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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Hügeln war verschwunden; aus der Existenz gerissen. An ihre Stelle war ein breiteres Flussbett zwischen steileren Ufern getreten. Während die Hügel sich auf beiden Seiten auftürmten, wurden die Steilufer zu den Felswänden einer tief eingeschnittenen Schlucht, die voller Schatten und lauernder Gefahren zu sein schien. Und am Ende des Einschnitts, fünfzig oder hundert Schritte bergauf, gähnte ein breiter Höhleneingang. Die Höhle dahinter war finster wie eine Grabkammer.
    Esmer, versuchte Linden zu sagen. Um Himmels willen, Esmer!
    Aber sie hörte nichts.
    Dann erschien Stave neben ihr. Seine Hände umklammerten ihre Schultern und zogen sie hoch, als sei sie gewichtslos. Seine Lippen bewegten sich, doch noch immer drang kein Laut an Lindens Ohr.
    Auch Liand rappelte sich auf. Er schüttelte den Kopf, hob die Hände an die Ohren. Angst blitzte in seinen Augen auf, als er merkte, dass er das Gehör verloren hatte. Impulsiv schloss er Linden in die Arme und drückte sie an sich, als wolle er sich vergewissern, dass sie heil sei.
    Ihre Taubheit würde wieder vergehen; das wusste sie bereits; die Erschütterung hatte ihre Gehörnerven nur vorübergehend betäubt. Wären ihre Trommelfelle geplatzt, hätte sie stärkere Schmerzen gehabt. Zu dieser Schlussfolgerung würde Liand sehr bald selbst kommen.
    Sie kämpfte gegen seine Umarmung an, damit sie sich umdrehen und feststellen konnte, was Esmer machte.
    Gleichzeitig kamen die Urbösen – durch Sorge oder Vitrim beflügelt – den Hügel herabgeströmt. Ihre Kiefer bewegten sich; anscheinend bellten sie laut. Obwohl sie erschöpft waren, hielten sie wieder ihre Dolche mit glühenden Klingen in den Fäusten. Während sie zu der Schlucht hasteten, gelang es ihnen, sich zu einem lockeren Keil zu formieren, und an der Spitze dieses Keils torkelte der Lehrenkundige vorwärts: sichtlich geschwächt, kaum imstande, sich auf den Beinen zu halten. Trotzdem schien sein Zepter kraftvoll zu pulsieren, während die eiserne Oberfläche von Vitriol glänzte.
    Esmer musterte sie mit spöttischem Blick, dann konzentrierte er sich auf die Höhle am Ende der Schlucht.
    Aus dem Höhleneingang kam eine Druckwelle, die nur durch ihre Gewalt, den Unterschied zwischen ihrer Kraft und der Stille des Sommertages sichtbar wurde. Die rauen Felswände kanalisierten und fokussierten sie so stark, trafen Esmer wie eine Geißel mit solcher Gewalt, dass Linden zu sehen glaubte, wie ihm das Fleisch von den Knochen gerissen wurde. Fast erwartete sie, ihn mit abgerissenen Gliedmaßen auf den Rücken fallen zu sehen, doch im letzten Augenblick explodierte er wie eine Nova: blendend hell und feurig.
    Nun war Linden nicht nur taub, sondern auch geblendet, in grelle Helligkeit getaucht, die sie nichts mehr sehen ließ. Hitze drang durch ihre Kleidung, als stehe sogar die Luft in Flammen.
    Trotzdem befreite sie sich irgendwie aus Liands Umklammerung und begann blind und verzweifelt in Richtung Schlucht zu rennen. Das musste aufhören! Der Stab des Gesetzes war in dieser Höhle. Seine Verteidiger waren nicht ihre Feinde.
    Als sie wieder sehen konnte, spähte sie durch ein Durcheinander aus Farbklecksen und Energieechos und sah Esmer unversehrt einige Schritte vor sich stehen. Verachtung umgab ihn wie eine Rüstung, als seien die gegen ihn eingesetzten Kräfte nicht mehr als ein belangloser Affront.
    Covenants Ring schlug wieder an Lindens Brustbein, als sie schwer im Sand des Flussbetts aufprallte. Nein!, beschwor sie Esmer stumm. Schluss damit! Verschwinde! Sie sind nicht unsere Feinde!
    Sie blieb nicht stehen, um abzuwarten, ob er verstanden hatte; ob er auf sie hörte. Stattdessen stieß sie ihn beiseite und stolperte in verzweifelter Hast die Schlucht hinauf.
    »Nein!«, rief sie, appellierte an die in der Höhle verborgenen Wesen. »Bitte! Wir wollen nicht gegen euch kämpfen. Wir werden nicht gegen euch kämpfen!« Von Phosphenen geblendet, die kleinen Sonnen und Sternennebeln glichen, konnte sie den Boden unter ihren Füßen nicht deutlich sehen. Sand verlagerte sich unter ihren Stiefelsohlen, und Felsbrocken ließen sie straucheln. Trotzdem rannte sie weiter.
    In der Finsternis vor ihr baute sich eine weitere Druckwelle auf, die stark genug war, um auf ihrer noch empfindlichen verbrannten Gesichtshaut spürbar zu sein. Traf sie Linden, würde sie ihr das Fleisch von den gebrochenen Knochen reißen, wie sie es sich bei Esmer vorgestellt hatte. Aber Linden hielt noch immer nicht inne.
    Bevor sie

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