit ihr in Verbindung zu setzen; dass er sich bemüht hatte, ihre Gebete zu beantworten ... Aber er war so gewaltsam weggestoßen worden. Irgendeine brutale Macht hatte ihn fortgedrückt, als sei er gänzlich unbedeutend, irgendeinem bösen Wesen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Ebenso, wie Jeremiah sich in Lord Fouls Gewalt befand ...
    Lindens Blick war von Tränen verschleiert; sie konnte sie nicht zurückhalten. Selbst wenn sie die Augen schloss, flossen sie ungehindert weiter. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ihr verschollener Geliebter ihr zu helfen versucht hatte und zum Schweigen gebracht worden war.
    Finde mich.
    Liand kniete an ihrer Seite; er sprach leise zu ihr, bemühte sich, sie irgendwie zu trösten. Stave stand in der Nähe, ohne auch nur einen Anflug von Bedauern erkennen zu lassen. Zweifellos glaubte er, sie und die Ramen vor einem frühen Grab bewahrt zu haben. Vielleicht hatte er das sogar getan. Linden wusste es nicht; und es war ihr auch egal.
    Es ist passend. Es ist richtig. Du bist die Einzige, die es schaffen kann.
    Covenants Versicherung konnte sie jetzt nicht trösten – nicht mehr, seit sie gesehen hatte, was mit Anele

Weitere Kostenlose Bücher