Die Runen der Erde - Covenant 07
klang brüllend laut, und sie hielt sich die Ohren zu. »Alles ist so laut!«
Esmer wirkte betroffen; er schien sich auf unerklärliche Weise zu schämen. Dann überspielte er seine Verlegenheit mit einem gespielten Feixen. »Das vergeht wieder.«
Bevor sie etwas erwidern konnte, wandte er sich ab, um den Wegwahrer anzublaffen. Mit dem lauten Gepolter einer Steinlawine landeten Stave und Mahrtiir im Sand auf dem Boden der Schlucht. Linden, die durch ihr übersteigert empfindliches Gehör verwirrt war, fürchtete schon, sie würden sich auf Esmer oder den Wegwahrer stürzen, aber die beiden ignorierten den Sohn Cails und sie. Stattdessen verbeugten sie sich tief vor dem grauen Geschöpf.
Als sie das taten, hatte Linden einen Augenblick lang vor Erleichterung weiche Knie.
Esmer schien verärgert zu sein, aber er würdigte den Haruchai und den Mähnenhüter keines Blickes. Als der Wegwahrer ihm geantwortet hatte, drehte er sich wieder nach Linden um.
»Wildträgerin«, sagte er finster. »Ich habe dich und deine Gefährten vorgestellt. Und ich habe so gut wie möglich zu erklären versucht, was euch hierher geführt hat. Dies ist ihre Antwort:
Dein Name ist ihnen bekannt. Sie kennen die Gefährtin von Ur-Lord Thomas Covenant im Kampf gegen das Sonnenübel. Aus ihrer Überlieferung wissen sie, welche Rolle Linden Avery bei der Erschaffung des Stabes des Gesetzes gespielt hat. Und sie verstehen natürlich die Bedeutung von Weißgold. Wegen des vielen Guten, das sie an Thomas Covenants Seite bewirkt hat, im Namen der wilden Magie, die Frieden zerstört, und weil ich mich für dich verwendet habe, akzeptieren sie, dass du tatsächlich Linden Avery die Auserwählte bist, die du zu sein scheinst. Daher heißen sie dich willkommen.«
Die Lautstärke von Esmers Stimme sank allmählich auf ein erträglicheres Maß herab, und Linden ließ die Hände sinken. Staves und Mahrtiirs Schritte klangen nicht länger wie Donnergrollen, als die beiden durch den Sand auf sie zukamen.
»Sie erkennen auch an«, fuhr Esmer fort, »dass du durch einen Riss im Gesetz der Zeit hierher gelangt bist. Ihre Lehre spricht von dieser Gefahr. Und ich bin imstande, ihren Glauben zu untermauern. Sie können nicht leugnen, dass ich von solcher Macht weiß.«
Seine Stimme klang finster und verbittert, als er sagte: »Den Haruchai erkennen sie ebenso an wie die Ramen. Sie sind ihnen ebenso willkommen wie der Steinhausener – und aus demselben Grund.« Esmer machte eine Pause, während sein Blick einen wilden Ausdruck annahm. »Aber niemals«, schloss er, »werden sie die Anwesenheit von Urbösen in ihrem Schlupfwinkel dulden. Und sie sind nicht bereit, den Stab des Gesetzes in deine Hände zu legen.«
Stave nickte, als hätte er diese Entscheidung erwartet und würde sie billigen. Mahrtiir funkelte den Wegwahrer jedoch warnend an, während seine wunden Finger nach der Garrotte tasteten.
Linden wies die Weigerung der Wegwahrer instinktiv von sich. Das war zu viel: Sie konnte es sich nicht leisten, in diesem Stadium noch einen Misserfolg für möglich zu halten. Ihr schwindelte noch immer von den Nachwirkungen der Abwehrmaßnahmen Esmers und der Wegwahrer, aber ihr blieb nichts anderes übrig, als so zu tun, als könnte nichts und niemand sie aufhalten. Sie waren Wegwahrer, und sie hatten den Stab des Gesetzes; nur darauf kam es an. Dies war ihre einzige Chance. Trauten sie ihr nicht, würde sie sie einfach überreden müssen.
Ruhig, fast gelassen fragte sie Esmer: »Weshalb nicht? Sie wissen, dass ich ihn geschaffen habe. Glauben sie nicht, dass er mir gehört?«
Seine Wildheit schwand schlagartig. Jetzt schien er sich vor Verlegenheit zu winden.
»Sie fürchten dich«, gab er zu. »Deine Anwesenheit in dieser Zeit ist ein gravierender Verstoß gegen das Gesetz, zu dessen Aufrechterhaltung der Stab dient. Wie können sie glauben, dass deine Absicht gütig ist, wenn du sie mit solch gefährlichen Mitteln verfolgst?
Außerdem«, fügte er leiser hinzu, »fürchten sie mich. Sie erkennen die Gefahren meiner Natur. Dass ich in deinem Auftrag zu handeln scheine, spricht gegen dich.«
Linden schüttelte den Kopf. Die Gedankengänge der Wegwahrer überraschten sie nicht. Diese Geschöpfe waren nicht ihre Feinde.
Esmer dagegen ...
»Damit haben sie vielleicht nicht unrecht«, sagte sie etwas schärfer. »Was zum Teufel machst du hier, Esmer?« Dann winkte sie ab. »Nein, das hat Zeit bis später. Erzähl mir erst, wie du hergekommen bist.«
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