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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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sie sich unsicher fühlte. Sie hatte in ihrem Leben viel getan – viel erlitten, viel erreicht –, aber in diesem Augenblick war ihr bewusst, dass sie es niemals elegant getan hatte. Wie bei Covenant wirkte alles, was sie tat, angestrengt und gestelzt; mühevoll.
    »Danke, dass du gekommen bist«, antwortete sie auf die stumme Frage in Hamis Blick. »Du hast bestimmt viel zu tun. Aber es gibt einige Dinge, bei denen du mir vielleicht helfen kannst. Darf ich dir ein paar Fragen stellen?«
    Die Mähnenhüterin verbeugte sich erneut, diesmal weniger förmlich. »Ring-Than«, sagte sie lächelnd, »deine Höflichkeit ehrt uns. Aber du brauchst nicht zu zögern, wenn du Fragen hast. Die Ranyhyn haben dich akzeptiert; daher bist du uns ohne Einschränkung und Vorbehalt willkommen.«
    Dann zeigte sie auf die Mitte des Lagers. »Komm. Wir wollen uns unter freiem Himmel versammeln, damit die Berge Zeugen unserer Freundschaft werden. Du wirst dein Fasten brechen, und wir werden deine Fragen beantworten, so gut wir es vermögen.«
    Linden nickte. Weil die Ramen nicht wissen konnten, was sie dachte, bereitete ihr Respekt ihr Unbehagen. Trotzdem würde sie ihn sich hoffentlich zunutze machen können. Mit Hami und den anderen betrat sie den runden Platz, auf dem Anele sie verbrannt und Esmer beinahe Stave umgebracht hatte.
    Auf dem die Ranyhyn sie akzeptiert hatten.
    Auch das gab ihr Hoffnung.
    Trotzdem hätte sie dieses Gespräch lieber in privatem Rahmen, irgendwo unter Dach geführt. Hami hatte die Berggipfel zu Zeugen angerufen, als erwarte sie, die Erde selbst werde anerkennen und bestätigen, was hier geschah.
    Mit dem Selbstbewusstsein, das langer, bedingungsloser Dienst ihr verlieh, führte die Mähnenhüterin Linden auf die Mitte des Platzes hinaus. Als die Seilträger einige der als Sitze dienenden Holzklötze zu einem Kreis aufgestellt hatten, nahm Hami Platz und bedeutete den anderen, sich ebenfalls zu setzen.
    Die Gruppe bestand aus Linden und den vier Ramen, aber die Seilträger hatten sieben Sitzgelegenheiten herbeigeschafft. Als sie sich müde auf einem Holzklotz niederließ, fragte sie sich, für wen die beiden freien Sitze bestimmt sein mochten. Esmer und ...?
    Neben den drei Mähnenhütern war Bhapa der einzige Seilträger. Einer von Hamis Begleitern war der ältere Mann, der vor dem gemeinsamen Mahl die Anrufung gesprochen hatte. Die grauen Strähnen in seinem Haar glichen den Narben auf seinen Armen: blassere Linien wie Kratzer oder Krallenspuren. Der andere Mähnenhüter war ein Mann mit schmalen, leidenschaftlichen Zügen und Raubvogelaugen. Seine Aura vermittelte Linden den Eindruck, das Leben sei ihm nicht Herausforderung genug; er schien sich nach Kampf und Blutvergießen zu sehnen, hätte offensichtlich gern viel öfter gekämpft, als es die Umstände erlaubten.
    »Ring-Than«, begann Hami, »dies sind Mähnenhüter Dohn ...« Das war der ältere Mann. »... und Mähnenhüter Mahrtiir ...« Das war der frustrierte Kriegsheld. »Seilträger Bhapa kennst du bereits. Er ist als Verwandter Sahahs hier, die du vom Tode errettet hast. Jedoch«, fügte sie etwas strenger hinzu, »hat er die Mähnenweihe noch nicht erhalten und wird nicht das Wort ergreifen, außer du wünschst es. Vielmehr wird er nach Abschluss unserer Beratungen in deinem Namen zu den Seilträgern sprechen.«
    Bhapa erwiderte Lindens Blick ernst und neigte den Kopf. Sie sah jetzt, dass er auf einem Auge blind war; eine Tatsache, die ihr am Abend zuvor entgangen war. Vielleicht war das die Erklärung dafür, dass er noch kein Mähnenhüter war. Sie tippte zunächst auf die Folgen einer Verletzung, aber als sie genauer hinsah, zeigte sich, dass er an grauem Star litt. Für einen Augenarzt eine Routinesache. Sie wäre bereit gewesen, die Operation selbst zu versuchen, wenn sie ein Instrument, ein metaphorisches Skalpell gehabt hätte, das präziser war als wilde Magie – und wenn sie die Zeit dafür hätte erübrigen können.
    »Diese«, sagte Hami und nickte zu den freien Sitzen hinüber, »sind für deine Gefährten bestimmt. Sobald sie sich zu uns gesellt haben, fangen wir an. Bis dahin gestatte uns, dir Essen anzubieten.«
    Zwei ...? Liand und ...?
    Die Ramen mussten wissen, dass Stave noch längst nicht wieder auf einem Holzklotz sitzen konnte. Und Anele hatte das Lager schon früh verlassen.
    Vorsichtig fragte sie: »Was ist mit Esmer?«
    Mähnenhüter Dohn sah zu Boden, und Mahrtiir fletschte die Zähne. Hamis Blick verfinsterte sich,

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